Bad Berleburg. Verdi hat am Verwaltungsgericht Arnsberg einen Erfolg im Kampf gegen unerlaubte Sonntagsöffnungen erzielt und spricht von einem Präzedenzfall.
Die Gewerkschaft Verdi hat vor der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg am 8. Oktober einen ersten Erfolg in ihrem Kampf gegen unerlaubte Sonntagsöffnungen in der Stadt Bad Berleburg erreicht und spricht von einem Präzedenzfall.
„Dies ist die erste Entscheidung mit der auf Antrag der Gewerkschaft Verdi eine Ladenöffnung am Sonntag untersagt wurde und auch die erste Entscheidung eines Verwaltungsgerichts in NRW zur Reichweite der ‘Kurorteregelung’“, teilt der Bezirksgeschäftsführer Jürgen Weiskirch mit.
Fall aus Bad Berleburg
Bad Berleburg verweist auf HSK-Konkurrenz
„Wir haben den Beschluss im Eilverfahren des Verwaltungsgerichts Arnsberg erhalten und werden jetzt prüfen, welche Konsequenzen wir daraus ziehen“, schreibt die Stadt Bad Berleburg in einer Stellungnahme zur Gerichtsentscheidung an die Redaktion.
„Grundsätzlich ist es so, dass wir uns hier in einem Spannungsfeld bewegen - zwischen den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Öffnung an Sonntagen in einer Kurstadt wie Bad Berleburg und den Interessen der Beteiligten. Als Stadt ist es uns ein Anliegen, unseren Bürgerinnen und Bürgern sowie den Gästen auch sonntags ein attraktives Angebot machen zu können – gerade auch mit Blick in die Nachbarschaft im Sauerland und den Möglichkeiten dort.“ Damit bezieht sich die Stadtverwaltung auch auf die Praxis von Städten wie Winterberg.
„Viele Einzelhändler haben daran ebenfalls ein Interesse, nicht nur persönlich, sondern auch im Sinne der Stadtentwicklung, und beteiligen sich deshalb gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an einer Sonntagsöffnung. Selbstverständlich müssen alle Beteiligten dabei die rechtlichen Vorgaben einhalten und die Interessen der Beschäftigten im Einzelhandel respektieren. Die bisher erfolgte weite Auslegung des rechtlichen Rahmens wurde nun durch das Verwaltungsgericht erheblich eingeengt. Wie beide Seiten künftig auf einen Nenner gebracht werden können, erörtern wir nun auch gemeinsam mit einer Fachanwältin, die uns speziell in diesem Fall, aber auch ganz grundsätzlich in der Thematik berät.“
Andreas Pitzer als Geschäftsführer des im Verfahren beigeladenen Modehauses wollte sich gegenüber der Redaktion nicht zum schwebenden Verfahren äußern.
Die Dienstleistungsgewerkschaft hatte vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg einen Beschluss gegen die Stadt Bad Berleburg erwirkt und eine einstweilige Anordnung gegen die Sonntagsöffnung des Modehauses Krug in der Bad Berleburger Bahnhofstraße erreicht.
„Es geht ums Ordnungsprinzip“, formuliert es Jürgen Weiskirch im Gespräch mit der Redaktion: „Die Stadt Bad Berleburg hat eine eigene Verordnung erlassen und deren Einhaltung nicht überwacht. Wir haben die Stadt aufgefordert, dem Einhalt zu gebieten und das Amt für Arbeitsschutz eingeschaltet. Die Stadt hat das ignoriert.“
Begründung des Gerichts
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Konkret geht es um die Praxis des Modehauses an jedem ersten Sonntag im Monat zu öffnen und Bekleidung zu verkaufen. Die Stadt Bad Berleburg und auch das Modehaus hatten diese Praxis mit der ebenfalls im Ladenöffnungsgesetz festgeschriebenen Sonderregelung des „Sonntagsverkaufs in Kurorten“ gerechtfertigt. Das Verwaltungsgericht sagt aber, dass in diesem Fall lediglich „Waren, die für diese Orte kennzeichnend sind, Waren zum sofortigen Verzehr, frische Früchte, Tabakwaren, Blumen und Zeitungen“ verkauft werden dürfen. „Das Sortiment des Modehauses unterliegt nicht der vorliegend allein ernsthaft in Betracht kommenden Warengruppe ‘Waren, die für diese Orte kennzeichnend sind’“. Das müssten Waren sein, die „Besucher mit dem Ort selbst bzw. der näheren prägenden Region eindeutig in Beziehung zu setzen vermag“. Das Gericht unterstrich in seiner Begründung, dass sich das Angebot „nicht wesentlich von dem Angebot anderer Modehäuser“ unterscheide. Auch der Verweis darauf, dass Sport- und Wanderbekleidung für Touristen in einer Wander- und Radfahrregion angeboten werden, greife nicht: „Dies gilt ebenso für sämtliche anderen im Rothaargebirge und angrenzenden Sauerland gelegenen Touristenorte. Die Lage in einer Wander- und Radfahrregion kann damit nicht als ein typisches Kennzeichen angesehen werden“, so das Verwaltungsgericht. Auch sah es das Gericht als erwiesen an, dass die Stadt Bad Berleburg als Ordnungsbehörde gegen diese Sonntagsöffnung hätte vorgehen können und müssen.
Kein Zwangsgeld
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In einem Punkt aber folgten die Richter der 1. Kammer des Verwaltungsgerichtes Arnsberg dem Antragsteller Verdi nicht. „Der beantragten Zwangsgeldandrohung ist das Gericht nicht gefolgt; wohl ausgehend davon, dass die Firma Modehaus Krug sich an die Verfügung halten werde. Es bleibt abzuwarten, ob das Zusammenwirken der Stadt als Aufsichtsbehörde und dem Unternehmen nun funktioniert“, so Jürgen Weiskirch.
Allerdings verzichte das Modehaus seit Beginn des Verfahrens auf Wunsch der Stadt Bad Berleburg auf eine Sonntagsöffnung.
Verkaufsoffene Sonntage nicht betroffen
Übrigens: Diese Entscheidung hat nichts mit den verkaufsoffenen Sonntagen anlässlich von Großveranstaltungen wie dem Erntedankfest oder Wollmarkt zu tun.
Aktenzeichen beim Verwaltungsgericht Arnsberg: 1 L 1179/19. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.