Bad Berleburg. . Heising ist Wildlife-Managerin und berichtet im Interview über ihren Job beim Wisentprojekt und was an Wittgenstein reizvoller ist als an Afrika.

  • Für Kaja Heising ist es ein Traumjob. Sie ist die neue Wildlife-Managerin des Wisentprojektes.
  • Auf die 29-Jährige Rheinländerin warten so interessante wie schwierige Aufgaben.
  • Sie soll auch das Verhältnis zwischen Wildtier und Waldbesitzer verbessern und Konflikte lösen helfen.

Für Kaja Heising ist es ein Traumjob. Sie kann sich für den Artenschutz in ihrem Heimatland Deutschland einsetzen. Die 29-jährige Wildlife-Managerin aus Köln arbeitet seit Anfang März für den Trägerverein des Wisentprojektes und findet diese Aufgabe in Bad Berleburg spannender als die Arbeit in Afrika.

Was ist der größte Unterschied zwischen Ihrer rheinländischen Heimat und dem Waldreich Wittgenstein?

Kaja Heising: Für mich natürlich die Wisente. Landschaftlich ist es außerdem überhaupt nicht vergleichbar, was hier für eine schöne Landschaft und Natur besteht. Das kann man mit dem flachen Rheinland nicht vergleichen. Was die Menschen betrifft, dazu bin ich erst zu kurz hier.

Sie werden das Wisentprojekt wissenschaftlich begleiten. Können Sie Ihre Arbeit für uns genauer beschreiben?

Ich bin Wildtiermanagerin und kümmere mich um die wissenschaftliche Koordination, begleite das Projekt, wo es mehr Forschung braucht. Außerdem geht es um die Vernetzung, um die Pflege von Kontakten, die wir zu anderen Projekten in Deutschland aber auch international geknüpft haben. Es geht ja um Artenschutz und die Tiere kennen ja keine Grenzen. Mein Fokus wird auch sein, das Projekt auf internationaler Basis zu stärken.

Das Wisentnetzwerk weltweit pflegen

Sie greifen die Fäden des Netzwerkes auf und führen die Arbeit von Coralie Herbst fort...

Genau. Das Netzwerk besteht ja auch. Aber, wie Sie wissen, hatte es finanzielle Gründe, dass diese Stelle pausiert hat. Ich möchte ihre Arbeit aufgreifen und ausbauen. Mit weiteren Universitäten zusammenarbeiten und meine eigene Forschung weiter betreiben. Wir sind grundsätzlich für Forschungsideen von Universitäten oder Studenten offen und werden auf Unis zugehen, wenn wir Bedarf haben.

© Eberhard Demtröder

In den Niederlanden haben Sie Wildlife Management studiert. Ein Fach, das es so in Deutschland noch nicht gibt. Warum müssen wir Menschen das Leben der Tiere managen? Das machen die doch selbst?

Die Tiere ja. Aber man muss ein bisschen vorher anfangen. Die Tiere die ursprünglich in unserer Natur, unserer Umgebung, vorkamen, wurden durch uns Menschen verdrängt. Wir haben Häuser, Dörfer, Städte und Straßen gebaut und die Landschaft genutzt.

Eine Kulturlandschaft erschaffen...

Ganz genau. Und damit haben wir uns so breit gemacht, dass sich uns nur wenige Arten anpassen konnten. Und die, die das nicht konnten, haben wir verdrängt. Jetzt geht es darum – so sehe ich meinen Beruf – nicht die Tiere zu managen, sondern die Situation, die wir als Menschen geschaffen haben. Es geht darum, dass und wie wir als Menschen wieder mit den Wildtieren zusammenleben können.

Also läuft es darauf hinaus, dass Sie Verständnis bei den Menschen schaffen müssen?

Mitunter ja. Und wir müssen so viel es geht über die Tiere erfahren, um so gut wie möglich die Herausforderungen des Zusammenlebens lösen zu können. Wir müssen die Bedürfnisse von Menschen und Tieren sehr ernst nehmen und das Miteinander managen.

Der Wisent ist reizvoll, weil ihn die Natur gemacht hat

Ihre Abschlussarbeit befasste sich mit schottischen Hochlandrindern. Welche Parallelen können Sie zwischen wild aussehenden aber doch domestizierten Rindern und den tatsächlich frei lebenden Wisenten ziehen?

Schottische Hochlandrinder sind eine domestizierte Rasse, der Wisent nicht. Ich habe die Hochlandrinder in einem niederländischen Nationalpark in Drents Friese Wold kennengelernt. Die Tiere konnten sich in dem eingezäunten Park allerdings frei bewegen. Dort habe ich Verhaltensforschung gemacht. Die Tiere, mit denen ich gearbeitet habe, waren Menschen einfach nicht gewöhnt und waren sehr scheu. Obwohl es eine domestizierte Art ist, war es sehr schwer Hochlandrindern zu folgen und sie zu beobachten. Das ist vielleicht die Parallele.

Engagiert auch als Richter für Jagdgebrauchshunde

Michael Hagedorn ist von Beruf Bestatter, 58 Jahre alt, und Leiter des Hegerings Erndtebrück.

Er engagiert sich außerdem als Jagdgebrauchshunderichter und ist stellvertretender Vorsitzender des Wachtelhundevereins, Landesgruppe Westfalen.

Vor 42 Jahren hat er die Jägerprüfung in Bad Berleburg abgelegt.

Wie groß ist die Fluchtdistanz der Hochlandrinder?

Oh, ich bin auch nicht näher als 70 Meter an die herangekommen. Obwohl sie domestiziert sind, verhalten sie sich sehr schnell wieder wie ein wildes Tier. Aber für mich bleibt der Wisent eindrucksvoller, weil er kein durch uns Menschen gezüchtetes Tier ist. Der Wisent ist ein Tier, das die Natur so geschaffen hat.

Sie haben bereits mit Gorillas im afrikanischen Regenwald gearbeitet, was macht dann die Wisente oder dieses Projekt aus Ihrer Sicht besonders?

Das ist nicht ganz korrekt. Es waren keine Gorillas und kein Regenwald. Es war afrikanischer Wald und es war eine Gattung der Meerkatzen.

Okay. Aber wenn man schon so weit weg war und mit exotischen Tieren gearbeitet hat, warum dann Wisente und Wittgenstein?

Gerade dann! Ich habe ja, während meiner Ausbildung ausschließlich im Ausland gelebt und Forschung gemacht, aber nie in meinem Heimatland. Je mehr und länger ich weg war, desto mehr habe ich gewünscht, das was ich gelernt habe auch in meiner Heimat anwenden zu können. Für Sie mag das langweilig sein, aber je länger ich weg war, desto faszinierter war ich von der Fauna meiner Heimat. Für mich ist diese Arbeit jetzt sehr besonders. In Deutschland haben wir so eine Vielfalt an Landschaften und Möglichkeiten, um hier wieder Tiere die ursprünglich hierher gehört haben, wieder herkommen zu lassen, nicht nur wieder anzusiedeln. Warum fangen wir nicht in unserem eigenen Land an?

Demnächst muss der Bulle Egnar zusammen mit seinen Söhnen die frei lebende Herde verlassen um Inzucht zu vermeiden? Wie kann man ein solches Tier einfangen, ohne es zu gefährden?

Das wird unter Narkose passieren, weil das für alle Beteiligten, also für Mensch und Tier, die sicherste Maßnahme ist. Es besteht aber immer auch ein Restrisiko. Aber wir arbeiten mit einem erfahrenen Team und selbstverständlich mit Veterinären zusammen. Das sind alles Profis, die wissen, wie man damit umgehen muss.

Bulle Egnar muss Wittgenstein verlassen

Wird das zeitnah passieren?

Ja. Seine jüngste Tochter wird bald geschlechtsreif und um diese Inzucht zu vermeiden, müssen wir da jetzt eingreifen.

Noch steht das Wisentprojekt vor einer hohen juristischen Hürde. Wie können Sie mit Ihrer Arbeit dazu beitragen, die Wisente vom Schälen fremder Buchen abzuhalten?

Ob man und ich das in meiner Position den Tieren abgewöhnen kann, das kann ich nicht zu 100 Prozent sagen. Ich werde auf der Arbeit von Coralie Herbst aufbauen. Ich möchte Ursachenforschung betreiben und Möglichkeiten ausprobieren. Außerdem ist eine forstwirtschaftliche Untersuchung zur Vitalität der geschälten Buchen geplant. Dabei sollen die Effekte, die die Tiere für die Bäume und die Waldwirtschaft haben, untersucht werden.