Schwelm. . Verdi klagt gegen Ladenöffnung am Schwelmer Weihnachtsmarkt-Sonntag. Stadt will dagegen vorgehen, gibt sich aber verhalten. WGS schockiert.

In mehreren Städten hat Verdi bereits erfolgreich gegen die Durchführung Verkaufsoffener Sonntage geklagt. Nun könnte es Schwelm treffen. Die Dienstleistungsgewerkschaft geht gegen die Öffnung der Geschäfte während des Weihnachtsmarkt-Sonntags am 16. Dezember vor.

Beim Verwaltungsgericht Arnsberg liegt der Antrag der Gewerkschaft auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor. Verdi beruft sich darauf, dass die geplante Sonntagsöffnung der Geschäfte nicht auf Grundlage geltender Rechtsprechung erfolge und deshalb nicht stattfinden dürfe.

Besucherzahl und Größe

Hintergrund ist das neue Ladenöffnungsgesetz in NRW. Danach sind verkaufsoffene Sonntage generell nur noch gekoppelt an Veranstaltungen wie Messen, Märkte oder Feste möglich, wobei der Gesetzgeber auch hier strenge Auflagen macht. So muss die anlassgebende Veranstaltung deutlich mehr Besucher anziehen als der Öffnungstag. Auch das Verhältnis der Veranstaltungsfläche zur geöffneten Ladenfläche spielt eine Rolle.

Genau hier setzt die Gewerkschaft nun an. Der Schwelmer Weihnachtsmarkt sei von der Fläche her deutlich kleiner als die Summe der Ladenflächen, die an diesem Tag geöffnet haben (könnten). Nach Auffassung der Gewerkschaft darf der Öffnungstag am 16. Dezember deshalb nicht stattfinden.

Der Vorgang fällt nicht vom Himmel. Verdi hatte gegenüber der Stadt Schwelm bereits am 1. Februar schriftlich Bedenken gegen die für 2018 geplanten Sonntagsöffnungen erhoben. Die Stadt hatte die Gewerkschaft ebenso wie die SIHK und die beiden Kirchengemeinden um Stellungnahmen gebeten, nachdem klar war, dass die Werbegemeinschaft Schwelm 2018 drei Verkaufsoffene Sonntage durchführen möchte. SIHK und Katholische Kirche waren dafür, Verdi und die Evangelische Kirchengemeinden dagegen. Am 22. März verabschiedete der Rat der Stadt Schwelm die „Ordnungsbehördliche Verordnung über die Freigabe von verkaufsoffenen Sonntagen“. Die Sache schien klar.

Nun droht der Stadt die Verordnung um die Ohren zu fliegen. Und zwar aus eher formalen Gründen, die mit der späteren Umsetzung wenig zu tun haben. Verdi beruft sich darauf, dass der Ratsentscheid das Öffnen von Verkaufsstätten im gesamten Stadtgebiet für zulässig erklärt. Das wären bei etwa 200 Einzelhandelsgeschäften in Schwelm 60.600 Quadratmeter und damit ein Vielfaches mehr als die Fläche des Weihnachtsmarkts. „Andere Städte grenzen den Bereich des Verkaufsoffenen Sonntages in ihrer Verordnung genau ein oder sie nehmen die großen Discounter explizit raus. In Schwelm ist das nicht geschehen“, sagt Verdi-Bezirksgeschäftsführer Jürgen Weiskirch und legt den Finger in die Wunde: „Die haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht.“

So sah es am Weihnachtsmarkt-Sonntag im vergangenen Jahr in der Fußgängerzone aus – das Angebot wird gut angenommen.
So sah es am Weihnachtsmarkt-Sonntag im vergangenen Jahr in der Fußgängerzone aus – das Angebot wird gut angenommen. © Lina Hoffmann

Theoretisch hätte Verdi diese Karte schon zu den Verkaufsoffenen Sonntagen während der Trödelmärkte ziehen können, erklärte der Bezirksgeschäftsführer. Aber was Veranstaltungsgröße und Besucherströme betrifft, sei die Sache beim Schwelmer Weihnachtsmarkt erheblich eindeutiger. Außerdem seien seine Kollegen in den vergangenen Monaten mit den Klagen in anderen Städten gut beschäftigt gewesen, sagte Jürgen Weißkirch.

Die Stadt wurde am Donnerstag von dem Verdi-Vorgehen informiert. Ordnungsamtsleiter Christian Rüth berichtete am Abend im Hauptausschuss von der Zustellung der Klage. „Wir werden sie erwidern, und wir hoffen zu obsiegen. Ob wir das schaffen, kann ich nicht garantieren“, erklärte er.

Die Reaktionen der Politik fielen verhalten aus. Jürgen Feldmann (Linke) als Verdi-Mitglied stellte sich hinter das Vorgehen der Gewerkschaft. Verdi geht es um die Wahrung der Arbeitnehmerinteressen. Oliver Flüshöh (CDU) empfahl, die Gewerkschaft doch zum Weihnachtsmarkt einzuladen. „Dann sehen die, dass es hier nicht darum geht, wogegen sie klagen“.

Kein Einfluss aufs Verfahren

Schockiert nahm die Werbegemeinschaft Schwelm die Nachricht auf. „Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat Klage gegen die Verordnung der Stadt Schwelm eingereicht, die uns die Öffnung der Geschäfte am Sonntag, 16. Dezember, gestattet. Die Ordnungsbehörde der Stadt Schwelm prüft zurzeit die rechtlichen Möglichkeiten, sich der Klage entgegenzustellen. Einfluss auf das laufende Verfahren haben wir leider nicht, da wir nicht Prozessbeteiligte sind“, teilte Vorsitzende Daniela Weithe den Mitgliedern mit. Man habe bereits Kontakt mit der SIHK aufgenommen und um Unterstützung gebeten.

INFOBOX

Im Antrag der Werbegemeinschaft Schwelm (WGS) sind die Veranstaltungen zu den Verkaufsoffenen Sonntagen wie folgt dimensioniert:

Zu den Trödelmärkten in Schwelm werden laut WGS jedes Mal etwa 30.000 bis 40.000 Besucher erwartet.

Die Ladenöffnung an diesen Tagen werde von etwa 8000 bis 10.000 Besuchern wahrgenommen.

Beim Weihnachtsmarkt spricht die WGS von etwa 10.000 bis 20.000 Besuchern pro Jahr, die sich auf die dreieinhalb Öffnungstage verteilen.