Kreuztal/Hilchenbach. Grünen-MdB Laura Kraft wiederholt für Wittgensteiner Unternehmen ihre Argumente: Die Ortsumgehungskette von Kreuztal nacn Schameder ist zu teuer.
Vor fast einem Jahr hat Grünen-Bundestagsabgeordnete Laura Kraft mit einem Spaziergang durch das Buschhüttener Mattenbachtal Empörungsstürme ausgelöst: Sie hatte sich dort nicht nur gegen den Bau der Kreuztaler Südumgehung, sondern auch gegen eine daran anschließende Ortsumgehungskette über Ferndorf, Hilchenbach und Erndtebrück nach Schameder ausgesprochen. Ihre Argumente hat sie jetzt beim von der Industrie- und Handelskammer (IHK) veranstalteten Gespräch mit Wittgensteiner Unternehmern wiederholt.
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Die von den Befürwortern so genannte „Route 57“ –bei den Planern von Straßen NRW „57-verbinden“ – sei angesichts des immensen Erhaltungsstaus bei den zahlreichen Brücken, etwa bei der A 45, nicht mehr zeitgemäß, zumal inzwischen auch die Kosten für das Projekt „explodierten“. Trotz aller aufgezeichneten „Horrorszenarien“ sei es in 30 Jahren nicht gelungen, die Route 57 zu realisieren. „Die Lichter sind bei Ihnen nicht ausgegangen, weil sie unternehmerisch klug gehandelt und sich nicht alleine auf eine Straße verlassen haben.“ Die Route 57 helfe heute den Betrieben nicht; wichtiger sei, über Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel nachzudenken.
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Spätestens an diesem Punkt stieß die gebürtige Hessin bei den anwesenden Unternehmensvertretern auf deutlichen Widerspruch, der sich auch im weiteren Verlauf der Sitzung nicht auflösen sollte. Dass es seit Jahrzehnten mit der besseren Verkehrsanbindung Wittgensteins nicht vorangehe, habe weniger mit einer komplizierten Planung als mit den juristischen Gefechten zu tun, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit angestrebt würden, betonte etwa Christian F. Kocherscheidt. Der IHK-Vizepräsident verwies auf die Schließung der Reha-Klinik in Bad Berleburg: „Wenn Angehörige für Besuche eine Weltreise unternehmen müssen, gehen die Patienten woanders hin.“
Junge Menschen schrecken vor Firmenübergaben zurück
Friederike Berge (Berge-Bau GmbH & Co. KG) spiegelte ihre persönliche Erfahrung wider: „Viele aus meiner Generation haben Wittgenstein den Rücken gekehrt, weil die Wege zu lang sind. Von Siegen nach Leimstruth benötigt man regelmäßig eine Stunde. Das ist heute einfach nicht mehr zumutbar.“ Die Situation verschärfe die ohnehin schwierige Fachkräftegewinnung. Alfred Nietzke (DTB-Dachtechnik Briel GmbH & Co. KG) hob dagegen die Probleme bei Firmenübergaben im Raum Wittgenstein hervor: Junge Menschen schreckten hiervor geradezu zurück.
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Laura Kraft warb dafür, von der „Maximalforderung“ einer Route 57 abzurücken und stattdessen nach „minimalinvasiven“ Lösungen zur Verbesserung der Verkehrssituation zu suchen, um etwa auch die Anwohner in den belasteten Ortsdurchfahrten zu entlasten. Gewässer-, Arten- und Landschaftsschutz würden immer wichtiger. Deshalb bedürfe es neuer Ansätze. Dieser Appell stieß im Berleburger Bürgerhaus ins Leere: „Die Route 57 ist bereits minimalinvasiv“, unterstrich etwa Silvia Bauer (B + M Breitbach + Müller GmbH). Von umfänglicheren früheren Überlegungen einer A 4 oder einer FELS sei man längst abgekommen und setze sich gerade mit Blick auf den Umweltschutz für eine Kette von Ortsumgehungen ein.
Ausgebaute Straße würde Kraftstoff sparen
Deutlich wurde in der Diskussion auch die Sorge, durch eine unzureichende Verkehrsanbindung von der Außenwelt auf Dauer abgeschnitten zu werden. „Die letzte große Investition in Verkehrsinfrastruktur war die Erschließung über den Albrechtsplatz in den Sechzigern. Danach kam nichts mehr“, bilanzierte Christian F. Kocherscheidt. Dirk Pöppel (REGUPOL Germany GmbH & Co. KG) machte aus seinen Gefühlen keinen Hehl: „Viele Wittgensteiner fühlen sich manchmal als Menschen zweiter Wahl.“
Rainer Achenbach (Spedition Achenbach GmbH) erläuterte die positiven Effekte einer gut ausgebauten Straße: Wenn die engen Kurven der B 508 und der B 62 Richtung Kronprinzeneiche nicht durchfahren werden müssten, ließen sich Kraftstoff und Emissionen in erheblichem Maße einsparen. „Wenn es um den Ausbau der Windenergie geht, spielt die schöne Natur keine Rolle. Bei allen anderen Fragen wird der Naturschutz als Gegenargument geführt. Das ist ideologisch getrieben.“ Ein Argument, das die Bundestagsabgeordnete nicht gelten ließ: Der Ausbau der erneuerbaren Energien sei von übergeordneter Bedeutung. „Hier kann gerade unsere Region ganz nach vorne gehen.“
Schade sei, dass die Chance nicht genutzt worden sei, den Ausbau der Windenergie in Wittgenstein mit einem verbindlichen Bau der Route 57 zu koppeln, stellte IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener fest. „Hier wäre mehr drin gewesen. Wenn Wittgenstein abgeschnitten bleibt, laufen die jungen Menschen von hier schneller weg. Das kann verantwortungsvolle Politik nicht wollen.“
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Laura Kraft (Grüne): Neue Antworten auf neue Realität
„Wir spüren einen massiven Fachkräftemangel, leiden unter einer brüchigen Infrastruktur und erleben, wie Demokratie unter Druck gerät. Veränderte geopolitische Vorzeichen gefährden weiterhin die Stabilität von Lieferketten“, hatte die Bundestagsabgeordnete zu Beginn des Gesprächs gesagt: „Die neue Realität ist geprägt durch eine ‚Multikrisensituation‘, die neue Antworten erforderlich macht.“ Trotz großer Herausforderungen sei es der Bundesregierung gelungen, mehr als 180 Gesetze auf den Weg zu bringen, die teilweise auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Bedingungen abzielten, wie das „Wachstumschancengesetz“ oder das „Bürokratieentlastungsgesetz“. Mehr als die Hälfte der Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag seien umgesetzt. Klar sei, dass die Märkte der Zukunft „grün“ seien, betonte die Abgeordnete. „Wir wollen, dass die Industrie auch künftig bei uns stattfinden kann, und zwar gut. Dafür allerdings müssen auch die Rahmenbedingungen in Richtung Zukunft gewandt sein.“
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