Bad Berleburg. Der „Gullydeckel-Anschlag“ auf die Rothaarbahn kommt in Bad Berleburg vor Gericht. Der Lokführer soll die Tat verübt haben, so die Anklage.
Ein 50-jähriger Lokführer muss sich demnächst vor dem Schöffengericht wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr und Vortäuschen einer Straftat verantworten. Die Staatsanwaltschaft Siegen geht davon aus, dass der Familienvater für den „Gullydeckel-Anschlag“ auf einen Zug der Rothaarbahn bei Bad Berleburg-Raumland am Samstag, 13. April 2019, verantwortlich ist.
Die Anklage stützt sich laut dem Siegener Staatsanwalt Rainer Hoppmann auf umfangreiche Indizien.
Sie wirft dem zur Tatzeit 49-jährigen Mann aus dem Kreis Unna vor, mehrere Gullydeckel an Seilen von der Straßenüberführung Am Steinchen/Vorderstöppel bei Raumland auf die Eisenbahnstrecke der Rothaarbahn RB93 heruntergelassen zu haben. Die gusseisernen Schachtabdeckungen wurden zuvor in Hilchenbach-Grund und Allenbach von Straßen gestohlen.
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Bei der morgendlichen Leerfahrt des Personenzuges von Erndtebrück kommenden in Richtung Bahnhof Bad Berleburg kollidierte die Regionalbahn mit dem Hindernis. Verletzt wurde damals niemand, weil der Lokführer den Führerstand rechtzeitig bei Einleiten einer Notbremsung verlassen hatte.
Mordkommission eingeschaltet
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Die Ermittler waren zunächst von versuchtem Mord ausgegangen. Deshalb übernahm noch am Tattag eine Mordkommission aus Hagen die Arbeit. Bereits am Tatort wurden umfangreich Spuren gesichert und die Zahl der Ermittler in der Folge auf 20 erhöht.
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Mittels Spuren an den Gullydeckeln und der Seilkonstruktion fanden die Beamten heraus, dass der Lokführer mutmaßlich selbst hinter dem vermeintlichen Anschlag stecken könnte. Bei der Durchsuchung des Hauptwohnsitzes des Tatverdächtigen in Lünen und dessen Zweitwohnsitzes in Erndtebrück sowie eines Fahrzeuges stießen die Ermittler auf diverse Schneidewerkzeuge, Handschuhe sowie ganz ähnliche Knoten wie an der Gullydeckel-Konstruktion am Brückengeländer. Außerdem wurden damals DNA-Spuren an den Seilknoten gesichert.
Angeklagter bestreitet die Vorwürfe
Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. Das Motiv für sein mutmaßliches Vorgehen konnte nicht ermittelt werden. „Selbst Spekulationen fallen da schwer“, sagte Staatsanwalt Hoppmann der Deutschen Presseagentur.
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Im Falle einer Verurteilung durch das Schöffengericht drohen dem Angeklagten bis zu vier Jahre Haft. Für das Vortäuschen einer Straftat werden bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafen verhängt. Im Fall des gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr können in diesem Fall Mindeststrafen ab einem Jahr bis hin zu hohen mehrjährigen Haftstrafen verhängt werden. Der Strafrahmen des Amtsgerichtes, bei dem der Fall verhandelt wird, liegt aber bei maximal vier Jahren, erläutert der Sprecher des Landgerichtes Siegen, Dr. Sebastian Merk im Gespräch mit der Redaktion. Ein Termin für die Verhandlung steht noch nicht fest.
Relativ geringer Sachschaden
Bei dem Zusammenstoß des Triebwagens der hessischen Landesbahn mit dem Hindernis entstand ein Sachschaden in Höhe von 10.000 Euro.
Die Windschutzscheibe des Fahrzeuges war bei dem Aufprall mit etwa 50 Stundenkilometern zerstört worden. Außerdem wies der Triebwagen Beulen auf.