Bad Berleburg/Guadeloupe. Seit Wochen segelt Kilian Hof auf einem Frachtsegler in die Karibik. Im Tagebuch verrät er seine spannendsten und emotionalsten Momente.
Von Teneriffa nach Guadeloupe – quer über den Atlantik: Kilian Hof ist seit Wochen auf dem Frachtsegler der Avontuur auf dem Weg in Karibik, um auf fairen Wegen Lebensmittel nach Deutschland zu bringen. Was er dabei erlebt, schildert er hier:
Es ist Dienstag, 8. März: Um halb vier Uhr in der Nacht werde ich von einer Hand an meiner Schulter geweckt: „Bist du wach?“ Nein, bin ich nicht, aber aufstehen muss ich jetzt trotzdem. Wir befinden uns seit drei Tagen auf der Atlantiküberquerung von Teneriffa nach Guadeloupe und ich bin der 4-8 Uhr-Wache zugeteilt. Mit der nächsten passenden Welle lasse ich mich aus dem Bett fallen, öffne den Spind, der mir freundlicherweise seinen Inhalt entgegenwirft und werde anschließend noch von einem Rest Salzwasser in meinen Schuhen begrüßt.
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Zugegeben, die ersten 20 Minuten nach dem Aufwachen sind nicht meine besten. Aber nachdem ich fertig angezogen über den Niedergang an Deck gehe, die frische Seeluft atme und den Vollmond an einem fantastischen Sternenhimmel sehe ist alles vergessen und ich bin hellwach. Unsere Wache beginnt mit einer „Silent Hour“ und wir genießen bis 5 Uhr die Stille, das leichte Schaukeln, den Wind im Nacken und das Leuchten der Sterne. Nach wie vor glitzert das leuchtende Plankton auf beiden Seiten des Schiffes wie tausend kleine Glühwürmchen im Wasser.
Besuch von Delfinen
Einmal kamen nachts Delfine und es schien, als würden diese ebenfalls funkeln. Nach der stillen Stunde gehen zwei von unserer Wache in die Kombüse und bereiten das Frühstück vor. Obst wird geschnippelt und Brot geschnitten, Käse geholt und Kaffee gekocht. Meistens ist die Arbeit in der Küche eine schöne Abwechslung und wir machen sie alle gerne. Die 4-8 Wache hat den großen Luxus, dass wir den Sonnenaufgang erleben können. Ab 6 Uhr erledigen wir dann noch schnell unsere Putzpflichten und reinigen die Toiletten, bevor sich unsere ganze Wache um 7 Uhr zum Deckwash trifft. Barfuß holen wir einen Eimer nach dem anderen an Deck und schrubben den Staub der aus jeder Ecke.
Montag, 14. März
Es kommt mir so vor, als ob das Schiff der Mittelpunkt einer ziemlich großen blauen Kreisscheibe ist. Und das schon seit Tagen. Es ist schwer, ein Gefühl für die zurückgelegte Distanz zu bekommen. Es gibt kaum Anhaltspunkte oder Landmarken, an denen man die eigene Geschwindigkeit erfahren kann. Keine Bäume, die man passiert, keinen Berg, auf den man zusegelt und keine sich verändernde Vegetation. Einzig vereinzeltes Seegras, eine über Bord gefallene Zwiebel oder der durchs Wasser schneidende Bug lassen erkennen, dass und wie schnell wir uns fortbewegen.
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Immer wieder sitze ich an Deck und beobachte die Wellen. Woher sie kommen, wie sie aussehen und was sie mit dem Schiff machen. Wellen der Windstärke 5 sehen anders aus als Wellen der Windstärke 6 und sie sind alles andere als nur blau. Je nach Tageszeit sind sie stahlgrau, türkis, weiß, hellblau, silber glitzernd, gelb, tiefblau, oder schwarz.
Mittwoch, 23. März
Heute kommen wir an. Nach 18 Tagen Atlantik sehen wir das erste Mal wieder Land. Ein tolles Gefühl. Als unser zweiter Offizier zuerst das Land erblickt und mehrmals „Land Ho“ über das Schiff ruft, dauert es keine zwei Minuten bis ich in den Mast klettere und erst zwei Stunden später wieder runterkomme. Oben genieße ich den Anblick. Wind und Wetter haben uns in den letzten beiden Tagen nicht in die Karten gespielt und wir mussten alle verfügbaren Segel setzen um auch das letzte Lüftchen einzufangen und in Vortrieb umzuwandeln. Dennoch verfehlten wir unser Ziel, noch bei Tageslicht anzukommen und wir konnten den Anker erst um 22:30 Uhr setzen. Ausgelaugt von den vielen Manövern des Tages beglückwünschten wir uns zu der gelungenen Überfahrt. Der ganzen Crew wird bewusst, dass sie zusammen etwas besonderes geschafft hat.
Am Freitag, 25. März, werden wir zum ersten Mal auf unserer Reise Ladung an Bord nehmen. Zwei Fässer mit je 200 Liter Rum. Da wir mit der Avontuur nicht im Hafen anlegen können, werden die Fässer kurzerhand vom Strand bis zum Schiff geschwommen. Das Salzwasser schadet den Fässern nicht, ganz im Gegenteil: das Holz quillt auf und verdichtet sich nur selbst.
Samstag, 26. März
Die Crew wird zu einer Führung durch die Rum Destillerie eingeladen. Durch Zuckerrohrfelder führt der Weg zu Bielle Rhum. Vor Ort wird uns alles über den Reifeprozess, die verschiedenen Arbeiten während der Jahreszeiten und die Maschinen der Destillerie erklärt. Am Ende gehen wir in den Lagerkeller und bekommen alle eine Kostprobe aus einem Eichenfass mit vierjährigem Rum.
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Die Crew genießt den Ausflug und nutzt den restlichen Tag, um die karibischen Strände abzulaufen. Die Zeit in der Karibik hat gerade erst begonnen.