Wittgenstein/Kreuztal. „Wir sind auf dem besten Wege von der Lobbykratie zur Lobbykratur“ lautet einer der Vorwürfe von Straßenbaugegnern am Verein Route 57.

Harte Worte finden Umweltschützer für Christian Kocherscheidts Kritik an Verzögerungen beim Bau der Südumgehung Kreuztal. „Wir sind auf dem besten Wege von der Lobbykratie zur Lobbykratur“, heißt es da in einem Schreiben des „Netzwerks Natur und Verkehr“. Und die „Aktionsgemeinschaft Rothaargebirge - Verein zur Erhaltung von Natur und Umwelt“ schreibt in einer Stellungnahme: „Herr Kocherscheidt setzt die Interessen der Allgemeinheit mit seinen Interessen gleich.“

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Kocherscheidt hatte als Vorsitzender des „Vereins Route 57“ hatte die Verzögerungen bei den Planungen für die Ortsumfahrung von Kreuztal und die damit verbundenen Verzögerungen beim Ausbau einer „Route 57“ von Kreuztal bis Schameder kritisiert. Der Bad Berleburger Unternehmer hatte dabei Bezug auf ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht genommen: Bei allem Verständnis für die rechtlichen Belange des Klägers müsse in einem Rechtsstaat die Frage erlaubt sein, wie lange und durch wie viele juristische Instanzen ein Einzelinteresse ein Infrastrukturprojekt von überragender Bedeutung ausbremsen dürfe, so Kocherscheidt.

AG Rothaargebirge

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Dazu schreibt die Aktionsgemeinschaft Rothaargebirge: „Herr Kocherscheidt hat offenbar ein anderes Verständnis von Rechtsstaat als die Juristen und die Allgemeinheit. Wenn die Interessen eines Betroffenen derart massiv betroffen sind wie die des Reitvereins, der in seiner Existenz bedroht ist, gibt es in unserem Rechtsstaat zum Glück die Möglichkeit, sich zu wehren. Hier stehen auch nicht die Interessen eines Einzelnen den Interessen der Allgemeinheit gegenüber. [...] Die Südumgehung Kreuztal liegt in der geplanten Form nicht im Allgemeininteresse. Wäre man bei der ursprünglich vorgesehenen Tunnellösung geblieben, wäre längst gebaut worden, weil hier gegen kein Einwände vorgebracht worden wären. Die jetzige Planungsvariante wurde nur durch die Einflussnahme von bestimmten Interessengruppen in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes genommen, weil diese Interessengruppen einen Anschluss an eine später zu bauende Schnellstraße durch das Rothaargebirge realisieren wollen. Dies muss aber nicht dem Allgemeininteresse entsprechen, wie der massive Widerstand breiter Bevölkerungsschichten es zeigt. Im Allgemeininteresse wäre es gewesen, wenn in den letzten Jahrzehnten die B 62 gut ausgebaut worden wäre, was längst realisiert hätte werden können. Großprojektekönnen heute nur unter der Abwägung der Interessen aller gebaut werden.“

Netzwerk Natur und Verkehr

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Das „Netzwerks Natur und Verkehr“ betont in Richtung Kocherscheidt: Es liege „keineswegs an der Trägheit der Behörden, wenn sein Wunschprojekt nicht vorankommt. Die Tatsache, dass die Bezirksregierung vier Jahre an dem Planfeststellungsbeschluss gearbeitet hat, beweist doch gerade, wie schwerwiegend und berechtigt die mehr als 400 Einwendungen gegen das Projekt sind. Vielleicht hat Herr Kocherscheidt ja auch noch die Äußerungen von Ludger Siebert, dem Leiter der Regionalniederlassung des LB Straßen NRW, im Ohr: „Wenn es uns nicht gelingt, die Ortsumgehungskette bis 2030 zu verwirklichen, ist das Projekt aus demografischen Gründen nicht mehr umsetzbar“. Mit anderen Worten: Lasst uns schnell noch eine Straße bauen, aber wenn sie fertig ist, wird sie nicht mehr gebraucht. Die Kette von Ortsumgehungen, die in Kreuztal ihren Anfang nehmen soll, ist ein schwerwiegender Eingriff in Natur und Landschaft, wie wir ihn uns heute nicht mehr leisten können. Das ist auch der Grund für die lange Planungsdauer von der Linienbestimmung (1993) bis zur Eröffnung der Planfeststellung (2014). Schon damals ergab die Nutzen-/Kosten-Berechnung (trotz aller Schönfärberei), dass einige Abschnitte wirtschaftlich nicht vertretbar sind. Aber da kam nun die Lobbyarbeit einer Handvoll mittelständischer Unternehmen ins Spiel: ihre lokalen Bundestagsabgeordneten fanden mit Hilfe ihrer selbst gerühmten Kontakte zum Verkehrsministerium einen Trick, das unvertretbare Projekt doch noch in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans hinein zu mogeln.“