Jasmin Lauber aus Girkhausen absolviert ein duales Studium im Bauingenieurwesen. Was die 22-Jährige empfindet und vermisst, erzählt sie heute.
Prinzipiell finde ich es persönlich schlimm, dass man eigentlich keine Kontakte mehr zu anderen hat, außer den engsten Familienmitgliedern. Keine Veranstaltungen, keine Feiern, kein Schützenfest, kein an der Theke Stehen. Da trifft man ja doch oft auch Leute, die man sonst selten oder gar nicht sieht. Auch meine Mithilfe in der Jugendarbeit beim Kirchenkreis ist völlig zum Erliegen gekommen – CVJM, junge Erwachsenen-Kreis, Konfi-Treff. Ich war dieses Jahr nur als Teilnehmerin bei der Jugendbibelwoche in Dotzlar – mit Online-Anmeldung. Draußen wurde die Platznummer aufgerufen, Stühle mit Bändern abgesperrt, wir durften nicht singen. Es war ganz komisch.
Da ich zurzeit online studieren muss und auch nicht arbeite, komme ich gar nicht unter Menschen. Ich versuche zumindest täglich je nach Uni-Plan vor oder nach den Vorlesungen ein bis zwei Stunden rauszugehen, Fahrrad zu fahren, zu laufen, zu fotografieren, aber abends wird es ja früh dunkel. Ich sitze an manchen Tagen von morgens bis abends vorm Rechner, höre zu. Das ist ziemlich anstrengend. Momentan bin ich hier in Wittgenstein bei meiner Familie und sitze nicht ganz alleine in meinem Zimmer in Wetzlar.
Im ersten Semester 19/ 20 haben wir uns ja alle noch an der Uni gesehen. Man konnte Leute kennen lernen, sich gegenseitig helfen, Fragen stellen und Erfahrungen austauschen. Das geht jetzt alles nicht. Ich spare zwar die Fahrtkosten einmal in der Woche von Girkhausen nach Wetzlar und zurück und es gibt auch Module, die online vom Sofa zu Hause angenehmer sind, trotzdem aber würde ich gerne wieder tauschen und ein „normales“ Semester absolvieren.
Und in der Firma waren in meinen ersten Semesterferien im April alle im Homeoffice. Ich konnte kaum Kontakte knüpfen. Im Sommer ging es besser. Da hatten sich alle ein bisschen an Corona gewöhnt. Es waren mehr Kollegen vor Ort. Da war ich u.a. im Außendienst. Auf Baustellen ist es üblich, sich mit Bauherrn, Architekten, Handwerkern usw. mit Handschlag zu begrüßen. Jeder streckte anfangs noch die Hand aus, ach nee, das dürfen wir ja nicht mehr. Oder, wenn man sich gemeinsam dort Baupläne anschauen muss, kann man keine zwei Meter Sicherheitsabstand halten. Vielfach wird seit Corona aber auch online kommuniziert, per Videostream z.B. Ich schicke dem Statiker Fotos, er schickt mir zeitnah sein Ok zurück, anstatt sich zu persönlich am Bau zu treffen und anschließend den Bericht abzuwarten.
Es spart Zeit und vieles geht so auch, aber ich persönlich gehe auch gerne selbst über die Baustellen und schaue vor Ort. Manches sieht man besser als auf Fotos. Die coronabedingte Digitalisierung hat Vor- und Nachteile, finde ich. Man hat ja zurzeit schon ein komisches Gefühl, wenn man im Geschäft beim Einkaufen mit seinem Wagen dichter als erlaubt an jemandem herfahren muss, weil da gerade kein Platz ist. Schlimm.
Mein Ausblick auf 2021: Ich möchte mal wieder ohne schlechtes Gewissen Leute treffen oder auf der Straße ansprechen und irgendwann mal wieder auf Konzerte und Festivals gehen.
Zur Person
Jasmin Lauber aus Girkhausen absolviert ein duales Studium im Bauingenieurwesen mit dem Schwerpunkt Baumanagement, Konstruktion, Infrastruktur in Wetzlar an der Technischen Hochschule Mittelhessen und arbeitet in den Semesterferien jeweils in verschiedenen Abteilungen bei der Firma Hundhausen Bauunternehmung in Siegen. Nach einem regulären Semester kam Corona und alles wurde anders – an der Uni, im Job und privat. Was die 22-Jährige empfindet und vermisst, erzählt sie heute.