Bad Berleburg. . Waldbauer Hartmut Schauerte, Wisentexperte Fred Zentner, Forstdiorektor Johannes Röhl vom Trägerverein des Projektes und NRW-Umweltminister Johannes Remmel diskutieren, ob das Artenschutzprojekt gescheitert ist.
- Wisentfreunde und Gegner tauschen Argumente aus.
- Schälschäden an Buchen und Gefahren für Touristen sind Ärgernisse
- Tourismus und Artenschutz sind starke Argumente
Im Streit um die frei lebenden Wisente im Rothaargebirge bleiben die Fronten klar und ebenso verhärtet. Das ist das Ergebnis einer Podiumsdiskussion mit Bürgerbeteiligung, zu der der Westdeutsche Rundfunk für seine Sendung „WDR5-Stadtgespräch“ in das Bad Berleburger Bürgerhaus eingeladen hatte.
Auf dem Podium vertrat der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Hartmut Schauerte die Interessen der sauerländischen Waldbauern, die das Artenschutzprojekt wegen der zum Teil massiven Schälschäden an Buchen auf sauerländischer Seite kritisieren. Auf die Eingangsfrage von Moderator Thomas Koch, ob das Projekt gescheitert sei, hatte Schauerte eine klare Antwort: „So wie das Projekt betrieben wird, ist es für mich gescheitert“, formulierte Schauerte seinen Unmut.
Langer Atem wird benötigt
Für Wisentexperte Fred Zentner, der auf dem Damerower Werder in Mecklenburg-Vorpommern ein vergleichbares Projekt betreut, ist klar: „Wer Artenschutzprojekte betreiben will, muss einen langen Atem haben. Aus meiner Sicht ist es zu früh eine Bewertung abzugeben.“
Für Johannes Röhl, der als Forstdirektor der Wittgenstein-Berleburg’schen Rentkammer und 2. Vorsitzender des Trägervereins das Projekt seit der Idee vor 14 Jahren begleitet, „ist das Projekt geglückt, auch wenn nach wie vor einige Fragen zu klären sind.“
Auch NRW-Umweltminister Johannes Remmel will noch kein positives oder negatives Urteil fällen: „Das kann man zu diesem Zeitpunkt nicht sagen.“
Schauerte bezweifelt auch, dass die Obergrenze von 25 Tieren zu halten sei, wenn die stark geschützte Art vom Oberlandesgericht als herrenlos und frei eingestuft werde. Dann dürfe da niemand mehr eingreifen. Deshalb warnte Schauerte vor einer Herde von 400 Wisenten. „Ein Wisent frisst so viel wie vier Hirsche“, rechnete der Sauerländer vor und malte ein Szenario mit einer „fraß-, sex- und wärmegesteuerten“ Herde , die vor allem über die Buchen im Sauerland herfallen werde. Das mochten weder Johannes Röhl noch Umweltminister Remmel so stehen lassen. „Die Wisente werden über 25 Tiere nicht hinauskommen“, sagte Remmel. Und Röhl erläutert, dass es nicht Ziel des Projektes sei, eine Herde von 100 oder 150 Tieren zu züchten, sondern aufzuzeigen, dass auch im Wirtschaftswald eine kleine Herde existieren könne. Ein weiterer wichtiger Kritikpunkt abseits von Schälschäden, war die Sicherheit von Touristen, weil die Wildrinder keine Scheu vor Menschen zeigten und es bereits einen Zwischenfall mit einer Wandererin und deren Hund gegeben habe. Hier mahnte Johannes Röhl zu mehr Gelassenheit. Die Wisentkuh habe ihr Kalb verteidigt. Und Johannes Röhl betonte, dass Menschen, die in den Wald gehen, den Tieren mit dem nötigen Respekt begegnen sollten.
Paul Breuer, Mitinitiator des Projektes, schüttelte nur den Kopf über die verhärteten Fronten: „Ich habe noch keinen Punkt gehört, für den man nicht eine Lösung finden kann.“
Vorschlag zum Herdenmanagement
Ein Vorschlag, Probleme mit der Herde zu lösen hat Fred Zentner. Aus seinen Erfahrungen in Mecklenburg-Vorpommern setzt er auf ein Herdenmanagement durch Beobachten und Lenken durch Fütterung.
Fred Zentner: Es sind die einzigen frei lebenden Wisente in Westeuropa... Ich denke, die Region wird durch die Wisente zusammenwachsen. ... Mit einem Herdenmanagement und einer Fütterungssteuerung lassen sich die Probleme verringern.
Zentner: Ich wünsche mir, dass das Projekt fortgesetzt wird, aber in einem 2000 Hektar großen Gatter. Damit die Wisente ihre wichtige touristische Anziehungskraft weiter entfalten können.
Zentner: Eine Vision von einer Herde von mehreren hundert Tieren ist abwegig. Grundlage für das Projekt ist es, die genetische Breite einer fast ausgestorbenen Art zu verbessern. Ein Herdenmanagement gehört dazu.
Zentner: Die Wisentherde wird auch in zehn Jahren noch die gleiche Größe haben und ich hoffe, dass sich die Sorgen der Menschen bis dahin relativiert haben werden.