Wingeshausen. Christof Wetter aus Wingeshausen sammelt Hochprozentiges. Im Gespräch erläutert er den Plan zur Herstellung von Ethanol für Desinfektionsmittel.
Durch die Corona-Pandemie wird medizinisches Desinfektionsmittel knapp. Immer mehr Arztpraxen und Apotheken klagen über zur Neige gehende Vorräte. Christof Wetter aus Wingeshausen darf Alkohol destillieren und möchte helfen. Auch rechtlich gibt es seit kurzem keine Hürden mehr für die Besitzer von Brennrechten.
Ethanol statt feinem Obstbrand
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Der in Münster lebende Bauingenieur betreibt die bereits von seinem Vater gegründete Destillerie „Rothaarbrand“ in seinem Heimatdorf als Hobby und hat schon seinem Hausarzt und weiteren Medizinern mit hochprozentigem Alkohol - Ethanol - ausgeholfen. „Das war der letzte Reinalkohol, den ich noch hatte“, berichtet der 59-Jährige. Doch als die Kanister weg waren, kam dem Hobby-Brenner die Idee: „Ich kann mit meiner Brennerei Alkoholreste noch einmal destillieren und daraus Ethanol machen“, erklärt er. Dort, wo sonst feine Obstbrände aus Apfel, Birne und Pflaume oder der „Echt Wittgensteiner Honiglikör“ entstehen, könnte künftig ungenießbarer aber wichtiger Alkohol aus der Anlage abgefüllt werden.
Schnapsreste werden jetzt gesammelt
„Alles was ich dazu brauche, sind Schnapsreste. Alles was mehr als 17 Volumenprozent hat. Am Besten wären klare Kornbrände oder Wodka. Aber es funktioniert auch mit Whisky oder Kräuterschnäpsen“, erläutert der Wingeshäuser, der in Münster lebt und an der Fachhochschule im Fachbereich „Energie, Gebäude, Umwelt“ lehrt.
Deshalb will Christof Wetter zwei Kanister an seiner Brennerei in Wingeshausen, An der Bracht 6 (Google Maps), vor seiner Halle schräg gegenüber von „An der Bracht 11“ aufstellen: Einen für klare Schnäpse einen für dunkle. Dort können Spender ihre Reste einfach und kontaktlos einfüllen. Wetter bittet die Spender aber auch, die Flaschen anschließend wieder zur Entsorgung mit nach Hause zu nehmen. Vielleicht folgen aber auch weitere Unterstützer diesem Beispiel, stellen Sammelbehälter für Alkohol auf und liefern die Kanister anschließend an der Brennerei ab.
Familie und Dorfverein unterstützen Aktion
Aus 200 Litern Alkohol mit durchschnittlich 30 Prozent Alkoholgehalt ließen sich so etwa ein Drittel, rund 75 Liter, Ethanol gewinnen. „Pro Tag könnte ich 480 Liter destillieren“, rechnet Wetter vor. Mit diesem hochprozentigen kostenfrei zur Verfügung gestellten Alkohol können Apotheker dann unter Zusatz von Glycerin und weiteren Stoffen medizinisch wirksames Desinfektionsmittel herstellen. Unterstützt wird Christof Wetter von seiner Familie und Freunden aus Wittgenstein. Der Dorfverein Aue-Wingeshausen hat auch schon seine Bereitschaft zur Unterstützung signalisiert.
Bislang war dies nicht möglich, weil die Steuergesetzgebung rund um die Alkoholsteuer die Abgabe von Alkohol untersagte, der nicht mit einem Vergällungsmittel ungenießbar gemacht worden ist. „Das ist seit wenigen Tagen aber erlaubt“, freut sich Christof Wetter, der in Wingeshausen nun auf Desinfektionsmittel umstellt.
Wer Kontakt zu Christof Wetter aufnehmen möchte, um sich an der Sammlung von Alkohol zu beteiligen, oder aber als Apotheker Desinfektionsmittel herstellen möchte, kann sich telefonisch an Wetter wenden: 01719222933. Mehr zu Rothaarbrand finden Sie im Internet unter www.rothaarbrand.de
Veränderte rechtliche Grundlage macht’s möglich
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Auf der Internetseite des Zolls findet sich dazu der Hinweis vom 2. April 2020: Infolge der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 werden in Deutschland verstärkt Desinfektionsmittel nachgefragt. In den Apotheken und Drogeriemärkten sind entsprechende Präparate derzeit praktisch nicht mehr erhältlich. Die Bundesstelle für Chemikalien bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat mit verschiedenen Allgemeinverfügungen Ausnahmeregelungen zur Herstellung von Desinfektionsmitteln u.a. aus Ethanol getroffen.
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Ethanol ist Alkohol im Sinne des Alkoholsteuergesetzes (AlkStG), bei der Herstellung von Desinfektionsmitteln aus Ethanol sind daher alkoholsteuerrechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Für die Herstellung von Desinfektionsmitteln aus 1-Propanol und 2-Propanol bestehen dagegen keine alkoholsteuerrechtlichen Beschränkungen. Gleiches gilt für die Herstellung aus vollständig vergälltem Alkohol (z.B. Brennspiritus) nach § 27 Abs. 2 Nr. 6 AlkStG i.V.m.§ 53 Alkoholsteuerverordnung (AlkStV).