Banfe/Mayschoß. Bilder von Schutt und Schlamm: Die Lokalredaktion begleitet einige Helfer aus Banfe, Olpe, Siegen und Köln nach Mayschoß.

Es sind Bilder, die man so schnell nicht mehr vergisst. Bilder von zerstörten Häusern. Menschen, die fassungslos vor den Resten ihrer Existenz stehen. Ein Hotelbesitzer, der mit einer blauen Mülltüte in der Hand nach Erinnerungsstücken aus einem Trümmerhaufen sucht. Der Campingplatz direkt an der Ahr gelegen – von ihm ist nichts mehr zu sehen. Aber es sind auch Bilder von zahlreichen Menschen, die in den Urlaubsort Mayschoß gekommen sind, um gemeinsam Möbelreste, Schlammberge und Co. aus den Häusern zu holen.

Unter ihnen auch einige Banfer, die wir als Lokalredaktion am vergangenen Samstag nach Mayschoß in Rheinland-Pfalz begleitet haben.

Das Team

Auch interessant

Es ist gerade einmal vier Uhr morgens. 11 Grad zeigt das Thermometer im Auto an. Auf den Straßen ist kaum etwas los, als ich Alexander Büdenbender, Björn Schäfer und Florian und Ronny Schmidt in Banfe treffe – der Anhänger ist bereits mit Schaufeln, Eimern, Gummistiefeln und anderen Utensilien beladen. Gemeinsam fahren wir zum ersten Halt, wo wir weitere Helfer aus Siegen treffen. Kurz vor Mayschoß – auf einem Parkplatz – treffen wir dann die übrigen Helfer aus unserem Team. Sie sind aus Olpe und aus Köln angereist. Dort teilen wir uns in einem Auto und dem Transporter auf, um mit möglichst wenigen Autos in den Ort zu fahren.

Dann geht es auch schon los: Über die in nur wenigen Tagen gebaute Straße geht es nach Mayschoß rein. Mehrere Tage war der Ort von der Außenwelt abgeschnitten. Staub legt sich auf die Fenster des Transporters. Fahrzeuge des THW, DRK, der Feuerwehr, Polizei und Bundeswehr – wohin man auch blickt. Je weiter wir in den Ort hinunter fahren, desto mehr zerstörte Häuser bekommen wir zu sehen. „Hier standen einmal zwei Gebäude in der Kurve“, sagt einer aus dem Team. Heute sind dort nur noch Trümmerreste zu sehen. Auf einigen Hauswänden wurden Zeichen gesprüht. „Dieses Zeichen bedeutet, dass das Haus abgerissen wird“, erklären mir Ronny Schmidt und Björn Schäfer. „Das ist hier noch schlimmer, als letzte Woche in Bad Neuenahr“, sagt ein weiterer Helfer.

Das Hotel

Auf dem Parkplatz – wenige Kilometer von Mayschoß entfernt: Nach dem Umziehen geht es für alle Helferinnen und Helfer müde, aber zufrieden wieder in Richtung Heimat.
Auf dem Parkplatz – wenige Kilometer von Mayschoß entfernt: Nach dem Umziehen geht es für alle Helferinnen und Helfer müde, aber zufrieden wieder in Richtung Heimat. © Ramona Richter

Gemeinsam geht es für uns in das Hotel Lochmühle direkt an der Ahr gelegen – in den Kellerräumen befinden sich noch immer eine Menge Schlamm und andere Dinge, die raus müssen. „Wir wissen nicht, was wir unter dem Schlamm finden werden. Wer das nicht kann, lässt es lieber sein“, sagt ein Mann namens Christian. Er weist uns an diesem Nachmittag ein. „Es ist schön, dass ihr hier seid. Wir können jede helfende Hand gebrauchen.“ Schon zuvor waren wir auf der anderen Seite des Hotels und haben Holzreste und zahlreiche Eimer voller Schlamm nach draußen gebracht. „In diesen Kellerräumen wurden unter anderem Obst, Gemüse und auch Fleisch gelagert“, so Christian. In Kurzform: Es stinkt.

Ich bin erleichtert, dass es für unsere Gruppe in das Erdgeschoss geht, um dort weiter auszuräumen – unter anderem in der Küche, wo Zweige, Grün, Schlamm und abgestandenes Wasser auf uns warten – sowie ein sehr unangenehmer Geruch. Nach einigen Minuten liegen auch die letzten Teller, Müll und Co. auf dem riesigen Schuttberg vor dem Gebäude. Für uns bedeutet dies: zurück Richtung Auto. Auf einem Steinhaufen direkt neben einer Essensausgabe lassen wir uns noch einmal nieder, essen und trinken noch eine Kleinigkeit. Zahlreiche Helfer verteilen den ganzen Tag über Essen – von belegten Brötchen über Kuchen bis hin zur Suppe und Nudeln.

Auch interessant

Hier treffen wir auch Michelle wieder, die wir bereits am Vormittag kennengelernt haben. Sie hat selbst ihre Wohnung bei der Flutkatastrophe verloren – nur ein paar Kilometer von Mayschoß entfernt. „Ich war zum Zeitpunkt der Flut bei meinen Eltern, ein paar Straßen weiter höher“, sagt sie. Möbel, Klamotten – alles weg. Dennoch bleibt sie optimistisch. „Meiner Familie und mir geht es gut und ich habe einen tollen Arbeitgeber, der mich unterstützt.“ Mehrere Tage ist sie seitdem in den Krisengebieten entlang der Ahr und hilft, wo sie kann. „Ich finde es schön, wie viele Menschen hierher kommen und helfen.“ Für uns geht es aber erstmal müde, aber auch zufrieden nach Hause.

Wittgensteiner Helfer im Krisengebiet

file7gx8pbm3ub5endin43t
file7gwsbt5x2tswoqj2don
file7gwsbtp26j93g4ng66j
file7gwsbrsbzrbmvf8q149
file7gwsbq2caq1the63geh
file7gwsbtxfbzr13xdh34pb
file7gwsbmonh47128tjd2h8
file7gx8p78iqz61ftkjcnet
file7gx8papin1e1hmpkxolf
file7gwsbku1loo5mt05jou
file7gwsbtelothlmibv2h8
file7gx8p5v5w21h55d4a84
file7gx8pb84vwy1k8mck4u3
file7gx8pbk4odc1ibdaqnq6
file7gx8pazzv5u1b3yisdk8
file7gwsbodlttida8mllsr
file7gwsbu8qp7t1l47hyhoy
1/17

>>> Kommentar: Eine besondere Atmosphäre <<<

Während die ganzen Diskussionen rund um Corona den Eindruck hinterließen, die Gesellschaft zu spalten, so scheint die Flutkatastrophe eher das Gegenteil zu bewirken: Die Menschen rücken zusammen, helfen sich. Und plötzlich spielt es keine Rolle mehr, wem das Haus, die Wohnung oder das Hotel gehört. Es ist egal, ob alt, jung, dick, dünn oder welchen Beruf jemand ausübt – Vorurteile gibt es dort nicht.
Es wird angepackt, um gemeinsam schnell die Trümmer und den Schlamm zu beseitigen. Es wird getröstet, gelacht, gearbeitet – so auch in Mayschoß, wo am vergangenen Wochenende eine ganz besondere Atmosphäre herrschte.

Auf der einen Seite war dieses beklemmende Gefühl beim Anblick der leerstehenden und eingestürzten Häuser, den Gesprächen mit Betroffenen und Helfern und der Gesamtsituation vor Ort – den Gerüchen und Geräuschen. Auf der anderen Seite aber war diese ‘positive’ Stimmung – unter den Helfern und den Betroffenen. In den Pausen wurden Kontakte geknüpft – bei Musik, Kaffee und einem kühlen Bierchen oder Speisen, welche die Ehrenamtlichen austeilten. Ich war schockiert von den Bildern und gleichzeitig glücklich, dort mitanpacken zu können.

An dieser Stelle ein Dank an alle Helferinnen und Helfer vor Ort und denen, die von daheim aus helfen – wie auch zahlreiche Wittgensteiner durch ihre Spenden. Denn: Ohne Hilfe ist die Situation in den betroffenen Gebieten kaum zu bewerkstelligen.