Wunderthausen/Mainz. Dr. Christina Lückel aus Wunderthausen forscht in Mainz auf dem Gebiet der Immunologie – und nahm als Probandin an einer Impfstudie teil.
Die Corona-Pandemie stellt für unsere Gesellschaft eine große Herausforderung dar. Eigenverantwortung übernehmen, sich selbst und andere schützen – das ist es, was jeder tun kann, während die Wissenschaft neue Möglichkeiten erforscht, Wege aus der Pandemie zu finden.
Auch interessant
Aufgewachsen auf einem Außengehöft in Wunderthausen, Schreinerlehre, Abitur, Biologiestudium und dann der Doktorgrad – das ist die Kurzfassung des Lebenslaufs von Dr. Christina Lückel. Die 34-Jährige betreibt seit 2018 Grundlagenforschung am Institut für Immunologie in der Universitätsmedizin Mainz. Als sich im Dezember 2020 eine Impfstudie der Tübinger Firma CureVac an das medizinische Personal der Uniklinik richtete, war Dr. Lückel sofort dabei. „Es wurden allein in Mainz 2500 Freiwillige gesucht, die an der Studie des mRNA-Impfkandidaten teilnehmen sollten. Ich habe es für wichtig gehalten, dies zu unterstützen.“
Die Angst
Einen noch nicht zugelassenen Impfstoff zu testen – hatte Dr. Lückel keine Angst davor? „Nein, Angst hatte ich nicht. Natürlich macht man sich vor jeder Impfung seine Gedanken. Aber ich kenne die Wirkungsweise der mRNA-Stoffe, sehe deren Nutzen.“ Viele Menschen haben Angst vor den mRNA-Impfstoffen, warum eigentlich? „Das ist schwer zu erklären“, so Dr. Lückel, „aber kurz gesagt bezieht sich die Angst wohl darauf, dass der Impfstoff die DNA der Menschen verändern könnte. Das ist aber auszuschließen, da die mRNA nicht in den Zellkern eindringen kann, wo sich unsere DNA befindet.“
Die Impfreaktionen
Auch interessant
„Die meisten Teilnehmer, die ich kenne, hatten die typischen Impfreaktionen wie Fieber, Gliederschmerzen und Schüttelfrost. Nur ich nicht“, sagt die Wissenschaftlerin augenzwinkernd. „Die Studien sind in zwei Gruppen unterteilt: die eigentliche Impfgruppe und die Placebogruppe, die zur Kontrolle dient und in der kein Impfstoff verabreicht wird. Der Teilnehmer selbst weiß aber nicht, in welche der Gruppen er zugeordnet wurde.“
Steckbrief: Dr. Christina Lückel
2003 bis 2006 Ausbildung in der Schreinerei Hess in Schwarzenau
2006 bis 2009 Abitur am Siegerlandkolleg
2009 bis 2012 Biologiestudium auf Bachelor an der Uni Marburg
2012 bis 2014 Master in Molecular and Cellular Biology
2014 bis 2018 Doktorarbeit
Februar bis Mai 2017 Forschung im Rahmen der eigenen Doktorarbeit an der Walther and Eliza Hall, Australiens ältestes medizinisches Forschungsinstitut
Seit 2018 Grundlagenforschung am Institut für Immunologie an der Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz
Dr. Lückel war schnell klar, dass sie zur Placebogruppe gehörte. „Zu der Zeit der laufenden Studie kam dann auch für mich das reguläre Impfangebot durch meinen Arbeitgeber. Ich konnte direkt nach der ersten Impfung erfragen, ob ich bei der Studie tatsächlich Impfstoff erhalten habe. Dem war nicht so. Daraufhin musste ich mich entscheiden, ob ich die Studie weiterführe oder das Impfangebot annehme. Da ich im Labor mit vielen Menschen zu tun habe, entschied ich mich gegen die Studie und für die Impfung.“
Die Studie
Auch interessant
„Es gibt zwei Impftermine sowie fünf Kontrolltermine, so Dr. Lückel. Bei den Kontrollterminen wird dem Teilnehmer Blut abgenommen und die Antikörpertiter, also die Antwort des Immunsystems auf den Impfstoff, untersucht.“ Das klingt erst mal kompliziert, aber die 34-Jährige erklärt es noch mal einfach: „Es ist ein bisschen wie in der Schule. Im bestmöglichen Fall soll das Immunsystem das Virus durch die Impfung kennenlernen, um sich bei einer Ansteckung sofort zu erinnern und zu reagieren. So wird bei den Blutabnahmen überprüft, ob die Zellen Antikörper gebildet haben, die das Virus unschädlich machen. Wenn die Studie abgeschlossen und ausgewertet ist, kann der Impfstoff zugelassen werden.“
Die Freiwilligen
„Studien für einen Impfstoff laufen weltweit parallel, mit Zehntausenden Freiwilligen. Das ist schon verrückt, aber auch wichtig, denn die Impfrisiken müssen natürlich minimal sein. Und ja, bei dieser Studie bekam man je Termin 70 Euro.“
Der Sinn
Auch interessant
Einen Sinn in der eigenen Arbeit sehen, etwas für die Gesellschaft tun können, wenn es darauf ankommt – das ist der 34-jährigen Wissenschaftlerin am wichtigsten. „Manchmal habe ich mich während den insgesamt acht Jahren Studium und Doktorarbeit – während andere feierten und ich lernte – gefragt: Warum mache ich das hier eigentlich? Heute kann ich sagen: Weil es sich lohnt“ , sagt Dr. Lückel und schüttelt lachend den Kopf.
Eine traurige Begebenheit bestärkte sie in ihrer Einstellung: „Im Rahmen meiner Doktorarbeit forschte ich an einem Multiple-Sklerose-Medikament. Dann erkrankte eine Kollegin aus meiner Forschungsgruppe selbst an MS – und bekam das Medikament, an dem ich arbeitete. Ja, es lohnt sich“, erklärt die 34-Jährige mit nachdenklicher Miene.
Die Heimat
Auch interessant
Auch der elterliche Hof in Wunderthausen ist für die gebürtige Wittgensteinerin nach wie vor wichtig: „Außerhalb von Corona bin ich fast jedes Wochenende zu Hause. Es ist ein absoluter Ausgleich für mich – die Ruhe, das Leben mit der Natur, dem Wald und den Tieren, das brauche ich einfach.“