Bad Berleburg. Tausende Dateien mit kinderpornografischem Material wurden bei dem Angeklagten gefunden. Ein Psychiater vermutet etwas anderes als Pädophilie.

Die etlichen Bilder aus mehreren Aktenordnern waren für den Vorsitzenden Richter, die Schöffen, den Verteidiger und für den Vertreter der Staatsanwaltschaft nur schwer zu ertragen.

Und so unterschiedlich die Abbildungen sind, so bleiben sie im Kern alle gleich: Es handelt sich um kinder- und jugendpornografische Inhalte. „Was wir uns hier ansehen haben müssen, sind wirklich Bilder von schwersten Missbräuchen sexueller Art“, zeigt sich der Vorsitzende Richter Torsten Hoffmann entsetzt. Verantwortlich dafür ist ein 38-jähriger Bad Berleburger.

Zwei Jahre auf Bewährung

Er musste sich am Freitagvormittag wegen Verschaffung und Besitzes kinder- und jugendpornografischer Schriften vor dem Schöffengericht in Bad Berleburg verantworten. Der Vorsitzende Richter Hoffmann verurteilte den Angeklagten schließlich zu einer zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe auf Bewährung. In der vierjährigen Bewährungszeit muss der 38-Jährige mit einem Bewährungshelfer zusammenarbeiten. Außerdem muss er binnen drei Monaten eine sexualtherapeutische Maßnahme antreten.

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Auf dem Smartphone des Beschuldigten waren im Oktober 2021 insgesamt 1015 kinderpornografische und rund 300 jugendpornografische Bilddateien gefunden worden. In einem Chat versendete der 38-Jährige im Juni 2020 außerdem 16 Bilddateien und ein Video unbekleideter Jugendlicher und Kinder. Laut dem Richter gebe es außerdem Anhaltspunkte dafür, dass eines der Bilder im Zusammenhang mit dem weit unter 14-jährigen Kind des Angeklagten steht.

Der Mann auf der Anklagebank wirkt zurückhaltend. Durch seine leise Stimme ist er nur schwer zu verstehen. Doch er hat eine Antwort darauf, was den angeklagten Taten zugrunde liegt: „Meine Sexsucht.“ Zurzeit nehme er laut eigenen Angaben Termine bei der diakonischen Suchtberatung und bei einem Psychiater wahr.

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Wie der Psychiater seinen Klienten einschätzt, weiß Verteidiger Frank Henk: Demnach sei der 38-Jährige ein zugänglicher Patient mit Minderbegabung.

Pädophilie ist „auszuschließen“

Der Beschuldigte leide an einer Sexsucht, die mit einer stofflichen Sucht gleichzusetzen ist. Pädophilie sei bei dem 38-Jährigen nicht auszuschließen, aber recht unwahrscheinlich. Der Psychiater vermutet, dass sein Klient über anfängliche Neugier in den strafbaren Bereichen der Pornografie gerutscht ist.

Die Sexsucht bedeute für den Bad Berleburger laut dem Psychiater eine Art Ventil, denn: Sein Sozialleben sei seit mehreren Jahren eingeschlafen, mit seinem an Demenz erkrankten Vater und seinem behinderten Bruder lebe er außerdem in schwierigen häuslichen Verhältnissen.

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Aufgrund einer Depression und anderen Erkrankungen sei der Angeklagte arbeitsunfähig. Dass der 38-Jährige nicht hinter Gitter muss, ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass er sich mit Therapiemaßnahmen einverstanden erklärt und den Wille bewiesen hat, seine Suchtproblematik professionell anzugehen.

Weiterhin rechnete ihm das Gericht seine Offenheit über die Ursachen der Straftaten an. „Sie haben nicht nach Ausreden gesucht“, so Richter Hoffmann. Ebenfalls zu Gunsten des Beschuldigten spricht, dass er bisher nicht vorbestraft ist.