Kreis Siegen-Wittgenstein. . Bei Zahnärzten gibt es noch keine Unterversorgung im Kreis Siegen-Wittgenstein, aber die Lücke ist schon sehr groß. Besonders betroffen sind Wilnsdorf und Bad Berleburg.

  • Bad Berleburg hat die zweitschlechteste Zahnarzt-Abdeckung im Kreis.
  • Die Kassenzahnärztliche Vereinigung hat Statistiken erhoben die Kopfzerbrechen bereiten.
  • Auch die Suche nach Nachfolger für die meist über 50 Jahre alten Ärzte ist nicht einfach

Wilnsdorf und Bad Berleburg haben nicht nur eine unterdurchschnittliche Abdeckung mit niedergelassenen Zahnärzten, sie haben die schlechtesten Werte im gesamten Kreis Siegen-Wittgenstein. Das geht aus aktuellen Zahlen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe hervor.

Mobilität der Patienten gefragt

Dennoch sei das kein Grund zu akuten Sorgen, erläutert Ann-Kathrin Kiesel: „Bei Zahnärzten gibt es noch keine Unterversorgung.“ Eine 100-prozentige Abdeckung ist sogar ein extrem hoher Wert, erläutert die Sprecherin der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe in Münster. Neben den reinen Zahlen müsse man auch Bevölkerungsstrukturen und andere Kriterien wie die Verkehrsanbindung und die Mobilität der Patienten berücksichtigen. Diese können ihre Zahnärzte selbst wählen und deshalb vielleicht auch in einer Nachbarkommune behandelt werden. Unterm Strich sind Abdeckungswerte um die 80 Prozent noch durchaus sehr gut.

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Deutlich wird an den Zahlen, die die KZA erhoben hat, aber auch ein Stadt-Land-Gefälle. Aus diesem Grund und wegen der Altersstruktur – die Mehrheit der Zahnärzte in Siegen-Wittgenstein ist über 50 Jahre alt – bietet die Vereinigung Seminare rund um die Praxisgründung, Praxisführung und Praxisabgabe an. Aus einem solchen Seminar stammen auch die von uns ausgewerteten Zahlen.

Geschlechterwandel

Zahnmedizin ist ein echter Modeberuf. Deshalb gibt es für das Studium einen Numerus clausus von 1,0. Trotzdem gibt es eine Fülle von Zahnärzten. Ein Phänomen ist aber, dass der Beruf laut Ann-Kathrin Kiesel einem Geschlechterwandel unterliegt. Der Grund dafür könnte in den statistisch gesehen oft besseren Abiturnoten von Frauen und damit der höheren Frauenquote im Studium liegen: „70 bis 80 Prozent sind weiblich. Aber die wollen sich nach dem Studium nicht sofort niederlassen, sondern erst einmal in einer Anstellung oder in Gemeinschaftspraxen arbeiten.“

© Manuela Nossutta

Über die einzelnen Gründe kann man nur spekulieren, aber sicher spiele neben der Existenzgründung auch die Familienplanung eine Rolle, in der Frauen sich nicht mit Kindern und zugleich hohen Schulden für das eigene Praxisinventar belasten wollten, so Kiesel. Eine gute Lösung für alle Seiten könnte es sein, wenn ältere Praxisinhaber junge Ärzte anstellen. Jeder Zahnarzt mit Kassensitz hat die Möglichkeit, in seiner Praxis zwei andere Zahnärzte anzustellen. Auf diesem Wege könnte auch eine Nachfolge angebahnt werden, in der junge Ärzte in ihre Aufgabe und den Patientenstamm hineinwachsen.

Aus Sicht von Kiesel und der KZA WL gibt es sogar gute Gründe, sich als Zahnarzt auf dem Land niederzulassen. Die Zahnarztdichte auf dem Land sei geringer als in den Städten und damit biete sich auch mehr wirtschaftliche Sicherheit. Gleichzeitig sind die Immobilienpreise und Lebenshaltungskosten auf dem Land oft günstiger.

Drei Fragen an Zahnarzt Jens Drohm

Herr Drohm, Sie sind Zahnarzt mit Praxis in Bad Berleburg. Wie macht sich die knappe Versorgungssituation bemerkbar?

JENS DROHM: Zum Vergleich: Auf einen Zahnarzt in Westfalen-Lippe kommen knapp 600 Patienten, hier ist die Zahl erheblich höher. Manche Kollegen arbeiten am Limit. Hinzu kommen weite Anfahrtswege für die Patienten. Langfristig könnte auch die Überalterung zum Problem werden. Von den sechs Zahnärzten in Bad Berleburg sind fünf Kollegen über fünfzig Jahre alt.

Sie organisieren auch den zahnärztlichen Notdienst in der Region. Treten hier ähnliche Probleme auf?

Jein. Einerseits ist die Bereitschaftszeit mit vier Wochen jährlich im Schnitt zehn Mal höher als etwa in Dortmund, andererseits ist aber das Behandlungsaufkommen niedriger. Trotzdem bleibt für Privatleben in den vier Wochen wenig Zeit. Das ist besonders für Kolleginnen mit Kindern schwierig.

Wie können Nachwuchs-Kräfte gewonnen werden, um die Situation zu entspannen?

Wenn es darum geht, junge Fachkräfte für den ländlichen Raum zu gewinnen, müssen wir dieselben Fragen beantworten wie etwa die Industrie. Patentlösungen gibt es da leider nicht.

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