Erndtebrück/Siegen. Unternehmen schließt EEW-Pickhan und EEW-Bergrohr. Neben Personalabbau sollen Investitionen ins Stammwerk Erndtebrück Jobs sichern.

Das Erndtebrücker Eisenwerk schließt zwei Produktionsstandorte in Siegen und kündigt einen Restrukturierungsprozess an, dessen Ziel die Stärkung und Modernisierung des Heimatstandortes Erndtebrück sein soll. Das geht aus einer Pressemitteilung des Unternehmens hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

Der Stellenabbau

Unmittelbar vom Wegfall ihrer Arbeitsplätze betroffen sind rund 150 Beschäftigte bei den beiden Tochterunternehmen EEW-Pickhan und EEW-Bergrohr in Siegen. Dort sollen sich die Werkstore voraussichtlich Ende März 2020 schließen. Durch die Restrukturierung könnten aber auch im Stammwerk in Erndtebrück Arbeitsplätze wegfallen. In der Pressemitteilung heißt es dazu: „Die Funktionen am Stammsitz in Erndtebrück bleiben im Wesentlich bestehen. Einhergehend mit der Reduzierung der Produktionskapazitäten sind auch Personalanpassungen, vorwiegend an den Standorten im Siegerland, erforderlich.“ Hinzu kommt laut der EEW-Personalleiterin, Jessica Becker, eine mögliche Umsiedlung des Maschinenbauers AWS Schäfer GmbH, einer EEW-Tochter, nach Siegen.

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Nach Gesprächen mit den Betriebsräten wurden am Dienstagmorgen die Belegschaften in den beiden Siegener Werken und am Nachmittag die Beschäftigten in Erndtebrück und bei AWS informiert. „Es herrschte große Betroffenheit“, berichtet Personalleiterin Becker.

Wirtschaftlicher Hintergrund

„Unsere Absatzmärkte haben sich verändert – nicht nur temporär, sondern strukturell“, erläutert Jessica Becker den Hintergrund für den Stellenabbau und die Restrukturierung. Speziell EEW-Bergrohr und EEW-Pickhan, die durch das Einsteigen des Eisenwerks vor ihren jeweiligen Insolvenzen gerettet wurden, hatten in der jüngsten Vergangenheit immer wieder Kurzarbeit gefahren.

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In der Pressemitteilung heißt es dazu: „Infolge des anhaltend niedrigen Ölpreises stagniert der Markt für Konstruktions- und Leitungsrohre im Öl- und Gasbereich. Zudem verlagert sich das Geschäft mit Rohren und Rohrkomponenten für die Offshore Windindustrie zunehmend von Europa nach Asien. Von diesen Entwicklungen sind vor allem die drei Standorte der EEW-Gruppe in Siegen-Wittgenstein betroffen. Die Unternehmensleitung geht in den kommenden Jahren von einem deutlich geringeren Geschäftsvolumen als in der Vergangenheit aus und rechnet damit, die in Siegen-Wittgenstein aufgebauten Kapazitäten nicht mehr dauerhaft auslasten zu können.“

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Für die freiwerdenden Gewerbeimmobilien in Siegen plant EEW zunächst die „Einmottung“ von EEW-Bergrohr. In die Hallen von EEW-Pickhan soll der Maschinenbauer AWS Schäfer GmbH einziehen. Bislang arbeiteten dessen 65 Beschäftigten an zwei Standorten in Wilnsdorf und Erndtebrück. Wilnsdorf könnte dann mittelfristig veräußert werden, so Jessica Becker auf Nachfrage.

Das sagt die Gewerkschaft

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Auch die Gewerkschaft IG Metall wurde von der aktuelle Entwicklung ein Stück weit überrascht. „Wir haben erst heute morgen davon erfahren“, sagt Andree Jorgella, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Siegen. Grundsätzlich aber war die schwierige Lage vor allem der Siegerländer Standorte von EEW kein Geheimnis: „Wer das Röhrengeschäft kennt, der weiß, dass Pickhan und Bergrohr quasi von der Hand in den Mund gelebt haben“, bestätigt Andree Jorgella die schwierige wirtschaftliche Situation.

Der Gewerkschafter hat jetzt vor allem die Zukunft von 250 bis 300 Beschäftigten im Blick, denen an den Standorten im Siegerland, aber auch in Erndtebrück, der Arbeitsplatzverlust drohe. „Wir gehen jetzt in die Verhandlungen um einen Sozialplan“, so Jorgella, der aufgrund der langjährigen positiven Erfahrungen mit der Leitung des Familienunternehmens zuversichtlich in die Gespräche geht.

Das sagt die Geschäftsführung

Christoph Schorge, GESCHÄFTSFÜHRER DER ERNDTEBRÜCKER EISENWERKE GMBH
Christoph Schorge, GESCHÄFTSFÜHRER DER ERNDTEBRÜCKER EISENWERKE GMBH © WP | privat

Auch die Arbeitgeberseite mit Personalleiterin Jessica Becker ist optimistisch, den Arbeitsplatzabbau so sozialverträglich wie möglich zu bewerkstelligen. „Die Gewerkschaft hat uns zugesichert, die gesamte Klaviatur auszupacken.“ Beide Seiten steigen in Kürze in die Gespräche über einen Sozialplan ein.

„Uns liegt besonders viel daran, den Abbau der Arbeitsplätze so sozialverträglich wie möglich zu gestalten. Dazu sollen zunächst Programme für rentennahe Mitarbeiter gemeinsam mit dem Betriebsrat ausgearbeitet werden“, wird Christoph Schorge, geschäftsführender Gesellschafter der EEW-Gruppe in der Pressemitteilung zitiert.

Die Restrukturierung

Für Erndtebrück plant EEW einen dreijähriges Reorganisationsprogramms. Das Unternehmen will in den nächsten drei Jahren etwa 20 bis 25 Millionen Euro in Umbaumaßnahmen und neue Maschinen investieren, um die Effizienz der Produktion zu erhöhen und neue Produktbereiche zu erschließen.

„Diese Investitionen sind ein klares Bekenntnis zum heimischen Standort. Damit reagieren wir auf den Strukturwandel in der Stahlrohrindustrie und beabsichtigen, nachhaltig möglichst viele Arbeitsplätze in Siegen-Wittgenstein zu sichern“, so Christoph Schorge zu den sich nun ergebenden Chancen.