Wittgenstein. Hospizbegleiterinnen des Ambulanten Hospizdienstes Wittgenstein erzählen, wie sie Menschen helfen und was sie bei ihrer Arbeit glücklich macht.

In den letzten Stunden des Lebens gibt es Glücksmomente. Sie mögen nicht so überschwänglich sein, wie im vollen Leben. Aber im Nachklang sind sie meist umso bedeutungsvoller. Mechthild Bernshausen (68), Marion Wunderlich (61) und Claudia Braun (61) sind ehrenamtliche Hospizbegleiterinnen beim Ambulanten Hospizdienst Wittgenstein. Bei ihrer Arbeit werden sie immer wieder aufs Neue mit Tod und Trauer konfrontiert. Dennoch haben sie auch hier ihre kleinen Glücksmomente gefunden. Die drei Frauen erzählen, wie sie den Sterbenden beistehen und warum sie das Ehrenamt auch anderen Menschen ans Herz legen.

Wittgenstein: Motive für Engagement beim Ambulanten Hospizdienst sind vielfältig

„Glücksmomente ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Aber ich freue mich natürlich, wenn mir ein Mensch, den ich begleite, die Hand drückt und mir damit zeigt, dass ihm meine Anwesenheit gut tut!“, sagt Marion Wunderlich aus Weidenhausen. Viele Menschen schreckt der Tod ab. Mechthild Bernshausen, Marion Wunderlich und Claudia Braun setzen sich ihm ganz bewusst aus. Sie wollen Sterbenden und ihren Angehörigen in der für sie schlimmsten Zeit beistehen. „Ich habe selbst erfahren, wie wertvoll die Hilfe in extremen Situationen ist“, sagt Claudia Braun aus Erndtebrück. Sie selbst hat schmerzvolle Verluste und Erfahrungen durchlebt. „Daraus habe ich gelernt.“ Mit viel Einfühlungsvermögen möchte sie dieses Wissen weitergeben und Betroffenen helfen.

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Ihre Kollegin Mechthild Bernshausen aus Puderbach engagiert sich aus ähnlichen Gründen als Hospizbegleiterin: „Im fortgeschrittenen Lebensalter und mit mehr Zeit als früher will ich noch etwas Sinnvolles tun.“ Marion Wunderlich erzählt: „Die Frage nach dem Warum wird mir öfters gestellt. Ich kann sie eigentlich nur damit beantworten, dass es mir eine Herzensangelegenheit ist und ich mir nie die die Frage gestellt habe: Warum?“

Hospizbegleiter-Ausbildung in Wittgenstein mit 100 Unterrichtseinheiten

Alle drei Frauen haben einen Befähigungskurs zur Hospizbegleiterin abgeschlossen. Der wird regelmäßig und kostenlos vom Hospizdienst des Diakonischen Werks Wittgenstein angeboten. „Dieser Kurs umfasst 100 Unterrichtseinheiten und ist aufgeteilt in einen Grundkurs, ein Praktikum und einen Aufbaukurs“, erläutert Marion Wunderlich. Hier werden Erfahrungen mit Krankheiten, Leid, Sterben, Tod und Trauer reflektiert. „Es war eine wertvolle Zeit, in der ich viel gelernt habe, auch über mich selbst“, sagt Mechthild Bernshausen rückblickend. Sie hat 2015 die Ausbildung zur ehrenamtlichen Hospizbegleiterin gemacht, Marion Wunderlich 2017 und Claudia Braun 2019.

Corona-Krise sorgt für Veränderungen

Das Team des Ambulanten Hospizdienstes Wittgenstein setzt sich aus drei hauptamtlichen Koordinatorinnen und über 60 ehrenamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zusammen.

Im Zuge der Corona-Krise hat sich auch ihre Arbeit verändert. Seit Mitte März waren keine Hausbesuche mehr möglich. Erst seit Anfang Juni dürfen die Ehrenamtlichen zum Teil wieder Begleitungen übernehmen. Vorausgesetzt, es werden alle nötigen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen eingehalten.

Die Zeit des strikten Kontaktverbots überbrückten die Hospizbegleiterinnen unter anderem mit Telefongesprächen mit ihren Klienten oder indem sie diesen Postkarten sendeten.

Weitere Informationen zur Arbeit des Ambulanten Hospizdienstes Wittgenstein gibt es im Internet unter www.diakonie-wittgenstein.de. Interessierte, die einen Befähigungskurs zum Hospizbegleiter machen möchten oder weitere Fragen haben, können sich unter 02751 921-452 melden.

Gewisse Voraussetzungen muss man nicht erfüllen, wenn man ehrenamtlicher Hospizbegleiter werden möchte. „Ein bisschen Zeit müsste man mitbringen und empathisch sollte man sein“, betont Mechthild Bernshausen. Das Wichtigste sei, die Bedürfnisse und Wünsche von Sterbenden und der Angehörigen zu erkennen und zu fühlen, ergänzt Claudia Braun. Der Wunsch, anderen zu helfen und beizustehen, solle aber vorhanden sein, so Marion Wunderlich.

Ambulanter Hospizdienst Wittgenstein: Hospizbegleiterinnen erhalten Beistand

Die Ausbildung hat die drei Frauen gelehrt, wie man mit Tod und Trauer am besten umgeht. Wenn ein Mensch, den sie lange betreut haben, stirbt, ist es trotzdem jedes Mal aufs Neue erschütternd. „Natürlich gibt es auch immer wieder Situationen, die mir sehr nahe gehen, in denen ich traurig bin und wo ich mir die Frage stelle, ob ich alles richtig gemacht und genug getan habe“, erzählt Marion Wunderlich. Das Team um die Hospizdienst-Koordinatorinnen Tanja Baldus, Marion Bock und Karin Schneider hätten aber immer ein offenes Ohr für die Ehrenamtlichen. „Wir werden nie alleine gelassen und immer aufgefangen. Das ist ein gutes Gefühl!“, so Wunderlich. Die Hospizbegleiterinnen stehen anderen und sich untereinander bei. Keiner wird mit seinen Gefühlen alleine gelassen.

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Egal, ob man mehr oder weniger Zeit mit einem Sterbenden verbracht habe, es ginge einem immer nahe, betont Claudia Braun. „In dieser Zeit versuche ich, die Angst zu nehmen, Zuversicht zu geben, etwas Abzulenken, letzte Wünsche zu erfüllen und einfach da zu sein.“ Die Hospizbegleiterinnen sprechen mit den Sterbenden, hören zu, lesen ihnen etwas vor, beten, halten ihre Hand und zeigen den Kranken, dass sie nicht alleine sind. Je nachdem, was sich der Betroffene gerade wünscht oder was passend erscheint. „Das ist von Fall zu Fall völlig verschieden. Man muss einfach schauen. was am besten für die betreffende Person ist“, sagt Marion Wunderlich. Die Angst vor dem Tod können die Hospizbegleiterinnen den Sterbenden nicht nehmen, aber sie können sie auf dem letzten Weg begleiten.

Hospiz-Arbeit in Wittgenstein: Beim Trauern gibt es kein richtig oder falsch

„Die Arbeit als Hospizbegleiter endet nicht unbedingt mit dem Tod des Klienten, denn manchmal haben auch die Angehörigen nachher noch das Bedürfnis, zu reden oder Fragen zu stellen“, erklärt Marion Wunderlich. Ein Ort der Begegnung für Trauernde ist hier auch das Lebenscafé des Ambulanten Hospizdienstes in Bad Berleburg und Bad Laasphe, das gewöhnlich einmal im Monat stattfindet. Aber auch außerhalb dieser Treffen könne der Kontakt zu den Angehörigen noch auf verschiedenen Wegen lange bestehen bleiben, betont Mechthild Bernshausen.

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Häufig wird auch von den Menschen, die jemand Nahestehenden verloren haben, erwartet, dass sie schnell wieder in den Alltag zurückzufinden. Marion Wunderlich macht klar: „Jeder Mensch trauert anders, da gibt es kein Schema und keine Erwartungen.“ Sie versucht, den Trauernden das Gefühl zu vermitteln, dass sie mit ihrem Verlust so umgehen können, wie sie es brauchen. Claudia Braun bemerkt, dass es auch sehr gute Bücher gäbe, die helfen, einen Verlust zu verarbeiten. Immer wieder machen sich Angehörige aber auch Vorwürfe und fragen sich, ob sie den Tod des geliebten Menschen nicht hätten verhindern können. Leider gäbe es hier kein „Patentrezept“, was dagegen helfe, erklärt Mechthild Bernshausen. Hier sei das „behutsame Reden und Mutmachen“ wichtig.

Hospizbegleiterinnen in Wittgenstein: Kleine und große Gesten der Dankbarkeit

„Ich denke, bei jedem Menschen tritt Krankheit, Tod, Trauer und Angst ins Leben – meist unerwartet. Wer dann für jemand da sein kann, bekommt auch etwas zurück“, sagt Claudia Braun. Die Hospizarbeit sei eine dankbare und erfüllende Aufgabe, betont Mechthild Bernshausen. Es gäbe immer wieder schöne Momente, in denen man das Vertrauen der Menschen spüre, so Marion Wunderlich. Sie betont: „Es ist eine Arbeit tätiger Nächstenliebe und jedem, der sich davon angesprochen fühlt, würde ich sie ans Herz legen.“

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Bei der Hospizarbeit können kleine Gesten zu ganz großen werden. So beschreibt Mechthild Bernshausen ihren persönlichen Glücksmoment bei der ehrenamtlichen Arbeit: „Ich glaube, das ist ein Lächeln des Kranken, wenn ich das Zimmer betrete und ein „Bis morgen“ am Ende des Besuches.“