Wittgenstein. Die Diskussion rund um geschlechtergerechte Sprache ist groß. Gendern – ja oder nein? Das sagen Wittgensteiner Firmen, Schulen und Kommunen dazu.
Kaum ein Thema wird derzeit so heiß diskutiert wie gendergerechte Sprache – also die Ansprache aller Geschlechter gleichermaßen. Sternchen, Unterstrich, Doppelpunkt oder doch lieber gar nichts – wenn es ums „Gendern“ geht, gehen die Meinungen auseinander. Wir haben uns in Wittgenstein umgehört: Wie gendern die Unternehmen in der Region? Wie die Stadtverwaltungen in Bad Berleburg, Bad Laasphe und Erndtebrück? Und ist gendergerechte Sprache in den Schulen ein Thema?
Das sagen die Unternehmen
Regupol BSW hat sich nach eigenen Angaben bereits vor einigen Jahren dazu entschieden, geschlechtergerechte Sprache zu nutzen. Umgesetzt wird dies in Stellenausschreibungen, Mitarbeitermagazinen, bei Webinhalten oder auf Social Media. Dabei setzt das Unternehmen auf verschiedene Varianten. In Texten wird „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ geschrieben, in Stellenanzeige erfolgt der Hinweis auf das Geschlecht mit „m/w/d“ – also männlich, weiblich und divers.
Im Mitarbeitermagazin wird hingegen die männliche Form verwendet. Aus Gründen der Verkürzung, wie es seitens Regupol heißt: „Dies wird ausdrücklich mit dem Hinweis gekennzeichnet, dass dies keine Diskriminierung darstellen soll, sondern immer alle Geschlechter angesprochen sind. Die Verkürzung dient in diesem Medium nur zur besseren Lesbarkeit.“
Ejot entscheidet sich gegen Gendern
Ejot hat sich gegen eine Form der gendergerechten Sprache entschieden. Man pflege einen wertschätzenden und höflichen Umgangston, gendere aber nicht. In den Stellenausschreibungen ist aber immerhin ebenfalls die Bezeichnung „m/w/d“ zu finden.
Die Vamed-Klinik Bad Berleburg bemüht sich zu gendern. Das verrät der Blick auf die Website. Konsequent durchgezogen wird das allerdings nicht. Es ist zwar von „Mitarbeiter*innen“ die Rede, aber auch von „Patienten“ und „Besuchern“. Hier wurde das generische Maskulinum nicht ersetzt. Diese Form steht im Sprachgebrauch zwar oft allumfassend für alle Geschlechter – ist aber eben auch die männliche Form.
Das sagen die Kommunen
Die Stadt Bad Berleburg nutzt gendergerechte Sprache nach eigener Aussage seit Anfang diesen Jahres. Auf den externen Kommunikationskanälen – also Social Media, Telegram-Messenger oder Newsletter – wird das Gendersternchen verwendet. „Um ihren eigenen Ansprüchen gerecht zu werden und den Beitrag zur Gleichstellung der Geschlechter zu fördern (und damit auch zu fordern), hat die Stadt Bad Berleburg die gendergerechte Sprache (...) eingeführt. Auf diese Weise sollen alle Menschen gleichermaßen angesprochen werden“, heißt es seitens der Stadt. Derzeit werde eine Ausweitung der Nutzung gleichgeschlechtlicher Sprache – zum Beispiel auch in der internen Kommunikation geprüft.
Kommunen sind offen für Gendersprache
Auch Bad Laasphe will die Gleichstellung in der Sprache weiter fördern. Der noch zu verabschiedende Gleichstellungsplan der Stadt empfiehlt die Nutzung des Gendersternchens. Zu diesem Thema soll außerdem ein Leitfaden für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickelt werden. Derzeit setzt die Stadtverwaltung in der Kommunikation auf geschlechtsneutrale Begriffe. Können diese nicht gefunden werden, werden Doppelbezeichnungen genutzt – also zum Beispiel „Bürgerinnen und Bürger“. Städtische Stellenausschreibungen haben den Zusatz „m/w/d“.
Der Duden prescht vor
Der Duden hat das generische Maskulinum online entfernt – also die männliche Form, die geschlechtsübergreifend genutzt wird (z.B. der Lehrer). Es sei nicht klar, ob damit alle oder nur die männliche Person gemeint sei.
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Wer jetzt beispielsweise „Lehrer“ eingibt, erhält die Bezeichnung „männliche Person, die an einer Schule unterrichtet“ und nicht mehr „Jemand, der an einer Schule unterrichtet“. Die „Lehrerin“ erhält beim Duden somit einen eigenen Eintrag.
Erndtebrück handhabt es sprachlich ähnlich. Auch hier wird, wenn möglich eine neutrale Form verwendet. In Dienstanweisungen und -vereinbarungen nutze die Stadt gendergerechte Sprache in Form des Gendersternchens (Mitarbeiter*in) oder eines Schrägstrichs (Mitarbeiter/in). „Geschlechtergerechte Sprache ist wichtig, da sich die Gleichberechtigung von Frauen und Männern auch in der Sprache wiederfinden muss. Die Sprache selbst prägt das Bewusstsein“. lässt die Stadtverwaltung zum Thema verlauten.
Das sagt eine Lehrerin
Und wie sieht es in der Schule aus? Spielt gendergerechte Sprache im Unterricht eine Rolle? Manuela Becker ist Deutschlehrerin an der Realschule Schloss Wittgenstein. „Wir legen darauf keinen übersteigerten Wert und korrigieren dahingehend die Schüler auch nicht“, sagt sie. Eine interne Regel diesbezüglich gebe es an der Schule nicht. Eine durchgehende Nutzung von Gendersternchen würde vor allem die jüngeren Schüler überfordern, sagt die Deutschlehrerin. „In einer Klassenarbeit beispielsweise wäre das unmöglich zu leisten.“
Gendern: Gespaltene Meinungen bei den Schülern
Und auch die meisten Schulbücher nutzen nur selten gendergerechte Formulierungen. Oftmals ist von „Schülerinnen und Schülern“ die Rede, das sei in den Unterrichtsmaterialien aber keine Regel.
Spielt das Thema Gendersprache an den Schulen also überhaupt keine Rolle? Doch, sagt Manuela Becker: „Ich thematisiere dieses Thema ab und an in den Jahrgangsstufen 9 und 10. Hierbei entstehen oftmals lebhafte Diskussionen über die Notwendigkeit der Gendersprache. Es gibt immer einige Schüler, die vehement dagegen sind, andere können sich damit ganz gut anfreunden.“
Sie hält es für notwendig, Sensibilität und Aufmerksamkeit für das Thema bei ihren Schülerinnen und Schülern zu schaffen, „da vor allem in der Oberstufe und im Studium ein übersteigerter Wert auf eine gendergerechte Formulierung gelegt wird.“