Soest. Bullenaugen, Bier und Bratwurst gehören dazu wie die fliegenden Händler und Marktschreier. Der Pferdemarkt auf der Soester Allerheiligenkirmes hat große Tradition. Hier geht am zweiten Kirmestag die Post ab. Wer den Rummel mag, mischt sich unters Volk. Allerdings: Nicht allen Kirmes-Fans gefällt der neue Standort zwischen Osthofen- und Thomätor.

Bullenaugen, ein brauner Speziallikör mit einem Schuss Sahne. Das gibt es nur auf der Soester Allerheiligenkirmes. Beim Pferdemarkt machen die Pinnekes unter den Schnapsdrosseln schon am hellichten Tag die Runde. Auch an den Bierbuden bleibt keine Kehle trocken. Der Gerstensaft fließt ununterbrochen aus den Zapfhähnen. "Hoch die Becher", heißt das Motto schon am Morgen. Schließlich ist es eine Jubiläumskirmes. Zum 675. Mal feiern die Menschen in der Bördestadt den traditionellen Jahrmarkt. Nicht überschäumend, aber fröhlich.

Mit bunten Hüten, lustigen Brillen und dem rot-weißen Kirmesschal ziehen Männchen und Weibchen durch die Gassen der Altstadt. Andere lassen sich nur bespaßen. Es herrscht eine Stimmung fast wie im Karneval. Kein Wunder: die Kirmestage sind für die Soester und ihre Besucher die fünfte Jahreszeit.

Höhepunkt ist schon am zweiten Tag der Pferdemarkt. Schulen bleiben geschlossen, Behörden und Betriebe machen dicht. Wer den Rummel mag, mischt sich unters Volk. Im Pulk von Kollegen/innen und Freunden/innen, Kegelbrüdern und Kegelschwestern oder Vereins- und Sportskameraden/innen. Pärchen genießen das Treiben lieber Hand in Hand. Spaß haben wollen alle. Früh geht die Party ab, sie endet erst spät in der Nacht.

"Schätzpferde" werden gestreichelt und gefüttert

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Ein "Schätzpferd" zum Streicheln. Die Vierbeiner gaben dem Pferdemarkt einst seinen Namen. Foto: Sellmann © Hartwig Sellmann/WNM

Bis zum frühen Nachmittag läuft der Pferdemarkt. Früher wurde hier das Gewicht eines Bullen geschätzt, heute stellt sich die Frage: Wie schwer sind die vorgeführten Tiere, die dem Pferdemarkt ihren Namen gaben? Keine leichte Aufgabe. Bis das Ergebnis feststeht, füttern große und kleine Pferdeliebhaber die Vierbeiner mit Möhren. Die "Schätzpferde" brauchen Zuneigung.

Auf dem Georg-Plange-Platz tuckern einige Meter weiter die Motoren alter und neuer Traktoren. Die Landmaschinen-Ausstellung ist eine Premiere auf dem Pferdemarkt. Wie überhaupt der gesamte Standort gewöhnungsbedürftig wirkt. Erstmalig spielt sich das Markttreiben zwischen Thomä- und Osthofentor ab. Eine gute Idee? Die Meinungen sind gespalten. Vielen eingesessenen Kirmes-Gängern hat früher die Atmosphäre zwischen Osthofentor und Bahnhofsvorplatz besser gefallen. Warum? Da sei mehr Leben gewesen, mehr Enge, mehr Flair. Schönere Stimmung und größere Unterhaltung. Das gewisse Etwas. Es fehle jetzt. Ansichtssache!

Die Marktschreier mit markanten Sprüchen am Osthofentor

Wurst-Achim ist ein Marktschreier besonderer Güte. Er übertönt alle. Foto: Sellmann
Wurst-Achim ist ein Marktschreier besonderer Güte. Er übertönt alle. Foto: Sellmann © Hartwig Sellmann/WNM

Am Osthofentor stehen in diesem Jahr die Marktschreier. Der Wurst-Achim, bekannt aus Funk- und Fernsehen, übertönt sie alle mit seinen markanten Sprüchen. Ruckzuck wird für einen Zehner die Plastiktüte mit Wurstspezialitäten voll gepackt. Nebenan fliegen Äpfel, Bananen und andere Obstsorten in die Kiste. Am Schluss alles zum Spottpreis. Wer den Angeboten der "Früchtchen" auf dem Wagen vertraut, der macht anscheinend ein gutes Geschäft.

Und sonst? Hat der Pferdemarkt wieder alles zu bieten, was erwartet wird. Von Zwiebeln aus Holland bis zu Handtaschen aus Fernost. Der Socken-Seppel krempelt die Ärmel hoch und kramt ein Paar Strümpfe nach dem anderen hervor. Die verkaufen sich gut vor dem Winter. Seine Kunden kriegen keine kalten Füße. Der Rest auch nicht: Drei heiße Kirmes-Tage gibt's ja noch in Soest.

Hartwig Sellmann