Oberndorf. Chorleiter Ron Schade sitzt im Rollstuhl. Zum Probenraum führen aber nur Treppen. Die Stadt hatte Hilfe zugesagt – aber nicht geliefert.

Unebene Gehwege, Bordsteine, Schlaglöcher, Treppen: All das sind Dinge, die uns täglich begegnen — und von einem Großteil der Gesellschaft nur unterbewusst wahrgenommen werden. Anders hingegen sieht es bei Menschen mit Handicap aus. Für zum Beispiel Gehbehinderte oder Blinde entpuppt sich jeder noch so kleine Stolperstein als ein echtes Hindernis.

Auch Ron Schade ist großen und kleinen Hindernissen tagtäglich ausgesetzt: Der Steffenberger ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Barrieren gehören damit zu seinem Leben dazu. Insbesondere Treppen stellen ein großes Problem für den Rollstuhlfahrer dar. Und geht man einmal in sich und stellt sich die Infrastruktur von Bad Berleburg oder Bad Laasphe gedanklich vor, dann wird deutlich: Viele Gebäude sind nicht barrierefrei zu erreichen.

Probenraum unerreichbar

Zu denen gehört auch die Alte Schule in Oberndorf. Für Ron Schade wird die dortige dreistufige Treppe seit einigen Monaten wöchentlich zum Problem, denn: Er ist seit September vergangenen Jahres der Chorleiter des MGV 1882 Oberndorf-Rüppershausen. Was für die anderen Mitglieder des Vereins ganz selbst verständlich ist, ist für Ron Schade unmöglich. Bisher musste der Chorleiter immer von vier Vereinsmitgliedern die Treppe hinauf getragen werden, damit auch er den Proberaum erreichen kann. Das ist nicht nur störend, sondern kann insbesondere im Winter bei Glätte für alle Beteiligten zu einer Gefahr werden.

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Nun hat das Hieven nun ein Ende: Der SPD-Stadtverband Bad Laasphe sponserte dem Rollstuhlfahrer nun eine Rampe. Endlich. Denn auf eine solche Rampe wartet Schade schon seit geraumer Zeit. Bereits im September vergangenen Jahres hatte der MGV Oberndorf-Rüppershausen Bad Laasphers Bürgermeister Dirk Terlinden auf das Problem aufmerksam gemacht. Die Stadt habe sich schließlich auf kürzestem Wege darum kümmern wollen — vergeblich. Auch nach einer erneuten Anfrage Ende des Jahres 2021 „ist nichts passiert“, sagt Bernhard Reh, 1. Vorsitzender des Chores. Hans-Georg Heinrich, Pressewart des Vereins, stand bereits kurz davor, die Rampe aus eigener Tasche zu bezahlen.

„Die Treppe steht exemplarisch für viele Hindernisse“

Doch Samir Schneider kam ihm zuvor. Der Vorsitzende des SPD-Stadtverbandes Bad Laasphe nahm sich des Problems unverzüglich an, nachdem er durch den Verein darauf aufmerksam gemacht worden war. Im März besuchte Schneider mit der Rüppershäuser Ortsvorsteherin Daniela Rupprecht die Lokalität in Oberndorf, um sich die Treppe anzusehen. Für Schneider war sofort klar, dass er den Verein und insbesondere Ron Schade unterstützen möchte und findet klare Worte: „Die Treppe steht exemplarisch für viele Hindernisse. Wir müssen mehr auf Menschen hören, die auf Unterstützung angewiesen sind. Man muss ihnen die Teilhabe am Leben ermöglichen. Dafür müssen wir alles tun.“

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Schneider sei erst einmal sprachlos gewesen, als er sich die Treppe angesehen hatte. Denn das Problem war eigentlich leicht zu lösen: Der Kostenaufwand der Rampe in Höhe von 280 Euro ist wahrlich gering, wenn bedacht wird, dass die Rampe für den Chorleiter eine große Erleichterung darstellt, die ihm ein Stückweit neue und wertvolle Lebensqualität schenkt. Es sei „ein Unding“, so Schneider, dass die Stadt sich nicht um den Fall kümmerte.

Das Gute an der Rampe: Sie ist nicht an die Alte Schule in Oberndorf gebunden. Die Rampe ist portabel und größenverstellbar und kann folglich auch bei Auftritten des MGV Oberndorf-Rüppershausen ein wahrer Helfer sein. Doch wie hat sich Ron Schade eigentlich mit dem Wissen gefühlt, dass die Stadt Bad Laasphe ihn im Regen hat stehen lassen? Der Steffenberger nimmt es mit Gelassenheit — und das hat einen Grund, der zum Nachdenken anregt: „Das passiert ständig in meinem Leben.“

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Schade meint damit, dass er tagtäglich diversen Hürden ausgesetzt ist. Der Chorleiter ärgere sich über Hindernisse nicht — denn dann würde er sich immerzu und ständig ärgern. Damit spricht Ron Schade für viele Menschen mit Behinderung. Barrierefreiheit stellt eine wichtige und ernstzunehmende Aufgabe in der Infrastruktur dar. Das weiß auch Samir Schneider: „Inklusion muss im Fokus stehen und gelebt werden.“