Bad Berleburg. Das Kochen ist ein Hilfsmittel, um Deutsche und Geflüchtete zusammenzubringen. Am Ende reden beide Seiten nicht nur übers Kochen und Essen.

Die Luft in der Küche des Berufskollegs Wittgenstein ist angefüllt von Aromen. Gebratene Zwiebeln, Rindfleisch aber auch Minze, Kräuter und Gewürze mischen sich. Dazu kommen unterschiedliche Sprachen und Dialekte: Türkisch und Arabisch, Deutsch mit Wittgensteiner oder Berliner Färbung. Das gemeinsame Kochen bringt nicht nur die Zutaten zusammen, sondern auch die Menschen einander näher: Hier kochen Bad Berleburger mit Familien aus der Türkei, aus Syrien und einem jungen Mann aus dem Sudan.

Die Fotos zeigen nur Hände, weil die Geflüchteten aus Sorge um Familien und Verwandte in der Heimat nicht erkannt werden wollen. 
Die Fotos zeigen nur Hände, weil die Geflüchteten aus Sorge um Familien und Verwandte in der Heimat nicht erkannt werden wollen.  © WP | Lars-Peter Dickel

Eingeladen zu dem Abend hat der Bad Berleburger Ableger des Vereins „Über den Tellerand“, für den die Arfelderin Christine Beitzel in die Küche des Berufskollegs eingeladen hat. „Diese Treffen finden an jedem zweiten Donnerstag im Monat statt“, erläutert Christine Beitzel, die sich sehr für die Integration von Flüchtlingen engagiert. Das gemeinsame Kochen ist ein Hilfsmittel, um Deutsche und Geflüchtete zusammenzubringen. Am Ende reden beide Seiten nicht nur übers Kochen und Essen, sondern auch über Persönliches, Fluchtgründe, die Familie.

Süße Suppe, deftiges Fleisch

In einem Topf kocht eine süßliche Suppe aus Kichererbsen, Ebli, Joghurt und Minzblättern vor sich hin. An der Arbeitsplatte daneben rollt eine Frau Teig für Gözleme aus. Das sind würzig gefüllt Fladenbrote. „Was ist da alles drin?“, fragt Andreas Nölling aus Schwarzenau. Ein junger Mann aus dem Sudan antwortet: „Da kommt eine Fleischfüllung hinein.“ In einer Pfanne brät er gerade Rindfleisch und Zwiebeln an.

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Das Fleisch ist auch für Karniyarik - gefüllt Auberginen - gedacht. Dazu gibt es gefüllte Weinblätter, frittierte Kibbeh - Bulgurteig mit Rindfleisch oder Lamm gefüllt, süße Kuchen und Kekse.

Viele Ähnlichkeiten

Über den Tellerrand heißt die Initiative bei der deutsche und Flüchtlinge gemeinsam kochen und sich so besser kennenlernen.
Über den Tellerrand heißt die Initiative bei der deutsche und Flüchtlinge gemeinsam kochen und sich so besser kennenlernen. © WP | Lars-Peter Dickel

„Die syrische und die türkische Küche unterscheiden sich nicht so stark“, sagt eine junge Syrerin in sehr gutem Deutsch. Vieles sei identisch, heiße nur manchmal etwas anders. Und neben an erklärt ein älterer türkischer Mann, was es mit der reinen Zubereitung - halal - auf sich hat, bei der Fleisch und Milchprodukte streng getrennt werden.

Hintergrund

2013 wurde in Berlin der gemeinnützige Verein Über den Tellerrand e.V. gegründet mit der Idee, Begegnungen von Menschen unterschiedlicher Kulturen zu gestalten.

Das damalige Modellprojekt setzte dieses Vorhaben in Form von interkulturellen Kochevents um; mittlerweile hat sich der Verein noch auf etliche weitere Aktionsfelder erweitert

Im Internet gibt es mehr Informationen: www.ueberdentellerrand.org

Am späten Nachmittag sind die Speisen fertig und alle essen gemeinsam. Dabei werden die Gespräche persönlicher. Er sei wegen Erdogan aus der Türke geflüchtet, berichtet ein Lehrer. Verwandte und Freunde säßen dort im Gefängnis: „Wir kann ein Grundschullehrer, wie kann ein Priester ein Terrorist sein?“, fragt er und gibt die Antwort selbst: „Sie haben sich kritisch zu Erdogan geäußert“.

Menschen ein gutes Gefühl geben

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Aber die Furcht vor dem langen Arm der Regime in ihren Heimatländern haben weder die türkischen Flüchtlinge noch die Syrer und der Sudanese abgelegt, deshalb sollen wir ihre Namen nicht schreiben und ihre Gesichter nicht zeigen. Aber allein, dass an diesem Tag Einheimische mit ihnen kochen, sich interessieren und mit ihnen sprechen, sorgt für ein gutes Gefühl bei diesen Menschen.

„Es hat viel Spaß gemacht und vor allem den Neuankömmlingen ein wenig Vertrautes Beisammensein und Wertschätzung vermittelt“, ist sich Christine Beitzel sicher. Viele Einheimische und auch Flüchtlinge freuen sich schon auf das nächste Mal.