Pietrapaola/Warstein. . Was in Deutschland noch eifrig diskutiert wird, ist in Italien längst Realität: Dort lernen bereits in der Grundschule Kinder mit und ohne Förderbedarf gemeinsam. Wie Inklusion auch in Deutschland funktionieren kann, ließen sich drei Warsteiner Lehrer jetzt von ihren Kollegen in Pietrapaola erklären.

Das in Deutschland diskutierte Thema der Inklusion — Integrieren von Förderschülern in normalen Schulen — beschäftigte ein hochkarätig besetztes Podium beim Europatreffen in Pietrapaola. Vertreter der Bezirksregierung Cosenza hatten Pädagogen und Politiker zu einem Symposion eingeladen, um die Schulformen beider Länder zu vergleichen. „Der Prozess ist mit vielen Ängsten der Kollegen verbunden, die für das jetzige Schulsystem ausgebildet wurden“, erklärte Cornelia Bornefeld-Gronert. Als sie vor dreißig Jahren studiert habe, gab es in Italien den großen Umbruch „und wir haben neidvoll hier herüber geschaut“.

Klasse eine Gesellschaft im Kleinen

Die für die sonderpädagogische Förderung zuständige Schulrätin beim Kreis Soest stellte sich zum Auftakt der zweitägigen Schulkonferenz im Interview dem italienischen Fernsehsender RAJ. Sie machte deutlich, dass in Deutschland 70 bis 80 Prozent der Kinder mit besondern Bedürfnissen in Förderschulen untergebracht sind, daher wolle man von den Erfahrungen der Italiener lernen. Wie ihr Amtskollege Dottore Francesco Fusca erläuterte, steht in Italien im Vordergrund, dass eine Klasse die Gesellschaft im Kleinen repräsentiere. Daher gehörten auch Förderschüler mit einem zusätzlichen Betreuungslehrer in die Klassen. Der kritisierte allerdings, dass die Investitionen für Lehrerfortbildungen stark zurückgefahren wurden.

Winfried Ebert, ebenfalls vom Schulamt, überbrachte den Teilnehmern der Konferenz im Hotel „Il Carlino“ die Grüße der Bezirksregierung Arnsberg und machte deutlich, dass die Grundschulen in den vergangenen Jahren schon Veränderungen erfahren haben. „Es gibt große Anstrengungen zwischen Schulen und Kindergärten, die Kinder so früh wie möglich zu fördern.“

Zu seinem Fazit befragt, erklärte Ebert, das Treffen habe gezeigt, dass beide Seiten bestrebt sind, voneinander zu lernen. Daher soll es auf Schulaufsichtsebene weitere Kontakte geben und die Gesprächsrunden fortgesetzt werden. Eine Einladung nach Deutschland wurde ausgesprochen. Cornelia Bornefeld-Gronert erkannte durch den Vergleich vor Ort, „dass wir in Deutschland am meisten differenzieren.“ Trotzdem gebe es noch ähnliche Probleme. „Wir wollen das jetzige System umbauen, aber nicht abreißen. Man muss neue Wege gehen, andere therapeutische Angebote in die Schulen holen. Die Diskussionen haben den Kopf geöffnet für neue Perspektiven. Eine Fortsetzung ist erforderlich.“

In anderen Ländern funktioniert es

Auch den beteiligten Lehrern aus Warstein, Belecke und Rüthen brachte diese Fortbildung in Italien neue Erkenntnisse. Karin Bamberg und Monika Heroldt von der Westerbergschule in Belecke: „Durch das Öffnen der Türen, können wir voneinander lernen. Wichtig ist uns, dass es weiter studierte Sonderpädagogen für spezielle Fachgebiete geben soll. Toll an dem System in Italien ist, die Schule arbeitet eng mit Physiotherapeuten, Logopäden, Mediziniern etc. zusammen. Das muss auch hier unser Ziel sein.“

Brigitte Werner, Leiterin der Verbundschule Rüthen: „Ich nehme das für mich positiv mit zu sehen, dass Inklusion in Italien klappt. Man sieht, dass es in anderen Ländern funktioniert. Das nimmt einem die Angst vor dem neuen Gesetz, das uns hier übergestülpt wird.“