Erntebrück/Siegen. „Er ist der schlechteste Mensch der Welt“ – das sagt der Vater über den Sohn, der sich wegen Vergewaltigung verantworten muss.

Der Verteidiger hatte auf ein „Durchkommen“ gehofft und damit ein Urteil gegen seinen Mandanten gemeint, der am 18. März vergangenen Jahres in Erndtebrück eine Frau vergewaltigt haben soll. Am Dienstag wird dieses Anliegen aber auf ganz andere Weise erschwert, weil neben dem Anwalt selbst ein Richter und der Sachverständige wetterbedingte Probleme haben, überhaupt nach Siegen, nun ja, durchzukommen.

Erst mit zwei Stunden Verspätung kann der Verhandlungstag starten und ist dann nach gut 60 Minuten bereits wieder vorbei. Im Idealfall hätte sich der Angeklagte vor Ostern untersuchen lassen, der Gutachter noch einige Zeugen gehört und dann seine Einschätzung abgegeben. Plädiert werden sollte allerdings nach Auskunft der Nebenklagevertreterin auf keinen Fall mehr. Da sei sie sich mit der Staatsanwältin einig, „wir wollen das Gutachten erst einmal lesen.“

Zwei Termine verpasst

So weit kommt es nicht einmal ansatzweise, weil der mutmaßliche Täter gleich zwei Termine bei Nervenarzt Dr. Bernd Roggenwallner nicht hat wahrnehmen können. Und dieser nun am frühen Nachmittag schon wieder an einem anderen Ort sein muss. Es wird ein weiterer Explorationstermin ausgemacht, an einem Sonntag (11. April) um 16 Uhr, bis dahin möchte Dr. Roggenwallner die extra geladenen Zeugen auch gar nicht vernehmen.

„Sie sollten sich den Vater ruhig einmal anhören“, rät Verteidiger Uwe Krechel, der zwischenzeitlich etwas früher in Siegen war und die Anwesenden mit launigen Geschichten aus seiner Karriere unterhalten hat. Also wird der Vater des Angeklagten (45) gehört, der ein düsteres Bild des Sohnes zeichnet. Der halte ihn

Auch interessant

„für den schlechtesten Menschen der Welt“, suche ständig Streit und provoziere zu Hause eine Prügelei nach der nächsten. „Es ist ja nicht schön, so etwas über den eigenen Sohn sagen zu müssen“, klagt der Zeuge unter anderem über ein lädiertes Schienbein und hat keine Erklärung für das Verhalten seines Sohnes.

Seit ein paar Jahren „Terror“

Er habe selbst in jungen Jahren einige Drogenerfahrungen gemacht, sieht dem Angeklagten an, dass dieser zumindest kiffe und Tabletten nehme. Daneben sei der Alkohol immer schlimmer geworden in dessen Leben. Der Junge sei immer etwas aufmüpfig gewesen, „wir waren aber trotz allem eine normale Familie“. Seit drei oder vier Jahren gehe aber gar nichts mehr, gebe es keine Kommunikation mehr, nur noch Terror.

Auch interessant

Ausziehen wolle der Sohn aber frühestens mit 25: „Das halte ich nicht aus!“ Mit seiner Frau komme der Sohn etwas besser zurecht, „mit mir gar nicht“. Dazu höre er ständig von Bekannten und Kollegen, dass der Angeklagte Lügen über ihn erzähle. Der 22-Jährige habe die Schule abgeschlossen aber keine Lust auf eine Ausbildung gehabt, lasse sein Zimmer verkommen und hänge manche Tage bis in die Nacht mit Junkies herum. Über den Fall sei zu Hause kaum gesprochen worden.

Freundin in gewissem Maße „mitverantwortlich“

Der Sohn erinnere sich auch gegenüber der Mutter an nichts von jenem Abend, wie auch an diverse Prügeleien zwischen ihnen beiden. Zu einem gewissen Maße verantwortlich sieht der Zeuge die Freundin seines Sohnes, die diesen zu Beginn des Verfahrens entlastet hatte. Die habe bei ihm „Haus- und Hofverbot“, bei ihren Besuchen stundenlang nur rumgebrüllt, Ärger gemacht, seinen Sohn betrogen und schlecht behandelt.

Auch interessant

Trotzdem seien sich die beiden in einer Sekunde „spinnefeind gewesen“, in der nächsten wieder vereint gegen ihn. Mit Drogen habe die allerdings nichts zu tun gehabt und den Angeklagten davon wegbringen wollen: „Saufen ist besser als Kiffen!“ Die junge Frau, vom Angeklagten inzwischen als „Ex“ bezeichnet, soll nun erst am 22. April gehört werden. Der Vater soll dann auch noch einmal kommen. Die Mutter wird abgeladen, da sie nicht aussagen möchte. Die Kammer beschwört den Angeklagten noch einmal, diesmal den Termin mit dem Gutachter einzuhalten.