Bad Berleburg. Das Oberlandesgericht hat einen Beschluss gefasst. Damit ist der Streit um das millionenschwere Fürstenerbe entschieden - Zumindest vorerst.

Die Entscheidung im Rechtsstreit um das Fürstenerbe der Familie zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg ist gefallen. Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte Informationen dieser Zeitung, dass Gustav Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg die juristische Auseinandersetzung gewonnen habe.

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Gustav Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg ist als Nacherbe des zum 31. Dezember 1945 für Tod erklärten Fürst Gustav Albrecht zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg bestätigt worden. Eine Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ist nicht zugelassen. Mit diesem Beschluss hat das OLG Hamm eine erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichtes Bad Berleburg bestätigt. Sie ist damit rechtskräftig. Dennoch kann die unterlegene Seite der Familie noch Rechtsmittel ausschöpfen.

Das sagt der Erbe

„Das OLG hat seine Entscheidung sehr ausführlich begründet, sich mit allen juristischen Fragen detailliert auseinandergesetzt und auch die historischen und familiären Zusammenhänge kenntnisreich gewürdigt“, kommentiert der Erbe die Entscheidung. Er sieht sich in seiner Rechtsauffassung bestätigt.

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„Ich bedauere den von der Gegenseite angestrengten Rechtsweg. Dadurch ist das Ansehen der Familie beschädigt worden“, so Gustav Prinz zu Sayn-Wittgenstein weiter.

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Nun kann er die Hofnachfolge seines Großvaters in der Wittgenstein-Berleburg’schen Rentkammer antreten. Der Forstbetrieb mit mehr als 13.000 Hektar Wald und landwirtschaftlichen Flächen wird auf einen Wert von etwa 500 Millionen Euro taxiert. Zur Erbmasse gehört auch das barocke Residenzschloss der Grafen und späteren Fürsten zu Sayn-Wittgenstein in Bad Berleburg.

Das sagt die Gegenseite

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„Wir halten diesen Beschluss des Oberlandesgerichtes für falsch!“, formuliert Dr. Henrich Schleifenbaum als Rechtsanwalt des Beschwerdeführers die grundsätzliche Kritik. Schleifenbaum hat das 45-seitige Papier des Oberlandesgerichtes am Mittwoch zugestellt bekommen und dazu eine elfseitige Erwiderung verfasst. Er werde Prinz Ludwig Ferdinand empfehlen, gegen diesen Beschluss alle in Frage kommenden Rechtsbehelfe zu nutzen. Schleifenbaum rät zu einer Nichtanhörungsrüge und will eine Gegenvorstellung formulieren, weil das Oberlandesgericht die Argumente nicht berücksichtigt habe.

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Weil man gleichzeitig befürchtet, dass das Oberlandesgericht diese ebenfalls zurückweise, bereitet die Siegener Kanzlei auch eine Verfassungsbeschwerde vor.

Der Ursprung des Streits

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Nach dem Tod von Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein Berleburg im Jahr 2017 war 2019 der innerfamiliäre Rechtsstreit zwischen dessen Sohn und einem Cousin des Verstorbenen entflammt. In einer ersten Instanz war vor dem Landwirtschaftsgericht Bad Berleburg im Verfahren um die Erteilung eines Erbscheins und die „Hofnachfolge“ eine erste Entscheidung ebenfalls zu Gunsten des Sohnes, Gustav Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (51), getroffen worden. Dagegen hatte Ludwig Ferdinand Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (78) Beschwerde eingelegt und war in nächster Instanz vor das Oberlandesgericht Hamm gezogen.

Laut dem Sprecher des Oberlandesgerichts Hamm, Richter Martin Brandt, ist es ungewöhnlich, dass die Entscheidung in einem solchen Verfahren veröffentlicht wird, weil diese üblicherweise nichtöffentlich stattfinden. Nur aufgrund der Bekanntheit der Familie und des großen Interesses werde zumindest der Ausgang des Verfahrens mitgeteilt, heißt es aus Hamm.

Die Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht teilt Folgendes mit: „Der 10. Zivilsenat – Senat für Landwirtschaftssachen – des Oberlandesgerichts Hamm hat die Beschwerde gegen den Beschluss des Landwirtschaftsgerichts Bad Berleburg vom 18. April 2019 (Az. 2 Lw3/17) zurückgewiesen. Mit seinem Beschluss vom 23. Juli 2020 hat der Senat nach einer – von Gesetzes wegen – nicht öffentlichen Anhörung der am Verfahren beteiligten Personen am 14. Juli 2020 die – auch weitgehend in ihrer Begründung – zutreffende Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts Bad Berleburg bestätigt. Damit sind zu Recht dem Beschwerdegegner aus Bad Berleburg aufgrund eines Testaments des Erblassers aus dem Jahr 1943 ein Erbschein erteilt sowie der Erbscheinantrag des Beschwerdeführers aus Bad Laasphe zurückgewiesen worden. Der Senat hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.“

Juristische Hintergründe

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Rechtliche Grundlage für die Erbauseinandersetzung ist ein über 70 Jahre altes Testament von Richards Vater Gustav Albrecht Prinz zu Sayn-Wittgenstein. „Das ist ein beeindruckendes Zeitdokument - ein zehnseitiges handschriftliches Testament, das der Erblasser in einem Feldurlaub 1943 verfasst hat“, beschreibt Dr. Henrich Schleifenbaum im Gespräch mit dieser Zeitung das Papier, mit dem der 1944 in Russland vermisste Prinz Gustav Albrecht seinen Nachlass geregelt hat. „Der Erblasser wollte das Vermögen zusammenhalten“, sagt Schleifenbaum, der als Anwalt den Beschwerdeführer Ludwig Ferdinand zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg vertreten hat.

Familienstand

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Gustav Albrecht vererbte den Besitz nicht seinem 1934 geborenen Sohn Richard, sondern dessen noch ungeborenen ersten Sohn - Gustav - unter der Bedingung, dass dieser zum Zeitpunkt seines Erbantritts mit einer adelig geborene Frau verheiratet sei solle. Sein Enkel Gustav Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg ist unverheiratet hat aber eine bürgerliche Lebensgefährtin. Dies, so hatte das Gericht schon während der Anhörung argumentiert, sei auch im europäischen Hochadel inzwischen akzeptiert.

Wirtschaftsfähigkeit

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Der Beschwerdeführer hatte darüber hinaus einen zweiten Punkt. Er zweifelte die „Wirtschaftsfähigkeit im Sinne der Höfeordnung“ von Gustav Prinz zu Sayn-Wittgenstein an, weil dieser kein studierter Forstwirt sei. Auch in diesem Punkt folgte das Oberlandesgericht offensichtlich nicht der Argumentation.