Bad Laasphe. Der frisch gewählte Fraktionschef der Bad Laaspher Grünen hat auch eine klare persönliche Meinung zum Ukraine-Krieg und zur Flüchtlingspolitik.

Das Klima und vor allem die Bäume besser schützen – Peter Honig (68), neuer Vorsitzender der Bad Laaspher Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat in unserem Interview ganz klare persönliche Vorstellungen, wo sich die Partei besonders einsetzen sollte. Aber er lege „großen Wert darauf, dass wir Mannschaftsspieler sind“, betont Honig gleich zu Beginn. Heißt: Die Meinungen in der Fraktion dürfen durchaus verschieden sein, um am Ende zu einer gemeinsamen Linie zu finden.

Bad Laasphe benötigt dringend Konzepte zum Klimaschutz – das ist eine zentrale Forderung der Grünen vor Ort. Gilt das eigentlich noch angesichts des laufenden Ukraine-Krieges? Sind da andere Themen im Moment nicht viel wichtiger?

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Nein, das Thema Klimaschutz ist nach wie vor aktuell. Und durch den Ukraine-Krieg wird ja auch deutlich, wie abhängig wir sind auch von Russland. Da zeigt sich, dass wir wieder viel mehr selbst im Lande tun sollten, um unabhängiger zu werden. Und da sind wir dann schon wieder in Bad Laasphe. Hier sollten wir den Netto-Markt nicht in die Stadt holen – nicht noch einen zusätzlichen Discounter, durch dessen Bau an der Lahnstraße auch Bäume zerstört würden. Wir sollten uns lieber konzentrieren auf all die Dinge wie etwa Lebensmittel, die bei uns regional produziert werden – und diese Produkte verstärkt vermarkten. Ein Netto-Markt wäre da völlig widersinnig. Da sollte sich Bad Laasphe vielmehr ein Beispiel an Bad Berleburg nehmen, das jetzt dank Förderung aus dem Leader-Programm einen mobilen Regio-Markt anbieten möchte. Wir hier sollten die Königstraße in der Altstadt wieder attraktiv machen – und in leerstehenden Läden dort unsere Produkte aus der Region anbieten.

Beispiel Ukraine-Flüchtlinge: Wie positionieren Sie sich zu diesem Thema? Zur weiteren Unterbringung der Menschen beispielsweise hier bei uns im Stadtgebiet?

Ich weiß, dass sich hier bei uns viele Privatleute bereiterklärt haben, Flüchtlinge aufzunehmen und dass die Schlossberg-Klinik reaktiviert wird. Und das alles ist ja nur zu unterstützen. Die Klinik steht ja ohnehin schon lange leer – deshalb ist es sinnvoll, wenn jetzt für längere Zeit Flüchtlinge zu uns kommen, die Räume zu nutzen. Und die Klinik ist auch dafür geeignet. Der Besitzer, Prof. Siegfried Bien, sagt ja, da sei seit der Flüchtlingskrise 2015 viel gemacht worden, der Zustand sei gut. Und das nehme ich erst einmal ernst.

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Diskutiert wird in Deutschland jetzt darüber, wie man die Energieversorgung und das Heizen in Privathaushalten überhaupt aufrechterhalten kann, weil das Land abhängig ist vom russischen Gas und Erdöl. Müssen sich die Grünen da auch vor Ort argumentativ neu aufstellen? Reicht das schlichte Werben für regenerative Energieformen wie Wind, Wasser, Solar?

Meine ganz persönliche Haltung: Ich sehe nicht, dass man konsequent versucht, Energie einzusparen. Da passiert zu wenig, zumal wir jetzt versuchen müssen, alles mit regenerativen Energien auszugleichen. Wir sollten bestimmte Dinge einfach mal lassen, weil ein Notstand herrscht. Und uns fragen: Wo lässt sich Verbrauch vermeiden? Jedes Kind hat ein eigenes Smartphone, nutzt Tablets in den Schulen – aber das kostet alles ganz viel Strom. Und eben nicht nur Rohstoffe bis hin zu seltenen Erden. Überhaupt Digitalisierung: Die soll ja auch im sozialen Bereich ganz viel ersetzen – ist aber eine Sache, die ja noch zusätzlich kommt. Zuhause muss nicht unbedingt jeder Raum geheizt werden. Und Wärmedämmung ist ganz wichtig. Das trägt wesentlich dazu bei, sich unabhängiger zu machen. Und eine dezentrale Energieversorgung macht Sinn. Dass es funktioniert, zeigen das Bad Laaspher Fernwärme-Netz und die Aktivitäten der Energiegenossen Wittgenstein mit Photovoltaik-Anlagen auf privaten Dächern. Oder nehmen Sie Regenwasser-Sammelanlagen, damit spart man auch – nämlich Trinkwasser. Deshalb sollte man es sich gut überlegen, ob man die Truftetalsperre bei Berghausen wirklich realisiert. Übrigens: Wer in der Stadt künftig ohne PV-Anlage auf dem Dach baut, dessen Projekt werden wir als Grüne nicht mehr zustimmen. Eigentlich müsste eine PV-Pflicht her.

Peter Honig (links) ist ausgebildeter Waldpädagoge. Hier gibt er Schülerinnen und Schülern des Städtischen Gymnasiums Bad Laasphe eine detaillierte Anleitung, wie Vogelhäuser zu bauen sind.
Peter Honig (links) ist ausgebildeter Waldpädagoge. Hier gibt er Schülerinnen und Schülern des Städtischen Gymnasiums Bad Laasphe eine detaillierte Anleitung, wie Vogelhäuser zu bauen sind. © Yannik Lückel

Konzepte zur Kühlung der Stadt, wie sie die Bad Laaspher Grünen ebenfalls fordern, ließen sich ja problemlos umsetzen, etwa mit der Begrünung von Dächern und Fassaden, bis vor kurzem noch gefördert vom Land NRW über den Kreis Siegen-Wittgenstein. Wo müsste man da konkret ansetzen? Mit neuen Förderprogrammen?

Hier finde ich: Wenn einer baut, sollte er an seinem Gebäude mehr Begrünung vorsehen – vielleicht nicht gerade auf dem Dach oder an der Fassade, aber mindestens auf dem Grundstück. Was mich in Bad Laasphe sowieso ärgert: dass immer mehr Grünflächen verschwinden.

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Hat sich mit Blick auf den anstehenden Bau der Buswende in Feudingen eigentlich schon ein Ersatz für die Grünfläche gefunden, die damit verschwindet?

Steckbrief: Peter Honig

Peter Honig (68) wächst in Bad Laasphe auf, genauer in der Siedlung Laasphetal.

Nach der Schule macht er eine Lehre zum Klempner und Installateur – übrigens in eben jenem Haus an der Königstraße, in dem sich heute das Büro der Bad Laaspher Grünen befindet. „Gelernt habe ich bei Oswald Schröder“, erinnert sich Honig. „Auf diese Ausbildung bin ich noch heute stolz.“

Später arbeitet Honig zunächst im Sanitärfachhandel bei Balzer und als Betriebsschlosser in der Bosch-Brauerei. Nach einer Umschulung zum Arbeitserzieher wechselt er zur „Lebenshilfe“ nach Marburg und ist danach 25 Jahre lang Waldpädagoge im Jugendwaldheim Roßberg ganz in der Nähe der Stadt.

1985 ziehen Peter Honig und Hans Göbel als erste Grüne in den Rat der Stadt Bad Laasphe ein.

Heute lebt Honig mit seiner Lebensgefährtin in der Bad Laaspher Kernstadt. Die Hobbys des 68-Jährigen: Tischtennis und Wandern. Seit über 50 Jahren spielt Honig beim TV Laasphe und ist Wanderführer beim SGV Bad Laasphe.

In der Bad Laaspher Ratsfraktion ist übrigens Günter Hachenberg als neuer Stellvertreter Honigs nachgerückt – und Carina Jung für die ausgeschiedene Viola Schneider.

Das ist ein gutes Beispiel dafür, was ich zu Ihrer vorigen Frage sagte. Aber es ist immer ein fauler Kompromiss, wenn man sagt: Wir schaffen Ersatz. Denn die Grünfläche zugunsten der Buswende ist einfach verloren. Oder denken Sie an die alte Eiche am Wilhelmsplatz, die gefällt wurde. Da steht jetzt als Ersatz eine kleine, dünne Eiche – die braucht mindestens 50 Jahre, um wirklich CO2-relevant zu werden. Aber mit solchen Fragen will sich ja leider keiner beschäftigen.

Was jetzt tun für den Baumschutz, nachdem der Bad Laaspher Umwelt-, Bau- und Denkmalausschuss neulich erst einen Antrag Ihrer Fraktion abgelehnt hat, wenn auch nur knapp?

Ja, unsere Baumschutz-Satzung wurde leider abgelehnt. Sie wäre aber wichtig, denn: Wie viele Bäume sind in Bad Laasphe bislang schon unnötigerweise gefallen? Es ist bei uns einfach zu einfach mit dem Fällen. Und niemand achtet darauf, weil niemand darauf achten muss. Die Stadtverwaltung wollte die Satzung auf keinen Fall – zu großer Verwaltungsaufwand. Mir aber geht es um die Bäume, um die Kühlung, die Ästhetik in der Stadt. Ich kann nicht verstehen, warum sich etwa Friedhofsnutzer über Blätter auf den Gräbern aufregen. Bäume sind leider für viele Leute nur ein Ärgernis – und dann kommt kurzerhand die Motorsäge. Die Satzung war mein Ziel. Aber wir werden es in einem halben Jahr wieder mit einem Antrag dafür versuchen. Ständig wird vieles plattgemacht, gerodet und versiegelt. Die Leute wollen Schottergärten des Grauens haben – und höchstens Zierrasen. Da ist dann alles tot, da darf sich kein Löwenzahn mehr durchs Pflaster wagen.

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Was lässt sich tun gegen das fortschreitende Insekten-Sterben, dass Sie ebenfalls mit Sorge beobachten?

Peter Honig spielt schon seit Jahren beim TV Laasphe Tischtennis in der Mannschaft.
Peter Honig spielt schon seit Jahren beim TV Laasphe Tischtennis in der Mannschaft. © Florian Runte

Also, unterstützenswert sind da die Banfetaler um den Banfer Ortsvorsteher Michael Ermert – die machen da ganz viel in Sachen Straßenrand-Gestaltung und Blühwiesen, mit vielen ehrenamtlichen Helfern. Und Ermert findet, der städtische Bauhof sollte das auch unterstützen. In der Bad Laaspher Kernstadt war es ja schwierig damit, Blühstreifen anlegen. Da gab es ja einen Vorstoß der SPD, aber leider ohne Erfolg. Und ich selbst habe ja angeregt, dass anders gemäht wird – wenn nämlich die Insekten gerade nicht unterwegs sind. Was nützt den Wildbienen das tollste Insekten-Hotel, wenn sie in der Natur keinen Nektar holen können? Die Banfer wollen ja zum Beispiel auch Obstbäume pflanzen. In der Richtung müsste auch in der Kernstadt mehr passieren.

Planen die Bad Laaspher Grünen neue Arbeitsgruppen?

Wir sind ja nur ein kleiner Stadtverband – da kommen die Arbeitsgruppen nur nach und nach in Gang, weil wir wenige sind. Gut ist die Anregung von Markus Schmidt von der Partei „Die Partei“ im Bad Laaspher Rat, dass wir versuchen, gemeinsam etwas für die Stadt erreichen – für die Bürgerinnen und Bürger, idealerweise auch mit deren Einsatz. Politische Schnittmengen wären zum Beispiel der Baumschutz, aber auch der Radverkehr. Sinnvoll wären meiner Ansicht nach Arbeitsgruppen zum Klimaschutz und zur B 62-Gestaltung – also zur Mobilitätswende, die wir dringend brauchen.

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Brauchen die Grünen noch Mitstreiter?

Gerne. Wer unzufrieden ist mit Dingen hier in der Stadt, sollte sich grundsätzlich politisch engagieren – egal, bei welcher Partei. Wer bei uns Grünen mitmachen will, kann sich gerne melden. Wir haben ja unser Büro in der Königstraße, das mittwochs von 10 bis 12 Uhr und freitags von 16 bis 18 Uhr geöffnet ist. Zu diesen Zeiten kann man uns auch anrufen: Tel. 0176/5360 9517.