Bad Laasphe. Die Gebäude der früheren Reha-Kliniken stehen leer. Beim Projekt „Auszeit in Südwestfalen“ ist die Lahnstadt auf Kooperationen angewiesen.

Das interkommunale Projekt „Auszeit in Südwestfalen“ mit Unterstützung des NRW-Gesundheitsministeriums – es soll gestresste pflegende Angehörige aus dem ganzen Bundesland stärken, indem ihnen auch in der Region Wittgenstein heimatnahe Kur-Angebote gemacht werden. Die Stadt Bad Berleburg ist dazu bereits mit der Vamed-Rehaklinik vor Ort und dem Friederike-Fliedner-Haus des evangelischen Johanneswerks mit seinen Kurzzeitpflege-Plätzen für die Pflegebedürftigen im Gespräch, die ja auch versorgt werden müssten. Und wie sieht es in der Nachbarstadt Bad Laasphe aus, ebenfalls Projekt-Teilnehmer?

Mit persönlichem Therapieplan

„Bei der umgangssprachlichen ,Kur’ handelt es sich in der Fachsprache um eine stationäre Vorsorge- oder Rehabilitations-Maßnahme“, erläutert die Kurberatungsstelle der Freien Wohlfahrtspflege in ihrem Internet-Auftritt zum Projekt „Auszeit in Südwestfalen“. So eine Kur „dauert in der Regel drei Wochen und kann an zahlreichen Klinik-Standorten durchgeführt werden. Einige davon befinden sich [...] direkt in NRW.“

Dabei sei es wichtig, dass es bei einer Kur zwar um eine Auszeit vom Alltag gehe, der Ablauf sich jedoch von einem reinen Erholungsaufenthalt unterscheide. „Nach Ankunft in der Vorsorge- oder Reha-Klinik erhalten Sie einen Therapieplan, der auf ihre persönlichen Bedürfnisse abgestimmt ist“, sprechen die Kurberater die pflegenden Angehörigen direkt an.

Und bei den täglichen Aktivitäten der Kurenden könne es sich „um Physio- oder Ergotherapie, Entspannungs- oder Bewegungsangebote handeln“. Es stünden aber zum Beispiel auch „Gruppengespräche mit anderen Angehörigen oder psychosoziale Beratung auf dem Programm“.

An dem Projekt „Auszeit in Südwestfalen“ beteiligt sind die neun Städte Bad Berleburg, Bad Laasphe, Schmallenberg, Winterberg, Brilon, Olsberg, Bad Sassendorf, Lippstadt mit dem Stadtteil Bad Waldliesborn und Erwitte mit dem Stadtteil Bad Westernkotten.

Mehr Informationen zum Projekt im Internet: www.kuren-fuer-pflegende-angehoerige.de

Wer als pflegender Angehöriger neugierig im Internet nach Reha-Einrichtungen in Bad Laasphe sucht, stößt vor allem auf zwei Angebote: die Emmaburg-Klinik an der Lahnstraße und die Schloßberg-Klinik – erstere als Fachklinik für Rehabilitation und Anschlussheilbehandlungen in den Bereichen Orthopädie und Innerer Medizin, die andere als Neurologische Akut-, Reha- und AHB-Klinik für die Anschlussrehabilitation. Allerdings: Beide Kliniken sind schon seit Jahren nicht mehr in Betrieb, die Gebäude stehen leer.

Stadtverwaltung: Für neue Strukturen bleibt noch Zeit

„Aufgrund der aktuellen Versorgungsstruktur ist in Bad Laasphe derzeit keine stationäre Reha/Kur möglich“, bedauert die Stadtverwaltung auf Anfrage unserer Redaktion. Dabei wäre gerade dieses Angebot eine wichtige Basis für die Projekt-Umsetzung. Allerdings seien „für diesen Bereich des Projektes Kooperationen, unter anderem mit den Kliniken in der Nachbarkommune Bad Berleburg, denkbar“, heißt es weiter aus dem Bad Laaspher Rathaus.

Lesen Sie auch: Projektstart: Pflegende Angehörige kuren in Bad Berleburg

Angelegt ist das Projekt auf drei Jahre. Es bleibe also noch Zeit, macht die Stadt deutlich, „gemeinsam mit lokalen Anbietern von Gesundheits(dienst)leistungen langfristige Strukturen für Bad Laasphe zu entwickeln und aufzubauen“, die für die Zielgruppe der pflegenden Angehörigen „sowohl stationäre Rehas/Kuren im Kooperationsmodell mit anderen Projektbeteiligten als auch ambulante Angebote zur Gesundheitsvorsorge und Resilienz ermöglichen“. Bewusst sind sich auch die Akteure in Bad Laasphe, dass sich das Projekt zugleich an zwei Zielgruppen wendet: „Zielrichtung ist die Entlastung pflegender Angehöriger mit der Grundidee, dass auch die zu pflegenden Personen mitkommen können, wenn dies möglich und gewünscht ist“ – nach dem „Tandemprinzip“.

Für Pflegebedürftige derzeit nur Tagespflege

Das Bad Laaspher Gesundheitszentrum „Lahnblick“ an der Sebastian-Kneipp-Straße: Hier wäre für die Pflegebedürftigen zumindest Tagespflege möglich. Doch wer übernimmt die Pflege in der Nacht, während die Angehörigen kuren?
Das Bad Laaspher Gesundheitszentrum „Lahnblick“ an der Sebastian-Kneipp-Straße: Hier wäre für die Pflegebedürftigen zumindest Tagespflege möglich. Doch wer übernimmt die Pflege in der Nacht, während die Angehörigen kuren? © Eberhard Demtröder

Und für die Pflegebedürftigen gebe es vor Ort durchaus schon Angebote, betont die Stadt. „Nach ersten Gesprächen wäre es grundsätzlich denkbar, in diesen Strukturen Konzepte zu entwickeln, in die zum Beispiel auch die Tagespflege im Haus Lahnblick eingebunden ist“. Hier könnten dann „beispielsweise die zu Pflegenden tagsüber professionell versorgt werden“. Und auch das PHV-Dialysezentrum am Thüringer Weg könne sich vorstellen, „ein zusätzlicher Baustein der künftigen Versorgungsstruktur für pflegende Angehörige zu werden“, erläutert die Verwaltung.

Lesen Sie auch: Bad Berleburg: Einen Kurort der Zukunft schaffen

„An meiner Bereitschaft soll es nicht scheitern“, gibt sich mit Blick auf das Projekt Silke Lorenz entschlossen, Pflegedienstleiterin Tagespflege des Diakonischen Werks Wittgenstein im Haus Lahnblick an der Sebastian-Kneipp-Straße. So könnte man zum Beispiel bei Bedarf zwei der 18 begehrten Tagespflege-Plätze für Pflegebedürftige aus dem Projekt blocken.

Standortmarketing für alle Angebote

Schließlich sei ihr Haus die ideale Einrichtung für diese Zielgruppe, so Lorenz. Die zu Pflegenden würden aus der Ferien-Unterkunft oder dem Hotel morgens abgeholt, tagsüber von Fachpersonal betreut, während die Angehörigen kuren, und abends wieder zurückgebracht. Und eine Tagespflege werde ja ohnehin von der Pflegeversicherung bezahlt. Allerdings müsste das ganze Abrechnungs- und Dokumentationsverfahren „ein bisschen entbürokratisiert werden“, findet Silke Lorenz – auch, damit mehr Zeit bleibe, sich angemessen um die Pflegebedürftigen kümmern zu können.

Lesen Sie auch: Geld für pflegende Angehörige: 125 Euro für Hilfen im Alltag

Eng in das Projekt einbinden möchte die Stadt Bad Laasphe die TKS als Gesellschaft für Tourismus, Kur und Stadtentwicklung: „Sie wird im Rahmen des Standortmarketings künftig auf solche Angebote verweisen und auch ihr Netzwerk entsprechend einbringen.“

Bürgermeister liegt das Projekt sehr am Herzen

Bad Laasphes Bürgermeister Dirk Terlinden liegt das Projekt persönlich sehr am Herzen. Sein Fazit auf Nachfrage unserer Redaktion: „Die Entlastung und Stabilisierung von pflegenden Angehörigen ist eine große gesellschaftliche Herausforderung, der sich Bad Laasphe nicht verschließen kann und sollte. Daher ist es mir besonders wichtig, dass sich die Lahnstadt mit ihren vorhandenen Strukturen in dieses überregionale Projekt einbringt und schlussendlich auch von den Projekt-Ergebnissen profitieren kann.“

Kommentar: Strukturschwächen überwinden

Redakteur Eberhard Demtröder
Redakteur Eberhard Demtröder © Ralf Rottmann

Hätte Bad Laasphe bloß noch seine Reha-Kliniken – dann wäre die Startposition der Kurstadt an der Lahn im Projekt „Auszeit in Südwestfalen“ mit Kur-Angeboten für belastete pflegende Angehörige eine ganz andere. Dann könnten die Betroffenen bequem und entspannt in der Lahnstadt kuren, während sich andere Dienstleister vor Ort um die zu pflegende Person kümmern. Letzteres idealerweise in der Kurzzeitpflege rund um die Uhr, wie zum Beispiel Seniorenheime sie bieten. Und Besuche der Angehörigen dort wären jederzeit möglich.

Lesen Sie auch: Regionale-Stern für Kur- und Heilbäder in Wittgenstein

Allerdings: Solch ein Heim ist in der Kernstadt derzeit noch in Bau, und für die Pflegebedürftigen böten sich im Moment nur eine Tagespflege oder ambulante Dienste an. Die optimale Entlastung für die Angehörigen etwa in der Nacht wäre damit nicht gegeben. Bad Laasphe wird sich also etwas einfallen lassen müssen, um Strukturen im Sinne des Projekts aufzubauen. Strukturen, auf die Bad Berleburg schon jetzt setzen kann.