Mexiko/Bad Berleburg. Kilian Hofs Abenteuer auf hoher See geht weiter: Doch die Schiffskontrollen verlaufen nicht nach Plan und auch sonst gibt es Hürden für die Crew.

Fast schon wehmütig blickt Kilian Hof auf den Kalender – auf seiner Reise auf dem Frachtsegler – der Avontuur – nähert sich der Bad Berleburger nun der letzten Station in der Karibik. Die vergangene Tage verbrachte er in Mexiko. Was er dort erlebt hat, beschreibt er hier:

9. April

Es regnet. Nein, es gießt in Strömen! Der Himmel und das Wasser sind kaum voneinander zu unterscheiden, alles grau. Einzig die Wasserfäden, die kontinuierlich auf die Wasseroberfläche einprasseln, zeigen an, wo die Trennlinie zwischen Himmel und Erde verläuft. Es ist fantastisch. Die erste Frischwasserdusche seit Teneriffa. Ich stehe alleine vorne am Bug und halte Ausschau nach unserem Lotsen, der uns in den Hafen bringen soll. Wir liegen vor Costa Rica, dessen Regenwald wir hinter den grauen Schleiern höchstens schemenhaft erkennen können. Hier wollen wir in den nächsten Tagen 40 Tonnen Kaffee laden, was den Großteil unserer gesamten Ladung ausmacht. Das liegt vor uns. Hinter uns liegen zehn turbulente Tage seit Guadeloupe, also der Reihe nach von Anfang an.

31. März

Die Zeit am Hafen war für die Crew nicht immer einfach.
Die Zeit am Hafen war für die Crew nicht immer einfach. © Privat | Kilian Hof

Positiv. Für das Schiff und weltweit ist dieses Wort in den letzten zwei Jahren nicht bedingungslos positiv. Corona ist mit an Bord und hat ein Crewmitglied infiziert. Der Captain zieht aus seiner Kabine aus, diese wiederum wird zur Krankenstation, in der Lara die kommenden 7 Tage isoliert wird. Die restliche Crew testet sich und zum Glück infiziert sich keine weitere Person. Nur wenige Tage später bricht sich unsere Köchin unglücklich beim Runtergehen des Niedergangs das Bein. So gut es geht versuchen wir erste Hilfe zu leisten, schieben Extraschichten an Deck, in der Kombüse und am Krankenbett. Da sie schnellstmöglich ins Krankenhaus muss steuern wir außerplanmäßig Kolumbien an. 30 Stunden nach dem Unfall wird unsere Köchin im Krankenhaus operiert, ihre Reise ist tragischerweise beendet. Alle sind traurig, wie jedes mal, wenn jemand das Schiff verlässt. Bis Mexiko müssen wir jetzt ohne Köchin klarkommen.

20. April

Die Hafenaufenthalte sowohl in Costa Rica als auch ein paar Tage später in Belize lassen sich am besten beschreiben mit: Bürokratisch, anstrengend, kurz. Bürokratisch, da verschiedene Auflagen unser Einlaufen in den Hafen verzögerten und wir schaukelnd vor Anker warten mussten bis wir in Costa Rica längsseits gehen konnten. In Belize wurde unser ganzes Schiff durchsucht und Taucher ließen es sich nicht nehmen auch den Schiffsrumpf zu inspizieren. Man vermutete wohl Drogen an Bord.

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Währenddessen wartete die versammelte Mannschaft in der Mittagshitze an der Pier und wurde nach Beruf und Herkunft befragt. Anstrengend, weil ein 70 kg Sack nun einmal 70 kg wiegt und wir davon ca. 1000 Stück im Schiffsbauch versenken müssen. Auch wenn unsere selbst gezimmerte Rutsche in Costa Rica oder Flaschenzug und Ladungsnetz in Belize die Arbeit erleichterten und die Hafenarbeiter mit anpackten flossen an den Ladungstagen einige Schweißtropfen. Das, was wir in 6 Stunden laden, wird neben uns auf die großen Containerschiffe in handgestoppten zwei Minuten verfrachtet. Kurz, da keiner unserer Aufenthalte länger als 24 Stunden dauerte. Kaum Schlaf, viel Schweiß, noch mehr Improvisation und am Ende auf See immer allgemeine Zufriedenheit.

23. April

Gemeinsam Spaß haben gehört für die Crewmitglieder zur Reise dazu.
Gemeinsam Spaß haben gehört für die Crewmitglieder zur Reise dazu. © Kilian Hof

Die Stimmung an Bord ist im übrigen nach wie vor großartig. Auf See wird gesungen und Gitarre gespielt. Die neuen Crewmitglieder fügen sich prächtig ein und in der Küche entstehen allerfeinste Gerichte in gemeinschaftlicher Arbeit, zum Beispiel Nudeln mit Tomatensoße. Nachts grübeln wir darüber, warum man den Sichelmond in der Karibik auf dem Rücken liegend sieht und tagsüber fahren wir gegen den Wind eine Wende nach der nächsten. Das Prinzip dabei: Zwei Schritte nach vorne, ein Schritt zurück.

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Auch egal, Manöver machen Spaß und wir wachsen als Team mehr und mehr zusammen. Müssen wir auch, da insbesondere die Manöver nur gelingen, wenn wir als Mannschaft zusammenarbeiten und jeder seine Stärken mit einbringt. Die eine ist stark und zieht an den schwersten Leinen, der andere hat ein gutes Auge und sieht, wie die Segel noch besser getrimmt werden können und die dritte kann auf 3 Grad genau steuern und übernimmt das Ruder. So nähern wir uns langsam aber stetig Mexiko, unserer letzten Station in der Karibik.

25. April

Mexiko passt perfekt in die Reihe der herausfordernden Karibikhäfen. Festgemacht an der Pier werden wir von den Behörden auf Schritt und Tritt überwacht. Wir dürfen uns nicht mal 50 Meter vom Schiff zum telefonieren entfernen. Als wir am nächsten Tag unsere großen Säcke mit gesammelter Wäsche an Land hieven, werden wir ebenfalls zurückgepfiffen. Wäsche könne nur den Hafen verlassen, wenn dies vorher angemeldet werde. Da dazu jetzt keine Zeit mehr ist, wird unser Schiff kurzerhand zum Waschsalon und in einer Tagesaktion werden Handtücher und Bettzeug gewaschen und getrocknet.

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Immerhin sieht es schön bunt aus, wenn alles aufgehängt wird und im Wind flatternd zwischen den Wanten trocknet. Beim ebenfalls bürokratisch aufwendig erarbeiteten Landgang gönnen wir uns schnell noch ein Bier und Churros, freuen uns aber auch gleichzeitig darauf, schnell wieder in See zu stechen. Das nächste Ziel: Horta auf den Azoren.