Banfe/Bad Neuenahr-Ahrweiler. Gemeinsam machen sich einige Bewohner aus Banfe auf ins Krisengebiet und helfen den Menschen vor Ort.

Es ist 5 Uhr. Wochenende. Während die meisten Menschen im Wittgensteiner Land noch tief und fest schlafen, sitzen ein paar Banfer bereits im Auto – auf den Weg ins Krisengebiet. Bepackt mit jeder Menge Hygienemittel, Schaufeln, Eimer und Gummistiefel haben sie sich auf den Weg gemacht, um den Flutopfern vor Ort zu helfen. Vier Tage lange waren sie bereits im Einsatz – am kommenden Samstag soll es weitergehen. „Die Menschen dort brauchen Hilfe und die wollen wir ihnen geben“, sagt Björn Schäfer. Gemeinsam mit Martin Vahland, Jochen Kuhli, Simone und Ronny Schmidt und Kim Kuppermann war er vor Ort in Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Der Einsatz

Geplant war eigentlich, nach Dernau zu fahren, doch dort gab es kein Durchkommen. Daher entschieden sie sich, nach Bad Neuenahr zu fahren. Was sie dort vorfanden, können sie kaum in Worte fassen. „Dafür gibt es keine Worte und keine Bilder können das wiedergeben, was wir dort gesehen haben“, sagt Ronny Schmidt. „Das war eine Steigerung von katastrophal.“

Nachdem sie endlich – nach mehreren überwundenen Hürden – in Bad Neuenahr ankamen, haben sie nicht lange gewartet. „Wir haben gefragt, wer Hilfe braucht“, sagt Schmidt. Sofort kamen die ersten Anwohner heraus. „Die Menschen sind dankbar für jede Hilfe. Wir haben aber gesagt, dass wir zusammen bleiben.“ Sie haben geholfen, getröstet und gemeinsam gelacht. „Das tat den Bewohnern auch mal wieder gut. Viele von ihnen sind noch dabei, das alles irgendwie zu verstehen“, so Schmidt. Doch egal wie schlimm die aktuelle Situation für die Bewohner der Krisengebiete derzeit ist – raffgierig sei niemand gewesen. „Da wurden teilweise nur zwei Wasserflaschen aus dem 6er-Pack genommen, damit die anderen auch noch etwas bekommen können“, sagt Schäfer.

Kontakte vor Ort knüpfen

Zahlreiche Kisten und Taschen wurden in den vergangenen Tagen in das Krisengebiet gebracht.
Zahlreiche Kisten und Taschen wurden in den vergangenen Tagen in das Krisengebiet gebracht. © Privat

So auch eine 75-jährige Bewohnerin – liebevoll von allen Tante Helga genannt. Kennengelernt haben die Helfer aus Banfe die Anwohnerin beim ersten Transport, bei dem Martin Vahland und Björn Schäfer einen Transporter voller Spenden ins Krisengebiet brachten. „Sie wusste nicht, wie sie die Sachen nach Hause tragen sollte, da habe ich ihr sie nach Hause getragen“, erinnert sich Schäfer. „Ich sagte ihr, wenn sie Hilfe braucht, soll sie sich melden.“ Und das tat sie. Nur wenig später haben die Banfer Tante Helga erneut getroffen und ihr beim Entschlammen des Kellers geholfen. Dort erfuhren sie auch, dass Helga zwei pflegebedürftige Männer daheim hat – beide bettlägerig.

„Einer von ihnen wäre beim Hochwasser beinahe ertrunken. Das Wasser erreichte bereits seine Matratze“, sagt Simone Schmidt. Sieben Tage verbrachte er auf der feuchten Matratze – nun aber hat er eine neue erhalten. Das DRK Bad Laasphe hatte sie vor wenigen Tagen Tante Helga überreicht, nachdem die Banfer Helfer sie kurzerhand besorgt hatten. „Sie weinte vor Freude. Das ließ auch mich nicht kalt und da floss bei mir ein Tränchen“ so Schäfer.

Begegnungen hatten die Helfer aus Banfe einige vor Ort – und viele Gespräche. „Viele ältere Menschen, die den Krieg noch miterlebt haben, sagten auch, das dieser nicht so schlimm war wie das Hochwasser. Dieses Mal war plötzlich alles weg oder aber mit Schlamm bedeckt.“ Vorsichtig haben sich alle den Weg durch die Schlammmassen gebahnt. „Man wusste gar nicht, was gerade unter einem ist und ob man über ein altes Fenster läuft, ein Stück Holz, Lebensmittel – es konnte ja alles sein“, erinnert sich Schäfer. Und Simone Schmidt fügt hinzu: „Danach hat man gedanklich viel mehr damit zu tun, als an den Tagen selbst. Dort denkt man gar nicht drüber nach sondern macht einfach. Und das ist auch gut so. Man darf gar nicht drüber nachdenken.“

Die Spendenaktion

Mit Kisten und Eimern haben die Helfer – unter ihnen Kim Kuppermann – die Keller und Wohnungen entschlammt.
Mit Kisten und Eimern haben die Helfer – unter ihnen Kim Kuppermann – die Keller und Wohnungen entschlammt. © Privat

Begonnen hat die Fahrt ins Krisengebiet mit einer Spendenaktion. Und die Idee hierzu entstand im Urlaub. „Ich war auf der Insel Fehmarn in Urlaub, da habe ich über die Medien von der Katastrophe erfahren. Ich wusste sofort, da muss ich etwas machen“, erinnert sich Martin Vahland.

Sofort fragte er im Freundes- und Familienkreis, wer bei einer Spendenaktion dabei wäre. Über die sozialen Medien und die Presse machte er darauf aufmerksam. Am 17. Juli dann war es soweit – zahlreiche Dorfbewohner, Bekannte und Freunde brachten Mengen an Spenden in die Festhalle. „Das war der Wahnsinn, was da alles gespendet wurde“, so Simone Schmidt. „Da war ein Junge, der hatte seine Playstation gespendet. Auch die Jüngeren haben sich an der Spendenaktion beteiligt“, sagt Vanessa Schäfer. Bereits in der Festhalle war für die Schmidts klar, sie wollen vor Ort helfen. Ein paar Tage später saßen sie mit den anderen Helfern bereits im Auto auf dem Weg ins Krisengebiet. Insgesamt drei Lkw-Ladungen (30-Tonner) wurden voll gepackt. Hygieneartikel, Babynahrung, Windeln für Jung und Alt, Wasser – das alles ging in einem geräumigen Ford direkt nach Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Und noch etwas haben die Helfer aus Banfe erreicht: Eine Familie aus Ahrweiler wird, wenn daheim alles geklärt ist, nach Bad Laasphe kommen, um einmal abschalten zu können. Vanessa Schäfer hatte Kontakt zur Haferkiste aufgenommen, die sich bereit erklärt hat, die Gäste bei sich aufzunehmen. „Ich war vor vier Wochen in Ahrweiler in einem Antiquitätenladen und habe dort den Besitzer kennengelernt. Ich habe mich nun an ihn erinnert und ihn angerufen und ihn gefragt, was man ihm Gutes tun könne. Er sagte, dass er jetzt eigentlich in Italien im Urlaub wäre. Er hat alles verloren und wünscht sich, einmal mal rauszukommen und abzuschalten“, sagt Martin Vahland. Und genau dieser Wunsch soll schon bald in Erfüllung gehen.