Siegen. Nach den Sparbeschlüssen wird es konkret: Erziehungsberatung, schnelle Baugenehmigungen, Studienpreise, Tourismuswerbung auf dem Prüfstand.
Immer deutlicher zeichnet sich ab, was in der Sommersitzung des Kreistags passieren soll: die Abrechnung des Landrats mit den Haushaltsbeschlüssen der sechs Fraktionen CDU, Grüne, SWM, Wir Bürger, UWG und FDP im Januar. Wie ein roter Faden zieht sich die Botschaft durch die Vorlagen der Fachausschüsse, die in den nächsten 14 Tagen beraten müssen: Die vorgegebenen Einsparungen sind nur mit einigermaßen verheerenden Konsequenzen zu erreichen. Oder gar nicht. Die Absage des Fahrradevents Siegtal Pur war da nur ein harmloser Vorgeschmack.
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Um rund 654.000 Euro geht es im Personalausschuss: Ein nur durch Kürzung der Personalkosten zu erreichender Einsparbetrag, vor allem beim Tourismusverband (234.000 Euro), bei der Wirtschaftsförderung (224.000 Euro), bei der Bauaufsicht (70.000 Euro), im Kulturbüro (60.000 Euro) und mit kleineren Beträgen beim Bürger- und Ehrenamtsservice, bei der Bodenschutzbehörde, der Wohnungsförderung und der Hochschul-Kooperation. Die betroffenen Mitarbeitenden hätten „einen durchsetzbaren Anspruch auf Zahlung der Vergütung beziehungsweise der Besoldung“, heißt es in der Vorlage.
Personalkosten lassen sich nicht ohne weiteres streichen
Wenn der Kreistag entscheide, dass der Kreis die betroffenen Leistungen nicht mehr erbringt („erhebliche Standardabsenkungen“), sei nach anderen Einsatzmöglichkeiten für die meist speziell qualifizierten Bediensteten zu suchen. Die Nachqualifizierung koste Zeit und Geld.. Alternative wären „rechtsverhältnisbeendende personalwirtschaftliche Maßnahmen“, womit Kündigungen und Vertragsauflösungen gemeint sind. Die beschlossene Personalkosteneinsparung ergebe sich dadurch nicht. „Eine Aufwandsreduzierung durch Freistellung ist somit nicht möglich.“ Den Ausweg zeigt die Verwaltung direkt auf: das Geld ausgeben und mit einer Mehreinnahme von einem anderen Haushaltsposten finanzieren („Maßnahmen für den regionalen Arbeitsmarkt“). Dass der Rest des 3,3.Millionen-Euro-Einsparpakets auf ähnliche Weise bewältigt wird, ist nicht ausgeschlossen. Bisher ist noch fast jedes Haushaltsjahr beim Kreis besser ausgegangen als geplant, von 2011 bis 2021 um insgesamt 92 Millionen Euro.
Die Kürzungen bei der Bauaufsicht seien „operativ und faktisch nicht umzusetzen und stehen den aus der Bürger- und Unternehmerschaft gleichermaßen vorgetragenen Forderungen nach einer spürbaren Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren diametral entgegen“, heißt es in einer weiteren Vorlage. In fast allen Kommunen bestehe drängender Bedarf zur Schaffung neues Wohnraums, zur Errichtung von Einrichtungen zur Unterbringung von Flüchtlingen oder zur Erweiterung von Schulen und Kindertagesstätten. „Eine Streichung würde zu einer empfindlichen Reduzierung des Serviceangebotes der Kreisverwaltung und erkennbar zu einer – aus Sicht der Bürger, Unternehmen und Investoren – schmerzhaften Verlängerung von Bearbeitungs- und Genehmigungszeiten führen.“
Uni-Campus Unteres Schloss Siegen bis 2046 im Etat
Im Wirtschafts- und Verkehrsausschuss geht es um die „Regionale Kooperation mit Hochschulen“ und die „Wirtschafts- und Strukturförderung“. Letztere kann nach Vorstellung der Verwaltung dadurch billiger werden, dass die beiden Personalstellen „Startpunkt57“ und „Regiestelle Digitale Wirtschaft und Arbeitswelten“ zusammengeführt werden, nachdem der Sachbearbeiter für die Gründungsförderung „Startpunkt“ bereits aus dem Dienst des Kreises ausgeschieden ist. Aus dem „Startpunkt“-Vertrag mit Universität, Sparkasse und Stadt Siegen könne der Kreis erst Ende 2025 aussteigen, heißt es in der Vorlage.
Die Einsparungen bei der Hochschul-Kooperation würden die Studienpreise und das NRW-Stipendienprogramm treffen. Der Zuschuss für die den Campus Unteres Schloss kann der Kreis nicht zurückholen, der Betrag von 650.000 Euro wird in 26.000-Euro-Raten bis September 2046 abgeschrieben.
Siegen-Wittgenstein „weißer Fleck auf der digitalen touristischen Landkarte“
Im Kulturausschuss geht es um die Bereiche Tourismus und Ehrenamtsförderung. Die Verwaltung verweist darauf, dass die Sachbearbeiterin für Bürger- und Ehrenamtsservice „über ein unbefristetes Anstellungsverhältnis in Vollzeit“ verfüge. Eine „einfache buchhalterische Reduzierung der Personalkosten 2024“ sei somit „zum jetzigen Zeitpunkt schwerlich möglich“. Für den Bereich Tourismus wird außerdem auf vertragliche Bindungen und Mitgliedschaften in Organisationen hingewiesen. Bad Laasphe, Erndtebrück, Kreuztal, Netphen sowie der Naturpark Sauerland Rothaargebirge und der Rothaarsteigverein würden „zunächst in der touristisch-digitalen Welt nicht mehr sichtbar sein“, Siegen-Wittgenstein drohe „zu einem weißen Fleck auf der digitalen touristischen Landkarte NRWs zu werden“. Die Verwaltung rät, die für Juli geplante „Strategietagung zur Situation und Perspektive des Tourismus in Siegen-Wittgenstein“ abzuwarten.
Der Jugendhilfeausschuss schließlich ist - wie berichtet - mit dem Vorschlag der Verwaltung konfrontiert, die vom Kreistag verweigerten vier zusätzlichen Stellen für gesetzliche Pflichtaufgaben dadurch zu finanzieren, dass andere Angebote an freie Träger übertragen werden – allen voran die Erziehungsberatung.
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