Bad Berleburg. Mann (34) und Frau (20) aus Bad Berleburg waren zum Tatzeitraum unter dem Einfluss von Heroin. Polizei stellte bei einer Tat ein Messer sicher.
Diebstahl in vier Fällen – davon ein einfacher, ein gewerbsmäßiger und zwei gemeinschaftliche: Mit diesen Vergehen kam eine 20-jährige Bad Berleburgerin vor dem Jugendschöffengericht mit einer Verwarnung und diversen Auflagen davon. Mit ihr angeklagt war ihr 34-jähriger Komplize. Das Schöffengericht verurteilte ihn wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in zwei Fällen – darunter einer mit Waffen in einem minderschweren Fall – zu einer 14-monatigen Gesamtfreiheitsstrafe auf Bewährung. Diese Strafe setzt sich aus einem Urteil von September 2019 (neun Monate auf Bewährung wegen Diebstahls in mehren Fällen) und aus dem aktuellen Urteil zusammen.
Die 20-Jährige muss einer einjährigen Betreuungsweisung nachgehen, 100 Sozialstunden ableisten und spätestens in drei Monaten eine stationäre Drogentherapie antreten. Ähnlich sieht es bei dem angeklagten Berleburger aus: Auch er muss sich in eine stationäre Drogentherapie begeben. Zusätzlich kommen für ihn 300 Sozialstunden hinzu.
Die Tatvorwürfe
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Das Duo soll im November 2018 in einem Supermarkt in Erndtebrück vier Dosen Tabak im Wert von rund 68 Euro gestohlen haben. Des Weiteren beschuldigte die Staatsanwaltschaft die beiden Angeklagten, Schnaps im Warenwert von fast 60 Euro in einem Siegener Discounter entwendet zu haben – ebenfalls im November 2018. Polizeibeamte hatten in diesem Fall ein Taschenmesser in der Jackentasche des 34-Jährigen sichergestellt.
Die 20-jährige Vorbestrafte soll im Oktober 2018 außerdem das Schülerticket eines Kindes während einer Zugfahrt von Erndtebrück nach Berghausen gestohlen haben. Nicht zuletzt sei sie wenige Tage später in einem Elektro-Markt einkaufen gewesen – allerdings ohne zu bezahlen. Der Sachschaden: über 1200 Euro.
Das Geständnis
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„Ich will das alles zugeben“, zeigte sich der 34-jährige Angeklagte vor Gericht offen. Auch die junge Frau auf der Anklagebank räumte ihre Taten von Anbeginn ein. Die Zeugen konnten somit umgehend entlassen werden – eine Entlastung für alle Beteiligten, die der Vorsitzende Richter Torsten Hoffmann in den Urteilen strafmildernd berücksichtigte.
„Ich war auf Heroin und auf sämtlichen Tabletten. Im Prinzip habe ich zu dem Zeitpunkt alles genommen. Die Ware wollten wir gegen Drogen eintauschen“, so der 34-Jährige, der laut eigenen Angaben schon seit einigen Jahren mit schweren Drogenproblemen zu kämpfen hat.
„Die Ware gegen Drogen eintauschen“ – das war auch das Ziel der 20-Jährigen: „Ich war auf Heroin und Benzodiazepinen. Das war ein Dauerzustand im Herbst 2018. Wir brauchten Drogen, also haben wir gestohlen.“ Seit Dezember 2018 befinde sich die Angeklagte laut eigener Aussage in Substitution.
Die Suchtproblematik
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Tanja Vollmer-Derichs von der Jugendgerichtshilfe kennt die Vergangenheit und Hintergründe ihrer Mandantin: In der neunten Klasse beginnt sie, Drogen zu konsumieren – fehlende soziale Kontakte seien dafür der Grund gewesen. Schließlich bricht die heute 20-Jährige die Schule ab – und gerät in immer tiefere Kreise, in denen sie sich akzeptiert fühlt. „Sie konsumiert trotz Substitution gelegentlich Benzodiazepine und Heroin“, weiß Vollmer-Derichs. Sie empfiehlt dringend eine stationäre Therapie für die 20-Jährige. „Durch ihren langfristigen Konsum sind bei ihr Reife- und Entwicklungsverzögerungen zustande gekommen“, berichtet sie weiter. Diese Entwicklungsverzögerungen sind auch der Grund, warum die Angeklagte nach dem Jugendstrafrecht verurteilt wurde. „Sie waren schon 19, aber Ihr Leben ist gezeichnet von ihrer Drogenabhängigkeit“, begründete Richter Hoffmann seine Entscheidung, Jugendstrafrecht anzuwenden.
Tanja Vollmer-Derichs ist trotz der fatalen Umstände zuversichtlich und glaubt an ihre Mandantin: „Ich sehe viel Potenzial, dass die Angeklagte ihr Leben wieder in den Griff bekommen wird.“
Die Sozialprognose
Die Vergangenheit des angeklagten 34-Jährigen sieht ähnlich aus – ein Schicksalsschlag hatte ihn immer tiefer in seine Drogenproblematik gezogen. „Er hat nur eine Chance auf ein straffreies Leben, wenn er eine Therapie macht“, ist sich seine Bewährungshelferin Rebekka Kleinsorge – die ihrem Mandanten eine günstige Sozialprognose zuordnete – sicher.
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„Ich kaufe Ihnen beiden ab, dass Sie Ihre bisherigen Wege nicht weitergehen wollen und Sie gewillt sind, eine Therapie zu machen“, hielt die Vertreterin der Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer fest.
Auch Richter Hoffmann rechnete den Angeklagten ihr Verhalten vor Gericht hoch an: „Sie machen reinen Tisch und suchen nicht nach Ausreden.“