Arnsberg/Hövel. Der Raserprozess am Landgericht zieht sich wegen immer neuer Details, die dem Gericht bekannt werden. Heute war der 13. Verhandlungstag.
Der Prozess wegen eines illegalen Autorennens mit tödlichem Ausgang auf der B 229 bei Hövel vor dem Schwurgericht Arnsberg ist voller Überraschungen: Nach der ersten persönlichen Erklärung des angeklagten Porsche-Fahrers aus Soest (58) am 12. Verhandlungstag zur Sache, gab es heute wieder eine Nachricht, die die Zuhörer im Saal elektrisierte. Und nun scheinen dadurch auch die Zeitabfolge und die Urteilsverkündung wieder ins Rutschen zu geraten.
Um kurz vor Mitternacht am Dienstagabend hat Staatsanwalt Klaus Neulken eine Mail einer schon gehörten Zeugin bekommen. Es ist die ehemalige Freundin (51) des angeklagten Soester Porsche-Fahrers. Damit der Inhalt dieser brisanten Mail zu den Akten genommen werden konnte, ordnete Vorsitzender Richter Klaus-Peter Teipel die Verlesung an. Dem widersprachen die Verteidiger der beiden Angeklagten, Volker Cramer und Constantin Kirschbaum, vehement. Cramer drohte an, wenn die Zeugin dies auch bei einer abermaligen Ladung im Prozess behaupte, werde er gleich einen Antrag zur Eröffnung eines Verfahrens wegen Falschaussage der Frau aus Balve-Beckum beantragen.
Widerspruch abgelehnt
Nach einer kurzen Pause schlug das Schwurgericht den Widerspruch nieder und Teipel verlas den zweiseitigen Inhalt: Demnach habe die Zeugin über unsere Zeitung von der geschilderten Route des Angeklagten erfahren. Der Mann will an dem Unfalltag, 1. August 2018, von der Autobahn kommend über Hüsten, Hachen und Langscheid zum Forsthaus Melschede gekommen sein. Die Zeugin aus Beckum schreibt aber nun, dass er dies anders geschildert habe. Er habe die herkömmliche Route über Hüsten. Herdringen, Hövel und Beckum genommen. Zudem berichtet sie, dass der Soester damals von einem gelben Audi berichtet habe, der versucht habe, ihn zu überholen. Zwischen dem Kreuz Kirchlinde und dem Ortseingang Hövel sei es zu einer gefährlichen Situation gekommen, die er aber gemeistert hätte.
Audi sollte vorbeifahren
In Hövel, so die Schilderung in der E-Mail, habe der Porsche-Fahrer in einer Haltebucht vor der Bundesstraße 229 angehalten, um den gelben Audi vorbeizulassen. Dazu habe er eine winkende Handbewegung gemacht. Doch der Fahrer habe nicht überholt. Von dem anschließend Unfall hat der Soester ihr dann aber nichts mehr berichtet. Aber es gibt im Anhang der Mail zwei Anrufe des Porsche-Fahrers in einer Audio-Datei, die nun dem Gericht zur Verfügung stehen. Inhalt: offen.
Der Verteidiger des Porsche-Fahrers, Volker Cramer, hat gestern weitere fünf Anträge gestellt, die
Detailfragen des Verfahrens erhellen sollen: So gebe es Unstimmigkeiten, wenn man die Aussagen von Zeugen abgleiche. Da bittet Cramer um einen Gutachter, der dies genau untersuchen soll. Im Kern geht es auch hier um die Kreuzung B 229/Kreisstraße in der Höveler Mitte. Cramer zweifelt die Richtigkeit einer Zeugenaussage an.
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Außerdem machte Rechtsanwalt Cramer auf einen Widerspruch aufmerksam: Ein anderer Zeuge, der die geballte Faust aus dem Porsche an der Ecke B 299/Kreisstraße gesehen haben will, habe gegenüber einem Polizeibeamten des Verkehrsdienstes am 8. August 2018 gesagt, er sei Zeuge eines Vorfalls vor dem Unfall. Unterschied zur Aussage vor Gericht: Damals schilderte der Zeuge, der Vorfall sei an einer Ampel am Sorpesee passiert. Diesen Polizisten zu hören, fand am Mittwoch auch Staatsanwalt Klaus Neulken für richtig.
Alle Radar-Messprotokolle sehen
Weitere Anträge drehen sich um die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit auf der Unfallstrecke, die kompletten Messprotokolle des Blitzers am Ortseingang Beckum und ein Gutachten zu den zeitlichen Abläufen am Unfallort: „Dann wird man sehen, dass die Aussage eines der Insassen des Unfall-Pkw, korrekt sind. Dann aber kann mein Mandant niemals den Unfall gesehen haben, da er schon weit in Richtung Beckum unterwegs war“, so Rechtsanwalt Cramer zum Tatvorwurf des Rennens.
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Der Soester Rechtsanwalt hob dann zu einer Schelte des ganzen Verfahrens an: „Die Anklage ist nur die Frucht der Ermittlungskommission und dient der Vertuschung.“ Gleichzeitig bezeichnete er die Art des Gutachters als „liederlich“: „Es ist alles auf den Meter genau festzustellen“, untermauerte er den Wunsch auf ein Gutachten zu den Positionen aller Autos.
Jetzt wird beraten
Die Kammer wird über die sieben Anträge beraten. Erste Ergebnisse wird es in einem kurzen Termin am 10. Oktober geben.
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