Wittgenstein. Fragt man die Frauen, ist die Ursache für die schwächer ausgeprägte weibliche Abgeordnetenzahl klar.

Wie weiblich ist die wittgensteiner Politik? Diese Frage lässt sich beim Blick auf die Zahlen ein Stück weit beantworten. In Bad Berleburg ist ein Drittel der Stadtverordneten weiblich. In Bad Laasphe ist es ein Viertel, in Erndtebrück gerade mal knapp ein Siebtel.

Wichtiger aber sind die Stimmen von Politikerinnen zu diesem Thema. In Bad Berleburg erleben Frauen in der CDU einen Aufschwung. „Wir sind aber immer noch nicht da, wo wir hin wollen“, sagt Ursula Belz. Die CDU-Ratsfrau ist lange im politischen Geschäft und hätte gern mehr Frauen in Parlamenten, weil „Frauen in aller Regel praktischer und zielorientierter Politik machen.“ Vielleicht seien die oft langwierigen Entscheidungsprozesse auch einer der Gründe, warum es schwierig sei, Frauen für politische Arbeit zu begeistern. „Hätten wir mehr Frauen, würde sich die politische Arbeitsweise ändern“, stellt Belz eine provokante These auf.

Alte Denkmuster

Frauen in der Politik Bad Berleburg
Frauen in der Politik Bad Berleburg © Manuela Nossutta / Funkegrafik NRW | Manuela Nossutta / Funkegrafik NRW

Anne Bade von Bündnis 90/Die Grünen in Bad Laasphe sagt mit der Erfahrung von zehn Jahren im Stadtrat und 15 Jahren im Kreistag: „Ich finde es ganz wichtig, mehr Frauen in den Parlamenten zu haben, weil Themen mit einer männlichen und einer weiblichen Note diskutiert werden.“ Gerade bei Themen wie der Vereinbarkeit von Kindern und Beruf sei es wichtig, diese Belastungen darzustellen, sagt Bade, die selbst vier Kinder groß gezogen hat und neben ihrem Beruf immer auch Politik gemacht hat.

Dass es schwer sei, Frauen zu begeistern, führt sie auf die Strukturen und vorgeprägten Denkmuster zurück. Bade leitet eine Fraktion, die seit geraumer Zeit zu zwei Dritteln aus Frauen besteht. Hintergrund ist der bei den Grünen übliche Modus, immer abwechselnd Männer und Frauen für Ämter zu nominieren.

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Bereits in der dritten Wahlperiode im Bad Laaspher Rat ist die Banfer CDU-Politikerin Elvira Haßler, die ein andere Sicht auf die politische Arbeit hat: „Es macht für mich keinen Unterschied, ob ich Themen mit Männern oder Frauen diskutiere. Wir sind als Fraktion eine Einheit und es macht großen Spaß in diese Team zu arbeiten“, sagt Haßler. Gleichzeitig hat sie ihre Erklärung für die nach wie vor in der Kommunalpolitik unterrepräsentierten Frauen: „Viele Frauen haben schlicht keine Zeit. Wir haben zum Beispiel auch 80 Prozent Helikoptermütter“, kritisiert Haßler .

Nicht nur Männerthemen

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Sandra Peiser ist eine von inzwischen nur noch drei Ratsfrauen in der Bad Berleburger SPD-Fraktion und beim Thema Frauen in der Politik sofort engagiert bei der Sache: „Das ist superwichtig!“ Immerhin gebe es ja nicht nur Männerthemen in der Politik. „Frauen sind zum Beispiel am Thema Kindererziehung viel dichter dran“, sagt Peiser, die selbst Mutter ist.

Region Frauen in der Politik
Region Frauen in der Politik © Manuela Nossutta / Funkegrafik NRW | Manuela Nossutta / Funkegrafik NRW

Dass in der CDU-Fraktion Bad Berleburg inzwischen drei Frauen mehr sitzen als zuvor, während in der SPD die Zahl von vier auf drei geschrumpft ist, sieht sie im Verhältnis: Beide Fraktionen hätten gerade mal ein Drittel ihrer Mandate an Frauen vergeben. „Da ist von Frauenförderung keine Spur“, zeigt Peiser klare Kante. Aus Peisers Sicht sei es auch deshalb wünschenswert, mehr Frauen in politische Ämter zu bekommen, „weil 80 Prozent der Frauen Politik machen, um etwas zu bewegen. Die meisten Männer sind wegen der Macht in der Politik. Und wenn sie einmal dabei sind, kleben sie an ihren Posten“.

Doris Benfer, FDP-Ratsmitglied in Erndtebrück, gehört zu den weiblichen Konstanten in der Kommunal in Wittgenstein und kann sich noch gut erinnern, wie sie den Weg zur Politik gefunden hat. „Bei mir war es der Kindergarten in Benfe, für den ich eine Notgruppe einrichten wollte. Danach hat mich Heinz-Georg Grebe von der FDP angesprochen.“ Ein Weg zur Politik sei das Engagement in Pflegschaften von Kindergärten und Schulen weiß Benfer. Und wichtig seien auch Erfolgserlebnisse: „Wenn man ein Gerechtigkeitsempfinden hat und auch schon mal was geschafft hat, dann gibt man auch nicht so schnell auf“, weiß die Erndtebrückerin. Allerdings sei es schwierig, neues Personal für die Parteien zu werben: „Es ist eben auch alles mit viel Arbeit verbunden.“

Eine reine Frauenfraktion

Eine völlig neue Erfahrung werden die Stadtverordneten in Bad Berleburg in dieser Legislaturperiode machen – mit einer ausschließlich weiblich besetzten Ratsfraktion: Die Unabhängigen Wähler haben einen Personalwechsel vollzogen. Mit Marion Linde und Nadine Raad sitzen zwei Frauen in der Stadtverordnetenversammlung. Damit habe die UWG auch bereits eines ihrer politischen Ziele erreicht: „Die Zukunft ist weiblich“, formuliert Marion Linde einen Satz, mit dem sie schon als Bürgermeisterkandidatin in die Kommunalwahl gegangen ist.

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„Es war uns auch ein großes Anliegen, die Wahlkreise mit Frauen zu besetzen“, sagt Linde, die - wie alle anderen auch - die enormen PeProbleme beschreibt: „Es ist schwierig, Frauen für Politik zu begeistern, weil sie auf kommunaler Ebene fast nicht stattfinden“, sagt Linde.

In der neuen Besetzung möchte sie das ändern und eigene Schwerpunkte, vor allem im Gesundheitssektor und dem Tourismus, setzen. Als Vorteile sieht sie, dass sowohl Raad als auch sie selbst aus dem Dienstleistungssektor kämen und auch einen Unternehmerischen Hintergrund mitbrächten.