Wittgenstein. Wie wohnt Wittgenstein? Wir haben uns die neuesten Zahlen angeschaut. Einiges haben wir erwartet, aber nicht alles. Hier finden Sie die Fakten.

In den kommenden Wochen beschäftigt sich die Westfalenpost mit einem Boom-Thema: Es geht um das Wohnen. Die Niedrigzinsphase mit günstigen Krediten einerseits und die Corona-Pandemie andererseits schieben die Konjunktur in diesem Bereich kräftig an. Die einen erfüllen sich jetzt den Traum vom Eigenheim, die anderen modernisieren. Geld, das nicht in Urlaube fließen kann wird für Renovierungen in den vier Wänden, dem Garten oder der Mietwohnung genutzt. Das Motto ist: Wir machen es uns schön.

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Eine Frage aber hat uns vor ab besonders beschäftigt: Wie wohnt Wittgenstein eigentlich? Im Eigenheim, zur Miete? Wie viel Platz haben die Menschen hier zur Verfügung – auch im Vergleich zum Rest des Landes. Einige Antworten haben wir erwartet, andere dagegen sind überraschend. Grundlage der Auswertung sind Statistiken. Im Februar diesen Jahres hat die NRW-Bank in ihren „Wohnungsmarktbeobachtungen“ veröffentlicht. Die Basis bilden Zahlen des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik NRW.

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Der typische Wittgensteiner Haushalt umfasst – in ländlichen Regionen nicht selten – mehr als zwei Personen. Und: Die Eigenheimquote ist hoch. Über zwei Drittel der Bad Laaspher, Erndtebrücker und Bad Berleburger wohnen in einem Ein- oder Zweifamilienhaus. Die Quote der Mehrfamilienhäuser – also der klassischen Mietwohnungsgebäude – liegt bei nicht einmal einem Viertel. Im Landesschnitt sind es fast 55 Prozent und nur gut 41 Prozent in NRW leben in Einfamilienhäusern. Interessant ist auch, dass die Wittgensteiner Durchschnittswohnung 18 Quadratmeter größer ist als der Landesschnitt. Jede einzelne Person hat hier sieben bis acht Quadratmeter mehr zur Verfügung.

Preise und Mieten

Der Grund: In ländlichen Regionen sind die Baulandpreise deutlich günstiger. Der Wittgensteiner zahlt Durchschnittlich mindestens 100 Euro weniger für den Quadratmeter Bauland als der NRW-Durchschnitt. In Bad Berleburg zahlt man für ein Grundstück in guter Lage 110 Euro in mittlerer 80 und in mäßiger Lage 25. In Bad Laasphe ist Baugrund schon 5 bis 10 Euro je Quadratmeter günstiger: 100/75/20 Euro. Erndtebrück ruft 75 Euro, 55 oder 25 Euro auf. Zum Vergleich: Im Kreis Siegen Wittgenstein liegen die drei Preiskategorien bei 140/100/40 Euro.

Und beim Kauf kosten Häuser in Wittgenstein im Vergleich zum Landesdurchschnitt nur etwas mehr als die Hälfte. Der Quadratmeterpreis für eine der – allerdings noch relativ seltenen Eigentumswohnungen – liegt ein Viertel, rund 500 Euro, unter dem Landesdurchschnitt. Der Pferdefuß für Immobilienanleger: Die Gebäude steigen entsprechend auch weniger in ihrem Wert. Dabei ist aber auch in den Wittgensteiner Kommunen die Lage entscheidend. Die Ortskerne liegen im Preisniveau und in der Werthaltigkeit deutlich über dem der Ortsteile.

Wer in Bad Berleburg, Bad Laasphe oder Erndtebrück zur Miete wohnt, zahlt immer knapp 6 Euro. Nur im Neubau wird es deutlich teurer, aber auch hier sind die Mietkosten im Regelfall ein Viertel günstiger als der Landesschnitt.

Altersschnitt von Haus und Menschen

Die Landesbausparkasse hat Statistiken aus dem Zensus 2011 ausgewertet. Daraus geht das Durchschnittsalter der Wohnhäuser hervor. In Bad Berleburg stammen die meisten Häuser aus dem Jahr 1963. In Erndtebrück und Bad Laasphe sind sie im Schnitt ein Jahr jünger und erst 55 Jahre alt. Mit einem Durchschnittsalter jenseits der 50 sind viele dieser Gebäude in der Substanz gut, aber eben doch renovierungsbedürftig.

Beim Blick auf die Einwohnerstatistik wird schnell klar: Der Prozentsatz der Menschen über 75 Jahren liegt über dem Landesdurchschnitt. Bad Laasphe ist hier Spitzenreiter mit 1,2 Prozent über den Landesschnitt, es folgt Erndtebrück mit 0,8 Prozent. In Bad Berleburg sind es nur 0,5 Prozent. Der Anteil der Jugendlichen unter 18 ist in Erndtebrück um 1,3 Prozent geringer als das Mittel.

Bauboom in Bad Berleburg

Brandneu sind die Zahlen des Grundstücksmarktberichts für Siegen-Wittgenstein. Darin werden alle Immobilienkäufe und -verkäufe erfasst und ausgewertet. Die seit 2016 steigenden Zahlen bestätigen den Boom für Bad Berleburg: Mit 325 Grundstücken in Bad Berleburg wurden so viele Baugrundstücke gehandelt wie nie zuvor in den vergangenen neun Jahren. Allein im Vergleich zu 2019 gab es eine Steigerung um 80. In Erndtebrück liegt die Zahl der Grundstückskäufe mit 89 in 2020 deutlich unter den 114 Fällen im Vorjahr. Das aber war ein absoluter Ausreißer und Höchststand. In Bad Laasphe sinkt die Zahl seit 2018 ( 203) auf 178 im vergangenen Jahr, bleibt aber auf einem stabilen Niveau.

Schaut man allein auf die voll erschlossenen Baugrundstücke macht sich in Bad Berleburg fast eine Verdoppelung bemerkbar: 44 Grundstücke (2019: 24) mit 44.727 Quadratmetern (21.764) und einem Volumen von 2,26 Millionen Euro (1,24 Millionen) wurden hier 2020 umgesetzt. In Bad Laasphe und Erndtebrück gab es im gleichen Zeitraum nur leichte Zuwächse.

Neben den Verkäufen von Grundstücken lohnt ein Blick in die Baugenehmigungsstatistik. Die weist vor allem für Bad Laasphe einen starken Anstieg aus. Baugenehmigungen müssen aber nicht nur für den Bau neuer Wohnungen ausgestellt werden. Darin können auch bauliche Veränderungen, enthalten sein. In Bad Berleburg sind die meisten neue Wohnungen entstanden, was für massive Neubautätigkeit spricht - die sich im Baugebiet Am Sengelsberg aber auch in den Ortsteilen zeigt.