Warstein. . Svenja Fischer wird für ein Jahr auf einem Bauernhof mitten im Finnland leben und dort auffällig gewordene Jugendliche betreuen. Angst hat sie nicht.
Wenn Svenja Fischer Ende August ins Flugzeug steigt, wird sich ihr Leben mit einem Schlag grundlegend ändern – heraus aus der Obhut der Eltern, hinein in das bisher größte Abenteuer ihres Lebens. Ein Jahr lang wird sie mitten in den Weiten Finnlands als Betreuerin auffällig gewordener Jugendlicher auf einem Bauernhof mitarbeiten. „Das kann ziemlich hart werden“, ist sich die 18-Jährige bewusst, „aber wenn ich das jetzt nicht mache, würde ich es bereuen.“
Die Abiturientin sieht das besondere Auslandsjahr als eine Art Vorbereitung auf ein Studium der Sozialen Arbeit, das sie im Anschluss aufnehmen möchte. „Es gibt keine bessere Zeit, Erfahrungen für mich zu sammeln.“
Svenja Fischer wird auf dem Hof eines deutsch-finnischen Ehepaares rund 200 Kilometer nordwestlich von Helsinki, in der Nähe der Hafenstadt Pori leben. Dort werden im Rahmen der Jugendhilfe auffällig gewordene Jugendliche aus Deutschland für jeweils ein Jahr aufgenommen. „Diese Kinder nehmen Drogen, sind gewalttätig oder leiden unter psychischen Krankheiten“, zählt die Hirschbergerin die zahlreichen Problembereiche auf, mit denen sie in Finnland konfrontiert sein wird. Neben Fischer und einem weiteren Freiwilligen werden die 14- bis 15-Jährigen auf dem Hof auch von pädagogischen Fachkräften und Sozialarbeitern betreut.
Geordneter Tagesablauf
Der Tagesablauf ist streng reglementiert. Morgens bereitet eine Gruppe das gemeinsame Frühstück, während der Rest im Stall die Tiere versorgt. „Nach dem Frühstück geben wir den Jugendlichen dann Unterricht, damit sie nach der Rückkehr nach Deutschland in der Schule nicht zu sehr hinterher hinken“, berichtet Svenja Fischer. Nachmittags fallen dann – je nach Jahreszeit – wieder Aufgaben auf dem Hof an. „Das ist enorm vielfältig“, schwärmt die 18-Jährige, „wir müssen ganz banale Gartenarbeit machen, aber dann müssen auch mal die Schafe per Hand geschoren werden.“ Auch ein Café und ein Laden gehören zum Hof und werden von den Jugendlichen und ihren Betreuern mitgeführt.
„Gerade, dass man nicht den ganzen Tag in der Schule sitzt, sondern so vielseitige Aufgaben erledigt, finde ich so reizvoll“, freut sich die Abiturientin auf die Herausforderung. Vor dem eigenen Einsatz im Stall fürchtet sie sich nicht. „Dann macht man halt sauber.“
Auf den Einsatz vorbereitet wird sie mit einem zehntägigen Seminar in Rottweil kurz vor dem Abflug. Etwa nach einem halben Jahr in Finnland folgt vor Ort ein zweiter Workshop und nach der Rückkehr tauschen sich die Ehrenamtlichen noch einmal aus. „Ich bin noch nie mit solchen Jugendlichen in Kontakt gekommen“, sagt Svenja Fischer, „den Umgang werde ich erst einmal lernen müssen.“ Doch Sorgen wischt sie beiseite: „Ich lasse das jetzt einfach auf mich zukommen.“
Interesse an skandinavischer Kultur
Die erste Wahl der 18-Jährigen wären eigentlich die Vereinigten Staaten gewesen. Nachdem das nicht geklappt hat, entschied sie sich für Finnland. „Skandinavien hat mich schon immer interessiert“, erzählt sie, „gerade weil wir in Deutschland von der Kultur nicht viel mitbekommen.“ Auf einen langen, dunklen Winter ist Svenja Fischer eingestellt. „Und ich kriege ja auch den Sommer mit.“
So will sie in jedem Fall auch über Weihnachten in Finnland bleiben. „Ich mache das entweder ganz oder gar nicht“, stellt sie klar. Ihre Familie ist vorbereitet: „Ein Jahr ohne mich werden die schon überleben.“