Erndtebrück/Siegen. Update zur Schließungen der EEW-Standorte in Siegen und zur Zukunft des Stammwerks. Jetzt mit Stimmen von IG Metall und Personalleitung.

Die Geschäftsführung des Erndtebrücker Eisenwerks und die Arbeitnehmervertretungen der Standorte EEW-Bergrohr und EEW-Pickhan haben sich nach konstruktiven Verhandlungen bezüglich der Schließung der beiden Tochterstandorte in Siegen-Weidenau und Siegen-Geisweid geeinigt. Die Ergebnisse wurden den rund 140 Mitarbeitern am Freitag im Rahmen von Betriebsversammlungen mitgeteilt. Das geht aus einer Pressemitteilung des Unternehmens hervor.

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Wir haben darüber hinaus mit der Personalleiterin von EEW, Jessica Becker, und dem Gewerkschaftssekretär der IG Metall Siegen, Hans-Jürgen Groß, gesprochen. „Alle Beteiligten, Betriebsrat, Unternehmensführung und Anwälte haben im Rahmen der Möglichkeiten ein gutes Gesamtpaket geschürt“, sagt Groß rückblickend zu dem Verhandlungsprozess.

Zentrale Elemente

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Zentrales Element der Vereinbarungen sei ein Freiwilligenprogramm mit einer Abfindungsregelung, heißt es in der Mitteilung. Darüber hinaus seien für etwa 30 Mitarbeiter, die „rentennahen Jahrgängen“ angehören, mit sogenannten Altersabfindungen eine separate Vereinbarung getroffen. Ein weiterer Baustein des nun ausgehandelten Programms ist eine Transfergesellschaft, in die die Beschäftigten für bis zu zwölf Monate wechseln können. In dieser Gesellschaft werden Qualifizierungsmaßnahmen und Umschulungen organisiert. Zudem erhalten die Arbeitnehmer Unterstützung bei der Jobsuche und dem Bewerbungsprozess. Hans-Jürgen Groß geht davon aus, dass das Angebot der Transfergesellschaft von vielen Mitarbeitern genutzt werde, weil es die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessere. Auch die Abfindungsregelung bewertet der Gewerkschafter als gut.

Übernahmen in Erndtebrück

Die Unternehmensleitung ist ebenfalls zufrieden: „Besonders glücklich sind wir darüber, dass nach parallelen Verhandlungen mit dem Betriebsrat in Erndtebrück mehr als 40 Mitarbeiter aus dem Siegerland in das Erndtebrücker Stammwerk übernommen werden und unserem Unternehmen auf diese Weise wichtige Know-how-Träger erhalten bleiben“, so EEW-Geschäftsführer Christoph Schorge. Auch Schorge spricht in der Pressemitteilung von einem „fairen Sozialplan“, mit dem der „Schließungsprozess so sozialverträglich wie möglich gestaltet und die Folgen für die Mitarbeiter bestmöglich abgemildert“ werde.

Veränderungen in Erndtebrück

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Die Schließungen der Werke EEW-Pickhan zum 31. März und EEW-Bergrohr - um einen Monat verzögert Ende April - sind Teil eines Zukunftskonzeptes, dass die EEW-Unternehmensgruppe im Herbst vergangenen Jahres initiiert hat, um dem Strukturwandel in der Stahlrohrindustrie zu begegnen. In diesem Kontext stehen laut EEW auch Veränderungen im Erndtebrücker Werk an. So plant das Unternehmen in den nächsten drei Jahren etwa 20 bis 25 Millionen Euro in Umbaumaßnahmen und neue Maschinen zu investieren, um die Effizienz der Produktion sowie die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Die Bauarbeiten in den Fertigungsbereichen laufen bereits auf Hochtouren. Mit der Modernisierung gehen vorerst keine weiteren Stellenstreichungen einher, sagt die EEW-Personalchefin Jessica Becker im Gespräch mit dieser Zeitung. Gleichwohl wolle man zukünftig mit rentennahen Jahrgängen das Gespräch über ein Ausscheiden suchen.

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Außerdem wird die EEW-Tochter AWS von ihrem Standort Wilnsdorf in die frei werdenden Produktionshallen von EEW-Pickhan in Siegen ziehen. Der bisherige AWS-Standort kann dann veräußert werden. AWS stellt Maschinen zur Rohrherstellung und - umformung her.

Großaufträge versprechen viel

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Auch seitens des Marktes konnten in den letzten Wochen und Monaten einige positive Entwicklungen verzeichnet werden. Die vorsorglich angemeldete Option auf Kurzarbeit musste EEW nicht nutzten, freut sich Jessica Becker.

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Insbesondere im Clad-Rohrbereich, einem Spezialprodukt von EEW, das nur drei weitere Hersteller weltweit produzieren können, sehe die Projektlandschaft sehr vielversprechend aus. „Erst Anfang des Jahres haben wir einen Clad-Großauftrag mit mehr als 13.000 Rohren erfolgreich abgeschlossen und hoffen, in Kürze durch die Buchung des nächsten Großprojekts an diesen Erfolg anknüpfen zu können“, so Christoph Schorge. „Allerdings ist es für uns, wie für fast alle anderen Unternehmen auch, zum aktuellen Zeitpunkt ungewiss, mit welcher Schwere und Dauer die Corona-Virus-Krise uns und unsere Kunden trifft. Derzeit läuft die Produktion in Erndtebrück noch ohne größere Einschränkungen und wir versuchen alle Maßnahmen auszuschöpfen, um unser Geschäft zu stabilisieren“, so Christoph Schorge weiter.

Wie sich das Geschäftsmodell insgesamt entwickelt, dazu bleiben viele Fragen offen - auch auf Seiten der Gewerkschaft. Groß sieht die Absatzmärkte im Bereich des Flüssigkeitstransportes langfristig in Gefahr. Auch Spezialisten wie das Erndtebrücker Eisenwerk seien einem enormen Konkurrenzdruck aus Asien ausgesetzt. Umso positiver wertet auch die IG Metall den fairen Umgang miteinander bei den Verhandlungen.