Wittgenstein. Der Schießsportleiter des Schützenkreises Wittgenstein spricht über die Folgen des Lockdowns und Auswirkungen des Waffengesetzes.
In Zeiten von Corona-Pandemie und Lockdown müssen die meisten Vereine auf Versammlungen, Training und Feste verzichten. Das betrifft auch die heimischen Schützen. Nicht nur Schützenfeste sind dem Virus zum Opfer gefallen, auch das Sportschießen pausiert trotz Hygienekonzepten. Darüber und auch über das Imageproblem in Zeiten von Straftaten mit Waffen haben wir mit dem Sportleiter des Schützenkreises Wittgenstein, Patrick Strackbein, gesprochen.
Schießsport gilt als teures Hobby. Stimmt das?
Das kommt ganz auf die Disziplin an, die Großkaliber-Disziplinen sind im Verhältnis zu den anderen Disziplinen am teuersten: Hier kann man zum Teil von einem Euro pro Schuss, bei 50 Schuss pro Wettkampf ausgehen. Wir haben aber viele Disziplinen, wie zum Beispiel im Luftdruck- oder Bogenbereich, bei denen man in den meisten Fällen nur den Vereinsbeitrag zahlt. Den Rest übernimmt der Verein. In den meisten Schützenvereinen im Altkreis Wittgenstein liegt der Vereinsbeitrag zwischen 30 bis 40 Euro pro Jahr, was im Vergleich zu anderen Sportarten durchaus günstig ist.
Die Corona-Pandemie legt das Vereinsleben lahm. Feste, Versammlungen und Wettkämpfe sind nicht möglich. Wie erleben Sie als Schütze diese Situation?
Steckbrief: Patrick Strackbein
Patrick Strackbein ist 29 Jahre alt und lebt in Wunderthausen. Er ist im Verkauf bei EJOT beschäftigt.Der Gesamtsportleiter des Schützenkreises Wittgenstein ist in gleicher Funktion bei seinem Heimatverein in Wunderthausen als Sportleiter tätig.
Es ist sehr schade, das im Lockdown fast das gesamte Vereinsleben zum Stillstand kommt. Man kommt sich hilflos vor, da man nichts dagegen tun kann. Trotzdem wird aber von den Verantwortlichen der Vereine hinter den Kulissen, von Zuhause aus, mit Vorbereitungen begonnen, um den Betrieb schnellstmöglich nach Freigabe wieder aufzunehmen.
Untersagte Volksfeste sind das eine, aber könnten Sie Trainings- und Wettkampfbetrieb auch unter Corona-Bedingungen darstellen?
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Ja, das können wir. Das ist im letzten Jahr ab Sommer auch erfolgt. Viele Vereine haben Hygienekonzepte aufgestellt und mit den zuständigen Ordnungsbehörden abgestimmt. Danach konnte der Trainingsbetrieb wieder aufgenommen werden. Auch die Kreismeisterschaften konnten wir mit gesonderten Hygienekonzepten im Outdoor-Bereich fast komplett durchführen, bis der 2. Lockdown kam und wir den Betrieb wieder einstellen mussten.
Manche Vereine befürchten Austritte. Mich interessiert aber die andere Seite. Wie können Sie unter diesen Bedingungen Nachwuchs für Sport und Brauchtum gewinnen und halten?
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Hier müssen wir immer wieder aufs Neue auf die Situationen reagieren. Viele Vereine haben im letzten Sommer schon kreative Möglichkeiten gefunden, ihre Mitglieder zu erreichen. Durch solche Aktionen machen wir natürlich auch auf uns aufmerksam. Das die Vereine auch mehr Digital machen, kommt - denke ich - gerade bei den jüngeren Menschen gut an. Durch die Präsenz im Internet, auf Facebook oder Instagram können viele junge Menschen unser Brauchtum neu erleben, sei es durch Videos oder auch einfach beim Durchstöbern der Internetseiten des Vereins. Wichtig sind aber auch immer gemeinsame Fahrten oder Veranstaltungen, auch wenn sie derzeit nur im kleinen Rahmen stattfinden können.
Nach Amokläufen oder Straftaten mit Waffen ertönt häufig der Ruf nach schärferen Gesetzen und Kontrollen. Wie schätzen Sie die Gefährdungslage ein?
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Ich schätze die Gefährdungslage durch Legal-Waffenbesitzer gering ein. Wir haben in Deutschland eines der strengsten Waffengesetze der Welt. Hier liegt es meiner Meinung nach nicht an der Schärfe der Gesetze, durch die diejenigen überwacht werden, die sowieso schon registriert sind, sondern viel mehr daran, dass es heute durch das Darknet oder weniger Grenzkontrollen einfacher geworden ist, an illegale Waffen zu gelangen. Natürlich stehe Ich für ein offenes Europa ohne Grenzen. Allerdings bringt das Gute auch meist etwas unschönes mit sich, was durch Kriminelle gnadenlos ausgenutzt wird und wodurch unschuldige Menschen zu schaden kommen.
Bei der Erteilung von Waffenbesitzkarten für Sportschützen spielen die Vereine eine wichtige Rolle. Wie können Sie als Verein sicherstellen, nicht nur als „Waffenbeschaffer“ missbraucht zu werden?
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Unsere Sportlichen Leiter sind gut von den Verbänden geschult und ausgebildet. Auch durch die Tatsache, dass wir als Sportgeräte Waffen benutzen, sind wir natürlich sehr vorsichtig. Unsere Schieß- und Schützenvereine im Altkreis Wittgenstein gehen hier sehr gewissenhaft vor und unterstützen nicht leichtfertig die Erteilung einer Genehmigung zum Erwerb von Waffen. Neuen Mitgliedern wird meist direkt verdeutlicht, dass man über die Vereine nicht schnell an Schusswaffen gelangt.
Wie läuft das ab?
In den meisten Fällen, durchlaufen die neuen Mitglieder erst einmal eine Kennenlernphase. Das heißt, dass der Sportleiter darauf schaut, wie verhält sich der Schütze am Stand, gibt es saloppe Aussagen, die auf gewisse Gesinnungen hindeuten könnten, oder fällt derjenige vielleicht durch aggressives Verhalten auf. Wir sprechen hier nicht von einem kleinen Gespräch, sondern von einer Zeit von 1 bis 3 Jahren. Hier geht man bei uns lieber auf Nummer sicher. Versagen dann doch die menschlichen Fähigkeiten und es handelt sich um jemanden mit bösen Absichten, wird dies spätestens durch die Kreispolizeibehörde aufgedeckt, wo jeder der eine Waffenbesitzkarte beantragt, durchleuchtet wird.
Was macht den Schießsport aus?
Dazu möchte ich auf die Vielfältigkeit unseres Sports aufmerksam machen. Es ist eigentlich für fast jeden eine Sportart dabei. Der Vorteil beim Schießsport besteht darin, dass man ihn mit der ganzen Familie ausüben kann. Ich kann jedem empfehlen, mal an einem Schnuppertrainig oder einer Ortsveranstaltung im Schießsport teilzunehmen und sich von den Möglichkeiten selbst zu überzeugen, oder sich vor Ort beraten zu lassen.