Amecke. Ist es ein Erlebnis im Schloss zu wohnen? Es sind nur recht wenige Menschen, die dies tun. Eberhard und Katharina von Wrede sind zwei von ihnen.

„Ich bau Dir ein Schloss“ sang Ende der 60er-Jahre der kleine Holländer Heintje. Ein Schloss musste Eberhard von Wrede nicht bauen, das gab es schon seit Jahrhunderten in seiner Familie. Haus Amecke wurde schon 1338 erstmals erwähnt: „Seitdem ist es aber vielfach verändert worden, in der heutigen Form eines U besteht es wohl seit 1702“, berichtet der Hausherr, der 19. in seiner Linie, beim Besuch unserer Zeitung im Schloss mitten in Amecke. Erschrocken war Katharina von Wrede nicht, als sie von dem Schloss erfuhr: „Es ist ja ein gewähltes Leid“, bekennt sie sich zum Leben im Schloss.

Das Wohnen darin ist in unserer heutigen Zeit eher die Ausnahme. In Sundern gibt es neben Haus Amecke noch das Schloss Melschede, in Arnsberg sind es ebenfalls zwei: das Herdringer Schloss von Wennemar Freiherr von Fürstenberg und das Schloss Höllinghofen der Familie von Boeselager, und natürlich die nicht mehr bewohnte Schlossruine hoch über Arnsberg

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Schlechte Heizbarkeit

Im Haus Amecke leben heute Eberhard und Katharina von Wrede mit ihren fünf Kindern: „Die jetzt

bewohnte Wohnfläche beträgt etwa 200 qm“, erklärt Katharina von Wrede. Von der Bausubstanz sei das Haus zu groß, man müsse aber bedenken, dass es nach der Teilung 1419 für zwei Familien mit ihren Mitarbeitern gedient habe. Bis vor fünf Jahren haben drei Generationen das Schloss bewohnt. Den Wohnbereich seiner Eltern hat Eberhard von Wrede nun vermietet. Und außerdem im Mitteltrakt ein Trauzimmer hergerichtet. „Durch den Bau des Turmes 1927, der im Winter nicht geheizt wird, haben wir nun einen separaten Eingang zu diesem Bereich“, informiert Katharina von Wrede. Die schlechte Heizbarkeit sei das eine, aber der Turm sei nun andererseits auch Fluchtweg.

Vergleiche mit der Nutzung eines Einfamilienhauses oder einer Wohnung sind kaum möglich. Aber ist es auch der Traum, von dem Heintje damals sang? „Leben auf großem Raum. Das muss man mögen und lieben“, sagt Katharina von Wrede. Denn alles ist überdimensioniert: „Wir tragen im Winter immer warme Pullover“, erklärt sie, denn es gebe einen langen Flur mit 50 qm und alten restaurierten Fenstern (bleiverglast, 200 Jahre alt) sowie den schon erwähnten Turm. Ihr Fazit nach 21 Jahren im Schloss: „So hätte man natürlich selbst nie gebaut.“

Aufgeben ist undenkbar

Das führt zum Grundsatz einer Adelsfamilie: „Ich sage immer: bewohnt und bewahrt“, erklärt Eberhard von Wrede seine Einstellung. Denn das Familienerbe aufzugeben, sei für ihn undenkbar. Aber ganz klar sei es auch eine Menge Arbeit, diesen Wahlspruch aufrechtzuerhalten. So ist das Haus unterteilt in die häufig genutzten Räume und die eher seltener, wie den Saal, die Bibliothek, den Salon (Standesamt) oder den Showroom. Das sorgt aber auch dafür, dass das Archiv und das Büro für den Forstbetrieb und die angegliederte Golfplatzverwaltung ihren Platz gefunden haben. Außerdem werden die Maschinen und der Fuhrpark in den Wirtschaftsgebäuden untergestellt. „Das Haus ist immer zentraler Ort aller Aktivitäten“, sagt Katharina von Wrede, „somit der Mittelpunkt des Lebens“.

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Das Haus zu unterhalten sei eine der Hauptaufgaben: „Denkmalschutz ist aber manchmal auch Nervenkrieg“, weiß Eberhard von Wrede aus Erfahrung. So wird neben dem Forstwirtschaftsbetrieb versucht, mit mehreren Standbeinen wie dem Vermieten von Gebäudeteilen als Wohnung, als Showroom für Firmen oder als Feierscheune, dem gerecht zu werden. Dazu kommt der Golfbetrieb. „Natürlich leben wir in einer adeligen Tradition: Es ist unser Bestreben das Schloss zusammen mit dem Forstbetrieb in die nächste Generation zu überführen“, erklärt das Ehepaar. Katharina von Wrede ist da zur Zeit auch die rechte Hand in der Verwaltung.

Dazu müsse der Betrieb fortentwickelt und attraktiv aufgestellt werden. Über die vergangenen 20 Jahre wurde die Bausubstanz des Schlosses restauriert und der Forstbetrieb zukunftsfähig aufgestellt. Das sei nun sehr anspruchsvoll geworden, da durch den Klimaschaden und die Dürreschäden sich der Forstbetrieb verstärkt klimadynamisch ausrichten müsse. Apropos Klima: „Geheizt wird bei uns mit Holz und wir betreiben Solaranlagen“, so Eberhard von Wrede. Dennoch sei der Weg nicht zu Ende: „Wir müssen weiter neue Einnahmequellen entwickeln.“

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Haus gehört zum Dorf

Ein Fazit. Leben im Schloss ist ein Gesamterlebnis, wenn man in der Tradition stehe: „Für unsere Kinder war die Lage des Schlosses direkt im Dorf ideal, das ist besser als weit außerhalb“, sagt Katharina von Wrede. Schön sei aber auch, dass das Schloss zum Dorf gehöre und von dort her mitgenutzt werde: „Das sind kleine Glücksmomente“, beschreibt der Hausherr, wenn der Martinszug hier ende oder alle fünf Jahre der Zapfenstreich zum Schützenfest im Schlosshof stattfinde: „Schön, dass auch andere das Schloss dann nutzen. Es ist ein Vergnügen für mich, wenn ich als normaler Schütze dann mitlaufe.“ Und jetzt wieder zu den Weihnachtstagen sei das Schloss auch Familiensitz, wenn die Geschwister mit ihren Familien kommen: „Dann gibt es Platz genug für alle“, sagt Hausherr Eberhard von Wrede und freut sich auf diese Tage.