Warstein/Düsseldorf. . Noch keine Entwarnung in der Legionellen-Krise: In der Betriebskläranlage der Warsteiner Brauerei sind auch im Januar sehr hohe Legionellen-Konzentrationen gemessen worden. Landesumweltminister Remmel (Grüne) räumt ein, dass die Entfernung der Keime „problematisch“ sei.
Die Sanierung und Sicherung der mit Legionellen belasteten Anlagen in Warstein kostet etwa sieben Millionen Euro. Diese Zahl nannte Landesumweltminister Johannes Remmel (Grüne) am Mittwoch erstmals im Umweltausschuss des Landtags. Sie beruht auf Schätzungen des Ruhrverbandes. 1,8 Millionen Euro entfallen demnach auf die Sanierung des „Brauereikanals“, der mit druckdicht verschlossenen Revisionsschächten versehen werden soll. Der Kanal führt direkt durch die Warsteiner Kernstadt.
Remmels Angaben zufolge wollen der Ruhrverband, die Brauerei und die beteiligten Behörden in „drei bis vier Monaten“ mit den Bauarbeiten beginnen.
Lage nach wie vor problematisch
Der Umweltminister gab am Mittwoch einen Sachstandsbericht zur aktuellen Situation in Warstein ab. Darin räumte er ein, dass die Lage nach wie vor problematisch sei, da in Warstein erstmals Abwasser als Vermehrungsquelle für Legionellen identifiziert worden seien. „Ein Problem stellt dar, dass zur Zeit keine Erfahrungen vorliegen, wie aus einem Bioreaktor (Belebungsbecken der Kläranlage), der Legionellen als Aufwuchsbecken dienen kann, wenn sie bereits in hoher Konzentration vorhanden sind, Legionellen entfernt werden können“, sagte Remmel laut dem unserer Zeitung vorliegenden Ausschuss-Sprechzettel. „Eine komplette Außerbetriebnahme und Desinfektion von betrieblicher Kläranlage, Kanalisation und kommunaler Kläranlage ist aus technischer und finanzieller Hinsicht derzeit nicht darstellbar.“
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Noch im Januar seien im Belebungsbecken der Betriebskläranlage der Brauerei sehr hohe Konzentrationen gemessen worden, und zwar im „Millionen-Bereich“, wie Remmel dieser Zeitung sagte. Die zuletzt gemessenen Legionellen-Konzentrationen in den Flüssen Wäster und Möhne seien dagegen unkritisch. Das seit September geltende Wasserentnahmeverbot für diese Flüsse gelte jedoch grundsätzlich weiter. Bevor dieses aufgehoben werden könne, seien weitere Untersuchungen erforderlich.
Keine Entwarnung für Warstein
Seit November sind direkt unterhalb der Kläranlage Warstein keine Legionellen mehr identifiziert worden. Doch dort, wo sich die Bakterien gut vermehren können, sind sie noch immer vorhanden und auch nicht so einfach zu entfernen.
Konkret sind es die Tropfkörper der Kläranlage und die Belebungsbecken, die als „Bioreaktor“ für die Legionellen dienen und ihr Wachstum beschleunigen. Erst im Januar wurden in einem Belebungsbecken der Betriebskläranlage der Brauerei erneut sehr hohe Legionellenkonzentrationen gemessen – „im Millionen-Bereich“, wie Remmel gegenüber dieser Zeitung sagte. Die Bedingungen, die die Bakterien dort vorfinden, sind für den Nährstoffbedarf der Legionellen nahezu ideal.
Legionellen-Konzentration wird sich nicht von alleine verringern
Was bedeutet das? Die Legionellen-Konzentration wird sich nicht von alleine im Laufe der Zeit verringern. Eine komplette Außerbetriebnahme und Desinfektion der Brauerei-Kläranlage, der Kanalisation sowie der kommunalen Kläranlage sei aus technischer und finanzieller Hinsicht derzeit „nicht darstellbar“, so Remmel laut dem unserer Zeitung vorliegenden Sprechzettel des Ministers für den Ausschuss.
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Derzeit werden nach Aussage des Ministers verschiedene Methoden erprobt, um die Belastung zu reduzieren. Dies geschieht im Falle der Brauerei durch eine Alkalisierung und anschließende Neutralisierung der betrieblichen Abwässer. Für Dr. Gero Beckmann, Leiter der Abteilung Hygiene und Beratung am Institut Romeis in Bad Kissingen , ist das „eine Stellschraube, um in das Geschehen einzugreifen.“ Auch er sieht die komplette Entfernung der Legionellen-belasteten Abwässer schwierig: „Das wird sehr schwer sein, die Keime dort rauszukriegen. Man kann ein Klärbecken ja leider nicht auf die nötige Temperatur erhitzen, um die Legionellen abzutöten. Dann wäre es relativ einfach.“
Doch so lange die Legionellen nach wie vor in den Klärbecken der Brauerei vorhanden sind, könnten sie theoretisch durch den Brauereikanal in die kommunale Kläranlage eingeleitet werden – mitten durch die Stadt. Die Gullis des Kanals waren nach Bekanntwerden der Legionellen-Belastung bei der Brauerei im September mit Vlies abgedeckt worden, um zu vermeiden, dass die Legionellen aus dem Kanal durch Aerosole in die Luft gelangen.Um dies zukünftig komplett auszuschließen, haben Brauerei und Ruhrverband ein Abwasserbehandlungskonzept vorgestellt, in dessen Mittelpunkt die Sanierung eben dieses Brauereikanals steht.
Baubeginn in drei bis vier Monaten
1, 8 Millionen Euro sollen nach ersten Schätzungen des Ruhrverbandes investiert werden, um den Kanal mit druckdicht verschlossenen Revisionsschächten zu versehen. Dadurch soll jeder Aerosolaustrag künftig ausgeschlossen sein. Insgesamt beläuft sich die Investitionssumme für das Abwasserbehandlungskonzept auf ungefähr sieben Millionen Euro. In drei bis vier Monaten sollen die Bauarbeiten zu den Sanierungsmaßnahmen beginnen, so die Planungen von Ruhrverband, Brauerei und beteiligten Behörden.
Bis diese umgesetzt sind, gilt eine ordnungsrechtliche Anordnung, dass die Stadt Warstein sicherzustellen hat, dass alle Gullis des Brauereikanals abgedeckt sind. Ab sofort wird zudem der Ablauf der Brauerei kontinuierlich mit einem Dauerprobenahmegerät durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) überwacht. „Es kann keine Entwarnung gegeben werden. Wir müssen den Winter nutzen, um eine Lösung zu finden“, sagte die heimische Landtagsabgeordnete Dagmar Hanses.