Hirschberg/Nakkila. . Dämpfer für Svenja Fischer während ihres Auslandsjahres in Finnland: Die Hirschbergerin wechselt ihre Einsatzstelle – aus ganz persönlichen Gründen.

Die Zeit vergeht wie im Fluge, ich kann gar nicht glauben, dass ich schon zwei Monate in Finnland lebe. Innerhalb dieser kurzen Zeit habe ich schon sehr viel über mich selbst gelernt, wovon ich einen kleinen Einblick geben will.

Ich habe bemerkt, wie viel Freude es mir macht, Menschen zu helfen, die an ihrem Verhalten arbeiten wollen und die mit Problemen aus der Vergangenheit zu kämpfen haben – auch wenn es nicht immer einfach ist, sieht man in vielen kleinen (und auf den ersten Blick bedeutungslosen) Situationen doch einen Erfolg und das gibt mir in jedem kräftezehrenden Moment Hoffnung und Mut, weiterzumachen.

Jugendlichem eine Chance geben

Zur Erinnerung: Ich betreue auf einem Bauernhof mitten in Finnland einen auffällig gewordenen Jugendlichen aus Deutschland. Natürlich gab es da auch schon Augenblicke, in denen ich mich am liebsten verkrochen hätte. Schon mehr als einmal wusste man nicht genau, wie dieser Mensch auf bestimmte Handlungen reagiert, aber trotzdem gibt man nicht auf, weil man gerade einem Jugendlichen die Chance auf eine Verhaltensänderung geben will.

Es ist oft einfach spannend zu sehen, wie unterschiedlich wir Menschen auf verschiedene Handlungen reagieren und wie sehr uns doch die Vergangenheit immer prägt. Gerade bei dem zu betreuenden Jugendlichen hier merkt man, wie für uns scheinbar unbedeutende Reaktionen bei ihm unglaublich schmerzhafte und verletzende Erinnerungen wach rufen können. Die Herausforderung ist es dann, darauf angemessen einzugehen. Das erste Wochenende im November haben meine Mitfreiwillige und ich in Helsinki verbracht und es war wunderschön! Die Hauptstadt Finnlands hat einfach etwas Besonderes und da es hier auch schon geschneit hat, konnten wir dieses Flair in Weiß erleben.

Angesichts der Tatsache, dass die Fernbusse bei einer rechtzeitigen Buchung sehr günstig sind und wir ein ebenso günstiges Hostel auf einer kleinen Insel vor der Küste Helsinkis gefunden hatten, wurde unser Geldbeutel etwas geschont und wir haben trotzdem tolle Erinnerungen mitnehmen können.

Sich selbst unterschätzt

Leider muss ich auch eine – mehr oder weniger – schlechte Nachricht mitteilen. So sehr die oben genannten Aspekte dazu beigetragen haben, mich gedanklich mehr mit den möglichen Fehlern in der Entwicklung und Erziehung des Menschen zu beschäftigen, habe ich doch feststellen müssen, dass ich mir nicht vorstellen kann, ein Jahr hier zu bleiben. Meine Entscheidung, die Einsatzstelle zu wechseln, fiel mir sehr schwer, aber ist letztendlich auf viele unterschiedliche Gründe zurückzuführen, die ich nicht im Einzelnen erklären werde.

Es sind vor allem die äußerlichen Umstände, die mich unwohl fühlen lassen – zum Beispiel die Tatsache, dass wir hier nur mit sechs Personen leben oder wir hauptsächlich Deutsch reden, obwohl das Dinge waren, die ich vorher schon wusste. Ich hatte mich gerade wegen dieser Aspekte dazu entschieden, mich für diese Einsatzstelle zu bewerben. Ich dachte, durch die Ähnlichkeiten mit Zuhause könnte ich dem vorbeugen. Doch es ist wohl so, dass ich mich selber unterschätzt habe und ich mir weitaus mehr zutrau­e.

Andere Freiwillige begleitet Svenja

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich werde schon in wenigen Tagen in die Camphill-Gemeinschaft Tapola ziehen und dort in einer Hausgemeinschaft zusammen mit Behinderten und Mitarbeitern leben. Obwohl ich noch nie engeren Kontakt zu behinderten Menschen hatte, freue ich mich auf diese Herausforderung und bin schon fleißig am Packen.

Meiner Mitfreiwilligen geht es ähnlich wie mir, sie konnte ebenfalls einen Platz in Tapola bekommen. Ich bin sehr erleichtert, dass sie mich begleiten kann und unser gemeinsam begonnenes Jahr weitergehen kann.

Ich denke, ich werde trotz des Wechsels noch viele spannende Geschichten zu erzählen haben und freue mich, bald von meinem zweiten Anfang in Finnland zu berichten.