Helsinki/Hirschberg. . Svenja Fischer aus Hirschberg verbringt Weihnachten als Betreuerin für Behinderte in Finnland. Ihr Zuhause vermisst sie nur in einem Moment.

  • Hirschbergerin verbringt Feiertage in Dorfgemeinschaft für Behinderte nördlich von Helsinki
  • Zum traditionellen Lucia-Singen zieht sie in weißen Gewändern von Haus zu Haus
  • Silvester wird dagegen genauso gefeiert wie Zuhause

Schon die ersten Monate in Finnland waren wahnsinnig aufregend, aber der Dezember stach noch einmal heraus. Der Advent und die Feiertage rund um den Jahreswechsel sind eben auch in einer Wohngemeinschaft für Behinderte, in der ich als Freiwillige arbeite, eine besondere Zeit.

Angefangen hat der Dezember mit einem pädagogischen Treffen in Helsinki, bei dem ich zwei andere Freiwillige aus meinem Vorbereitungsseminar wiedergesehen habe, was uns alle drei unglaublich gefreut hat.

Waldorf-Techniken gelernt

An dem Tag haben wir Techniken kennengelernt, mit denen auch in Waldorfschulen gearbeitet wird: Wir haben gemalt und Figuren aus Ton geformt. Dieser Tag hat sehr viel Spaß gemacht, vor allem weil unsere Freiwilligengruppe eine Übernachtung in Helsinki dazu gebucht hat. Somit waren wir am Vorabend schon in der Stadt unterwegs und nach dem Ende der Veranstaltung besuchten wir noch den Weihnachtsmarkt direkt am Dom.

Svenja Fischer hat Jahreszeiten in Farben ausgedrückt.
Svenja Fischer hat Jahreszeiten in Farben ausgedrückt. © Svenja Fischer

Am 13. Dezember stand dann das Lucia-Singen an: Dieser Brauch ist hier relativ verbreitet, doch leider kann man niemand hundertprozentig erklären, wieer entstanden ist. Nur so viel: Man sagt, dass die heilige Lucia nachts heimlich Christen mit Essen versorgt hat und dabei einen Kerzenkranz auf dem Kopf trug.

Lucia-Singen in weißen Gewändern

Der Gedenktag sah bei uns so aus, dass wir Freiwilligen uns morgens um 5 Uhr getroffen haben, um weiße Gewänder anzuziehen und dann in jedes Haus unserer Wohngemeinschaft zu gehen und das Lied „Pyyhä Lucia“ (zu Deutsch „Heilige Lucia“) zu singen. Trotz des frühen Aufstehens hat es uns allen sehr viel Spaß bereitet.

Kurz vor Weihnachten ging es dann für uns alle nach Tallinn, der Hauptstadt Estlands. Glücklicherweise hatten wir ein Hostel direkt in der Altstadt und konnten von dort aus alles erkunden. Wer also mal ein paar Tipps für seine nächste Reise haben möchte, kann sich gerne melden, ich kann einige gute Kneipen und Restaurants empfehlen!

Unter Gesang die Kerzen angezündet

Die Weihnachtszeit selber war für mich persönlich gar nicht so hart, wie ich dachte. Für das richtige Gefühl in der besinnlichen Zeit hat die Familie gefehlt, aber nichtsdestotrotz hatten wir schöne Stunden.

Die Altstadt von Tallinn.
Die Altstadt von Tallinn. © Svenja Fischer

Aufgrund der Tatsache, dass viele unserer Bewohner über die Feiertage nach Hause gefahren sind, wurden die Verbliebenen auf die noch geöffneten Häuser verteilt. An Weihnachten trafen wir uns alle in der zentralen Halle, sind summend mit der finnischen Version von „Stille Nacht“ eingezogen und haben unter Gesang die Kerzen am Baum angezündet.

Anschließend wurde ein Teil des Lukas-Evangeliums erst auf Finnisch und dann von mir noch auf Englisch vorgelesen. Wieder singend wurden kleine Laternen angezündet, die die einzelnen Häuser später mitnahmen, um mit dieser Flamme die Kerzen ihrer jeweiligen Weihnachtsbäume anzuzünden.

Kühen im Stall vorgelesen

Bevor wir ein sehr leckeres Weihnachtsessen bekamen, wurde auch noch bei den Kühen im Stall gesungen und vorgelesen. So wurde auch den Tieren eine Ehre erwiesen. Eine schöne Geste, wie ich finde. Abends sind wir in die Kirche gegangen und danach haben sich ein paar von uns Freiwilligen noch getroffen, um die Geschenke aus der Heimat zusammen zu öffnen – somit haben wir uns unser eigenes Fest gestaltet.

Silvester in Finnland war genauso wie Zuhause: Um 0 Uhr wurden Raketen und Böller gezündet, aber danach waren alle ziemlich schnell in ihren Betten. Wir Freiwilligen haben uns auch einen schönen Abend gemacht, indem wir gekocht, Blei gegossen und am nächsten Tag unseren freien Tag genossen haben.

Zwischen diesen ganzen Ereignissen hatte jeden Sonntag unsere Cafeteria geöffnet, wir sind mit ein paar Bewohnern Schlitten gefahren, ein Weihnachtsstück wurde aufgeführt, der finnische Unabhängigkeitstag sowie der 50. Geburtstag eines Bewohners wurden gefeiert, es wurden Weihnachtskarten gebastelt und verschickt und und und...

Temperaturen bis zu -24 Grad

Es war also allerhand zu tun und auch wenn die Feiertage ganz gut taten, ist es doch schön, dass nun der Alltag wieder beginnt!

Übrigens habe ich hier auch schon Temperaturen von -24 Grad erlebt. Da bleibt man besser im Haus! Wir haben uns nur bis nach Helsinki getraut, waren dort aber die meiste Zeit in Kaufhäusern, für alles andere war es schlicht zu kalt. Aber eine Erfahrung ist es auf jeden Fall wert, die jetzigen Temperaturen von minus 2 Grad fühlen sich glatt wie im Juli an!

Ich hoffe, in Deutschland sind auch alle gut ins neue Jahr gekommen und hatten schöne Feiertage, also: Hyvää Joulua ja utta vuotta (Frohe Weihnachten und ein frohes neues Jahr)!