Diedenshausen. Ann-Christin Gernand-Nelson, 30, Erzieherin in der Diedenshäuser AWO-Kita, fühlt sich als Wittgensteinerin, als Diedenshäuserin und als Hessin.

Nur drei Minuten braucht Ann-Christin Gernand-Nelson für ihren Fußweg zur Arbeit – an sich ist das erstmal nichts Besonderes. Aber sie überquert dabei nicht nur die Elsoff, sondern auch die Landesgrenze von Hessen zu Nordrhein-Westfalen.

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Muss die Grenze weg?

Diedenshausen hat eine Besonderheit: Östlich des Baches Elsoff, der durchs Dorf fließt, liegt die Siedlung Seibelsbach – auf dem Gebiet des benachbarten Bundeslandes Hessen.

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„Ich fühle mich ganz klar als Hessin – aber auch als Diedenshäu­serin. Diedenshausen ist ein Dorf, da gibt es diesbezüglich keine Unterschiede“, macht die 30-Jährige, die als Erzieherin in der Awo-Kita vor Ort arbeitet, deutlich. Und: „Wir fühlen uns als Wittgensteiner. Nur weil wir auf der hessischen Seite wohnen, trinken wir nicht automatisch Apfelwein. Bei uns gibt es Bosch und Krombacher“, so Ann-Christin Gernand-Nelson lachend.

Die Kita

Die Kita selbst steht auf NRW-Seite – die Kinder, die hier angemeldet sind, sind alle aus Diedenshausen.
Die Kita selbst steht auf NRW-Seite – die Kinder, die hier angemeldet sind, sind alle aus Diedenshausen. © Lisa Klaus

Grundsätzlich mache die Landesgrenze in der Kita aber keine Probleme, macht sie deutlich. Ein Kind aus Hessen sei in der Kita angemeldet, die anderen seien NRW-Bürger. „Das hat aber nichts mit der Landesgrenze zu tun, das ist einfach nur Zufall.“ Die Kita selbst steht auf NRW-Seite, die Kinder, die angemeldet sind, sind alle aus Diedenshausen – da macht die Grenze bei der Anmeldung keinen Strich durch die Rechnung. Auch für de Kinder habe sie keinerlei Bedeutung: „Kindern ist ja vieles relativ egal“, sagt Gernand-Nelson lachend.

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Auch die Postzustellung an die Eltern sei gar kein Problem. „Die Briefe müssen einmal umgestempelt werden und brauchen in der Zustellung einen Tag länger, das ist aber auch alles. Meistens verteile ich die Post an die Eltern auch selbst, die Häuser sind ja in der Nähe.“

Die Brücke

Die Brücke über die Elsoff – und die Landesgrenze – ist ein wichtiges Bindeglied für die 30-Jährige und auch für die Kindergartenkinder. „Vorher war an dieser Stelle eine alte, etwas marode Brücke“, erinnert sich Gernand-Nelson. „Wir gehen mit den Kindern über die Brücke, wenn wir in den Wald gehen – wir gehen dabei am liebsten in den hessischen Wald“, lacht Gernand-Nelson. Zwar käme man auch ohne Brücke ans Ziel – aber das würde einen Umweg von mehreren Minuten bedeuten und das sei gerade für kurze Kinderbeine schon lang.

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Die Brücke ist die Frucht der Zusammenarbeit zwischen Hessen und NRW und verbindet das Neubaugebiet Seibelsbach mit der Diedenshäuser Kita. Die Finanzierung des Daches hat das Land NRW mit dem „Heimatcheck“ finanziert, auf hessischer Seite sorgte Bromskirchens Bürgermeister Ottmar Vöpel und der Bauhof der Gemeinde mit der Finanzierung des Brückenbodens für Unterstützung. Denkt Ann-Christin Gernand-Nelson eigentlich manchmal auf ihrem Weg zur Arbeit über die Brücke darüber nach, dass sie gerade die Landesgrenze überschreitet? „Klar, eigentlich ständig. Es ist schon etwas Besonderes.“

Die Grenze

Die Brücke ist die Frucht der Zusammenarbeit zwischen Hessen und NRW und verbindet das Neubaugebiet Seibelsbach mit der Diedenshäuser Kita.
Die Brücke ist die Frucht der Zusammenarbeit zwischen Hessen und NRW und verbindet das Neubaugebiet Seibelsbach mit der Diedenshäuser Kita. © Lisa Klaus

Die Grenze sei vielmehr bei privaten Behördengängen ein Problem, macht Gernand-Nelson deutlich. „Wenn es um den Personalausweis oder ähnliches geht, dann kann das schon mal ein Hin und Her sein.“ Zudem habe die Grenze in der Corona-Pandemie für ein mittelgroßes Durcheinander gesorgt. „Bei den Erlässen zur Eindämmung der Pandemie, die ja in beiden Bundesländern teilweise unterschiedlich waren, hat man schon geschaut: Was ist in Hessen noch erlaubt, was in NRW? Aber man hat sich dann auch gefragt, ob bei der nächtlichen Ausgangssperre die Polizei nur den nordrhein-westfälischen Teil des Dorfes kontrolliert und an der Grenze wieder umkehrt“, so Gernand-Nelson. Dies habe im Dorf auch so einige amüsiert. „Man hat dann schonmal den Spaß darüber gemacht, zu schauen, wer noch auf der Straße ist“, sagt Gernand-Nelson lachend.

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Ein kleines Durcheinander gab es auch bei der Impfung: „Wir haben geschaut, wo wir schneller an die Impfung kommen. Ich hatte einen Termin in Hessen beantragt, dann war aber das Impfzentrum in Siegen schneller und wir haben von der Awo aus dort Termine bekommen. Danach kamen meine Termine aus Hessen – und damit wäre ich tatsächlich eigentlich schneller durchgeimpft gewesen“, erinnert sich die 30-Jährige. Und auch bei der Planung ihrer Hochzeit, die wegen Corona bereits verschoben werden musste, musste sie beides bedenken – Landesgrenze und Pandemie. „Wir mussten schauen, wo wir nun feiern: in Hessen oder in NRW? Wo können wir noch im Garten feiern, wie viele Gäste sind dort erlaubt?“ Am Ende konnten sie und ihr Ehemann im Mai schließlich den Bund der Ehe eingehen.