Erndtebrück. Hygiene ist Trumpf: Kunden, die im Bereich Reinigungs- und Desinfektionsmittel unterwegs sind, fordern die Erndtebrücker Firma derzeit unheimlich.
Quasi 24 Stunden rund um die Uhr wird derzeit gearbeitet bei der AST Kunststoffverarbeitung GmbH am Mühlenweg – also auch am Wochenende. Der Grund: „Viele Kunden, die im Bereich Reinigungs- und Desinfektionsmittel unterwegs sind, fordern uns im Moment uns unheimlich“, berichtet Henrik Zepp, Leiter am Standort Erndtebrück. Besonders gefragt: Fünf- und Zehn-Liter-Kanister.
Die Hilferufe
In dieser Woche erreichte den Bürgermeister der Gemeinde, Henning Gronau, die Meldung des Kreises Siegen-Wittgenstein, dass man kurzfristig zur Verteilung von Desinfektionsmitteln eine größere Anzahl von Kanistern benötige. Die Anfrage ging an die Gemeinde Erndtebrück, weil dort mit AST ein international bekannter Hersteller von Kanistern ansässig sei. Das Besondere in dem Fall: Bereits eine Stunde nach dem Anruf standen die angeforderten Kanister auf einem Fahrzeug der Erndtebrücker Feuerwehr und waren auf dem Weg nach Siegen.
Aber auch AST-Kunden, die sonst andere Stoffe abfüllen – etwa Zutaten für Lebensmittel – oder mit Alkohol als Zutat etwa von Desinfektionsmitteln umgehen, bräuchten im Moment viel mehr Behälter, um in der Corona-Krise etwa auf Hilferufe des Landes NRW, der Gesundheitsämter zu reagieren. Und ein großes Logistik-Unternehmen wolle jedes seiner Fahrzeuge zur Paket-Auslieferung mit einem Kanister samt Auslaufhahn zum Händewaschen ausstatten. „Wir beliefern aber auch viel Apotheken in der Region, um zu helfen“, sagt Zepp – aber eher mit kleineren Behältern. Hygiene ist derzeit eben Trumpf.
Die Sonder-Chargen
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Oder: „Wir haben einen Kunden aus der Galvanochemie, der fängt jetzt mit der Produktion von Desinfektionsmitteln zum Beispiel für die Charité in Berlin an“, berichtet Henrik Zepp. Das Unternehmen benötige deshalb nun von AST in Erndtebrück 25-Liter-Kanister in Sonder-Chargen, natürlich lebensmittelecht.
Das motivierte Team
Für Lebensmittel und Gefahrgut
AST ist ein mittelständischer Betrieb der kunststoffverarbeitenden Industrie. Das Unternehmen produziert europaweit marktführend Kunststoff-Kanister und -Fässer mit Gefahrgut-Zulassung. Mit Behältern von 250 Milliliter bis 220 Liter werden Kunden der chemischen Industrie sowie Nahrungsmittel- und Getränkehersteller im In- und Ausland beliefert.
Neben dem Stammwerk in Erndtebrück verfügt AST über Fertigungsstätten in Gemmingen (Kraichgau, Baden-Württemberg), Hoogstraten (Belgien), Nijverdal (EuroMouldings, Niederlande), Hengelo (Sanderman, Niederlande) und Wrexham (Großbritannien). Im polnischen Sulecin ist AST seit 2008 vertreten, um von dort aus den osteuropäischen Markt zu versorgen.
Internet:
www.ast-kanister.de,
www.euromouldings.com, www.sandermangroup.com
„Wir versuchen, der Nachfrage durch Zusatz-Schichten zu begegnen“, sagt Zepp. „Das läuft parallel zum normalen Geschäft.“ Dabei könne AST stolz sein auf seine rund 185 Mitarbeiter am Standort. So arbeiteten zurzeit auch Beschäftigte aus anderen Abteilungen des Unternehmens in der Produktion. Hier gebe es in der Krise einen unheimlichen Zusammenhalt in der Belegschaft. Natürlich informiere die Geschäftsführung das Team auch in Einkauf, Logistik und Verkauf darüber, „warum wir das tun“, so der Standortleiter. Das motiviere. Viele Kolleginnen und Kollegen aus der Verwaltung seien mittlerweile im Homeoffice – das sei eine weitere Herausforderung.
Die alternativlose Verpackung
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Kanister, Fässer, Zubehör – das ist das Kerngeschäft von AST. Und die Produkte des Unternehmens seien oft „ein ganz entscheidendes Glied in der Lieferkette“, macht Zepp deutlich. Auch und gerade jetzt in der Krise. „Wir stellen Verpackungen für Konzentrate her – mehrwegtauglich, 100 Prozent recyclingfähig und stapelbar.“ Konzentrate wie Lebensmittel-Farbe für Gummibärchen. Oder für Chlor, wie es jedes Schwimmbad für die Hygiene brauche. Und für solche chemischen Stoffe gebe es einfach keine Verpackungsalternative. „Jetzt merken die Leute, wofür Kunststoff wichtig ist“, stellt Zepp fest.
Der verteufelte Kunststoff
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Zugleich wehrt sich der Erndtebrücker Standortleiter gegen die Verteufelung des Kunststoffs in den Medien. „Unsere Kanister schwimmen nicht im Meer“, betont Zepp. Vielmehr würden sie recycelt. AST nehme auch selbst mittlerweile gebrauchte Kanister zurück. „Sie werden an einem unserer Standorte gespült und wiederverwendet“, erläutert Zepp. Oder: Der Kanister werde geschreddert – und das so entstandene Material so aufbereitet, „dass daraus neue Kanister hergestellt werden können“.