Siegen. Kleine Bühne Seelbach mit „Seitensprung für zwei“ im Lyz: Zweieinhalb Stunden Lacher-Kracher am laufenden Band

Es gehört zu den Mysterien der heimischen Theaterkultur, wie es ein Laientheater schafft, sein Publikum Jahr für Jahr zu begeistern. Sicherlich durch Vollblut-Schauspieler mit unbändiger Freude, das Publikum zum Lachen zu bringen, und durch einen verlässlichen Stamm ehrenamtlicher Helfer, die Kulissen bauen, Kostüme nähen, eine Licht- und Tontechnik auf die Beine stellen, den Kartenverkauf regeln, die Abende organisieren. Und kreative Köpfe, die immer wieder ein neues Thema finden, das zu ihnen passt, und sich dabei immer mehr von leicht angestaubten Stücken à la „Tratsch im Treppenhaus“ verabschiedet haben.

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Nasenhaarschneider und Fußwärmer

Diesmal präsentiert die kleine Bühne Seelbach im Lyz mit „Seitensprung für zwei“ eine Komödie von Lars Albaum und Dietmar Jacobs, einem Autoren-Duo, das mit dem renommierten Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. Am 24. Hochzeitstag von Leah (Inge Kaatz), einer Standesbeamtin, und Paul (Reiner Bender), einem Sparkassenangestellten, scheint ihre Ehe-Welt noch in Ordnung zu sein. Während Paul das Ehejubiläum schlicht und einfach vergessen hat, sagt Leah: „Als Standesbeamtin feiere ich doch nicht meinen Hochzeitstag.“

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Alles wäre den normalen Weg gegangen, wären da nicht Immobilienmaklerin Katja (Beate Becker) und Scheidungsanwalt Dieter (Markus Franz) in ihrer Wohnung aufgetaucht. Beide sind alte Freunde, die eins gemeinsam haben: jede Menge kaputter Beziehungen. Katja: „Die Ehe ist ein Unfall. Auf eurer Hochzeit habe ich einen Typen kennengelernt. Damit begann mein Abstieg.“ Einen Manuel und Sören hat sie hinter sich, einen Jörg findet sie schon vom Namen her unerotisch. So soll Laszlo, ein junger ungarischer Tennislehrer, ihr nächstes Opfer sein. Dafür hat sie sich eigens Reizwäsche gekauft. Paul hält diesen Hauch von Höschen für Zahnseide. Katja: „Dem Tennislehrer ziehe ich die Unterwäsche mit meinen Zähnen aus.“ Paul: „Und danach legst du das Gebiss in Kukident.“

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Am Ende kriegen sich alle

Dieter, ein Scheidungsanwalt, prahlt mit seiner neuen Freundin und Sex im Fahrstuhl. Auch er merkt, dass die Ehe von „Bärli und Schnupsel“, wie sich Paul und Leah nennen, sehr eingeschlafen ist. Zumal, als er von den letzten Geschenken der beiden erfährt: ein Nasenhaarschneider für Schnupsel, ein Fußwärmer für Bärli. An den letzten Sex mit seiner Frau kann sich Paul nur dunkel erinnern: „Das war, als Deutschland Europameister wurde.“ Dieters Vorschlag an Paul, es doch einmal mit Sex auf dem Küchentisch zu versuchen, kontert dieser mit: „Ich mach’ im Bett ja auch keinen Rollbraten.“ Nur ein doppelter Seitensprung, so hecken es Dieter und Katja aus, könnte diese Ehe noch retten.

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Doch dieser Plan wird zum Rohrkrepierer. Das fängt schon damit an, dass Dieter den Bauch Pauls wegtrainieren will: „Da ist es leichter, die Siegener Sportfreunde in die Champions League zu bringen.“ Die nächsten Pannen passieren in zwei Hotelzimmern: Statt der heißen Mandy, die Dieter für Paul vorgesehen hat, kommt Friseuse Sandy (Marilena Seiler), die alles andere, nur keinen Sex im Sinn hat: „Sie haben so etwas Gemütliches“, sagt sie zu Paul, „Sie riechen wie mein verstorbener Opa.“ Auch Leah merkt, dass die von ihrer Freundin Katja eingefädelte Begegnung mit dem Tennislehrer (Sebastian Krebs) ein Missverständnis ist. Zumal nach Katjas Kommentar: „Du siehst aus wie Steffi Graf im Klimakterium.“ Natürlich kriegen sich am Ende alle: Sandy und der Tennislehrer Laszlo, Katja und Dieter, die ihre gemeinsame Freude an Vogelkunde entdeckt haben. Und die Ehe von Leah und Reiner erhält neuen Schwung.

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Komödie und Karneval

Wenn eine Komödie über fast zweieinhalb Stunden ihre Spannung hält und das Publikum am Ende stehenden Beifall spendet, beweist das: Der „Seitensprung für Zwei“ trifft den Humor-Nerv der Besucher mitten ins Zentrum. Ein Kalauer jagt den nächsten, und zwar immer, da ähneln sich Komödie und Karneval, auf Kosten großer Namen: Loddar Matthäus, Boris Becker, Heidi Klum, Angela Merkel, Udo Jürgens … „Der einzige Sänger auf der Welt, der die Hälfte des Publikums selbst gezeugt hat.“ Und am wichtigsten: Die sechs Darsteller sind mehr als „nur“ Schauspieler. Sie sind Leah, Paul, Dieter, Katja, Sandy, Laszlo, kriechen in ihre Rollen, erfüllen sie mit Leben, als gäbe es keinen Morgen mehr. So wird der „Seitensprung“ für das Publikum zum Lacher-Kracher.

Die restlichen der insgesamt sieben Vorstellungen sind Donnerstag bis Samstag, 15. bis 17. Februar, jeweils 20 Uhr, und Sonntag, 18. Februar, 17 Uhr. Es gibt noch Restkarten.

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