Arnsberg. Der Raserprozess nach dem tödlichem Unfall am 1. August 2018 ist heute unterbrochen und bis zum 18. September vertagt worden.

Der Raserprozess um die Vorgänge beim schlimmen tödlichen Unfall auf der B 229 bei Hövel am 1. August 2018 ging heute vor dem Schwurgericht Arnsberg in die zwölfte Runde. Nachdem der Verteidiger des angeklagten Audi-Fahrers aus Hemer, Konstantin Kirschbaum, eine Unterbrechung wegen Übermüdung beantragte, brach Vorsitzender Richter Klaus-Peter Teipel die Sitzung um kurz vor 17 Uhr ab. Weiter geht es nun am 18. September und am 10. Oktober.

Auch interessant

Vor dem Landgericht Arnsberg wird seit Monaten über den Fall verhandelt. Wer heute morgen auf ein Prozessende gewettet hatte, hatte am Nachmittag verloren. Bis dahin gab es nicht weniger als acht Unterbrechungen. Das Gericht zog sich nach zunächst drei neuen Anträgen der beiden Verteidiger Volker Cramer und Konstantin Kirschbaum zunächst gegen 9 Uhr zur Beratung zurück. Es folgten nach entsprechenden Ablehnungen dann immer wieder neue Anträge und Folgeunterbrechungen.

Recherchen vor Ort

Im Mittelpunkt stand dann ein mitangeklagter Vorfall vom 29. Juli 2018: Damals soll der Angeklagte Porsche-Fahrer aus Soest (58) eine Pkw-Fahrerin exakt an der Unfallstelle überholt haben und einen entgegenkommenden Motorradfahrer gefährdet haben. Anwalt Cramer wollte eine Inaugenscheinnahme der Stelle, die bei der Ortsbesichtigung im Mai nicht Gegenstand war. Das war damals der eigentliche Unfallort. Nach Ablehnung beantrage Cramer erneut, bat aber um Unterbrechung, um dem Gericht die genaue Kilometrierung mitzuteilen. Der Anwalt begab sich dann nach Hövel und lieferte um 13 Uhr nach. Unter anderem mit Hilfe von Google Maps betrachte das Gericht nun die Passage der B 229 zwischen Hövel und der Rechtskurve Richtung Beckum, die hinter dem Unfallort kommt. Das Gericht kam in der Entscheidung zu dem Ergebnis, dass man von einer Stelle kurz vor dem Abzweig nach Langscheid den Streckenverlauf bis zur Kurve einsehen könne und gab Cramer damit Recht.

Alles nur Vertuschung?

Ein anderer Antrag wurde von Volker Cramer ebenfalls mit großen Engagement gestellt. Er möchte den Leiter der Polizeidirektion des HSK in den Zeugenstand rufen. Nach der ersten Ablehnung präzisierte Cramer dann: „Es geht um das Einsetzen der Ermittlungskommission für diesen Unfall. Der rote Porsche war zu diesem Zeitpunkt am 2. August schon ermittelt. Es geht darum, was der eigentliche Sinn war: Die Vertuschung, dass der angeklagte Audi-Fahrer etwa eine Stunde vor dem Unfall auf der Polizeiwache in Menden war und eine denkwürdige Anzeige gegen Ministerpräsident Laschet gestellt hat.“ Nach Cramers Ansicht hätte dem alkoholisierten Arzt aus Hemer schon dort die Weiterfahrt untersagt werden müssen. So aber habe man versucht, dem Porsche-Fahrer eine Teilschuld an dem schweren Unfall „zu zuschanzen“.

Unterbrechung beantragt

Die Kammer lehnte den Antrag ab, ebenso wie schon im Vorfeld den Pressesprecher der Polizei aus dem HSK, vorzuladen. Nun wird Cramer den Antrag erneut stellen, so seine Ankündigung, zum Schluss des Prozesstages. In diesem Moment stellte dann Verteidiger Kirschbaum seinen Antrag auf Abbruch der Verhandlung: „Mein Mandant steht an den Verhandlungstagen um 3.30 Uhr auf, um mit der Bahn nach Arnsberg zu kommen. Er ist übermüdet und kann nach 13 Stunden dem Prozess nicht mehr folgen. Eine Weiterführung, eventuell mit Plädoyers, ist mit Verlaub nicht richtig“, mahnte er das Gericht.

Angeklagter wirkt müde

Nach kurzer Unterbrechung vertagte sich die Kammer des Landgerichts dann auf den 18. September und lud mündlich auch für den 10. Oktober: „Uns ist auch aufgefallen, dass der Angeklagt oft müde wirkt“, ging Vorsitzender Richter Klaus-Peter Teipel auf die Argumente des Verteidigers ein. Gleichzeitig ordnete er aber für den kommenden Prozesstag eine Frist zur Stellung von weiteren Anträgen an: „Irgendwann muss ein Verfahren auch mal zu Ende gehen“, sagte er dazu. Schon am Morgen um 10.45 Uhr hatte er zur Beendigung der Beweisaufnahme eingeleitet, wurde dann aber durch erneute Antragstellungen der Verteidigung gestoppt.

In Hövel ist bei einem Unfall eine Frau gestorben. In Arnsberg wird nun zwei Rasern der Prozess gemacht. 
In Hövel ist bei einem Unfall eine Frau gestorben. In Arnsberg wird nun zwei Rasern der Prozess gemacht.  © Manuela Nossuta | Manuela Nossuta

Auch interessant

Angeklagt sind ein 42-jährige Hemeraner und ein 58-jähriger Soester, die sich bei Hövel ein Autorennen geliefert haben sollen. Dabei kam es zu einem Unfall mit einem unbeteiligten Fahrzeug. Eine Insassin verstarb, weitere wurden schwer verletzt.

Auch interessant

Eine Überraschung gab es heute Morgen im 12. Verhandlungstag des Raserprozesses vor dem Schwurgericht Arnsberg. Nach langem Schweigen zur Sache erklärte sich gestern der angeklagte Soester (58), der damals mit einem Porsche unterwegs war, erstmals zum Unfalltag 1. August 2018 und wie er nach Beckum gekommen sei.

Die Erklärung verlas der Verteidiger des Angeklagten, Volker Cramer. Sein Mandant sei an diesem Abend des 1. August 2018 in Hüsten von der Autobahn abgefahren, dann habe er sich in Hachen überlegt, später mit seiner Freundin noch zu „Mittwochs am Sorpesee“ zu fahren. Deshalb habe er einen Bogen über Langscheid gefahren, um die Stimmung an der Sorpe zu checken. Über die Landstraße sei er über Melschede zur B 229 zurück, wo er am Forsthaus wieder auf die Bundesstraße eingebogen sei. Kurz vor Erreichen der Ortschaft Beckum habe er Urinieren müssen und sei deshalb in die kleine Straße „In der Schwalmke“ gefahren und habe sich „im Gebüsch“ erleichtert. Das sei zwischen 20.10 und 20.15 Uhr gewesen, so verlas Rechtsanwalt Cramer. Durch den Umweg zur Sorpe habe sein Mandant viel Zeit verloren, daher habe er Gas gegeben und sei in Beckum geblitzt worden. Das habe ihn sehr geärgert, so dass er nach dem gemeinsamen Abendessen mit seiner Freundin später nicht mehr über eine Fahrt zum Sorpesee gesprochen habe.

Zwei Fahrverbote zuvor

Wie sich gestern herausstellte, war dieses Ärgern nicht grundlos, denn der 58-jährigen Porsche-Fahrer hatte in 2016 und 2017 schon zwei einmonatige Fahrverbote wegen zu schnellen Fahrens erhalten. Das ergab der Auszug aus den entsprechenden Registern. Der Audi-Fahrer aus Hemer hatte ein zehnmonatiges Fahrverbot, weil er betrunken im Raum Werl unterwegs war. Dieses Verbot endete erst 2018.