Siegen. Das Apollo ist die letzte Station ihrer Weihnachtstournee. 300 Zuschauerinnen und Zuschauer feiern den A-Cappella-Gesang.
Sie waren schon einmal in Siegen. Im Juli 2022 beim Sommerfestival auf dem Innenhof des Oberen Schlosses. Damals, an einem lauen Abend, begeisterten die vier Sänger der Ringmasters, ihres Zeichens Weltmeister der Barbershop-Chöre, etwa 100 Besucher. Dass diesmal doch etwa dreimal so viele Musikfreunde zum Weihnachtskonzert ins Apollo gekommen sind, um die Gesangskunst der vier Schweden aus Stockholm zu genießen, zeigt: Der Flurfunk der Siegerländer Chöre funktioniert offensichtlich. Man weiß unter Kennern, a-Capella-Kunst zu schätzen.
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Die Gesangsqualität des Quartetts zeigt sich schon beim Auftakt: „It‘s a wonderful time oft the year“. Stimmenkunst pur, ohne technischen Schnickschnack. Zwei Richtmikrofone genügen, um die Stimmen der beiden Tenöre, des Baritons und des Basses lupenrein in den großen Saal zu übertragen. Sie kommen ohne das in die Mode gekommene Loopen aus, müssen nicht oft übertriebene Mouth-Percussion einsetzen, brauchen keine Knöpfe im Ohr und bieten ihrem Publikum gerade deshalb einen berauschenden Hörgenuss.
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Ob ein alter Christmas-Carol aus Wales, das nahezu tausend Jahre alte Weihnachtslied „Veni Emmanuel“ in lateinischer Sprache: Kein Rhythmus ist ihnen zu schwierig, keine Harmonie zu kompliziert. Ein schwedisches Lied beginnt mit einem sanften Summen, warm, weich wie der Pulverschnee, der die Wälder ihrer schwedischen Heimat im Winter bedeckt. Direkt darauf ein Song laut und voller Lebensfreude. Fast allen ihrer Lieder ist eins gemeinsam: Das große Finale, im so lang anhalten Fortissimo, dass der Zuhörer sich wundert, dass die Sänger dabei nicht blau anlaufen.
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Und Humor haben sie. Jeder ist ein unverwechselbarer Typ: Der Bariton, der so bescheiden daherkommt, es aber liebt, sich solistisch zu präsentieren. Der Tenor, der es schafft, einen Ton gefühlt eine Minute lang auszuhalten, der andere Tenor, dessen Moderationen er durch Gestik im Stil eines Stand-Up-Comedian rüberbringt, obwohl aus seinem Mund nur ein deutsches Wort zu verstehen ist: Bierbude. Und natürlich der Bass. Gut zwei Meter groß überragt er die anderen und genießt dies sichtlich. Doch was dieser Tieftöner stimmlich und rhythmisch draufhat, ist nicht von dieser Bass-Welt.
Barbershop
Barbershop-Gesang hat eine lange Tradition und sich in Friseur-Läden entwickelt, als sich wartende Kunden durch Gesang die Zeit vertrieben. Dass sich daraus eine konzerttaugliche Kunstform entwickelte, gehört zu den Glücksfällen der Musik. Die „Ringmasters“ sind die erste nichtamerikanische Gruppe, die in dieser amerikanischsten aller Vokalmusik-Formen als die besten der Welt ausgezeichnet wurden.
Nicht nur Weihnachten
Gut, dass die Ringmasters neben den Weihnachtsliedern auch noch ein anderes musikalisches Fass aufmachen: Folk und Pop. So ein Tanzlied aus Georgia, das nur aus einem Wort besteht, das es allerdings in sich hat: „Dimdidibammdidibimmdammdamm“. Oder das wunderbar leichte „Making groovy“ der Duo-Ikonen Simon & Garfunkel. Nach einem Ausflug in die Welt der Musicals folgt einer der Höhepunkte des Konzerts: „Dream River“. Viele im Publikum schließen genussvoll die Augen, sich bemühend, auch keinen dieser kostbaren Harmonien zu versäumen. Großartig auch die Persiflage auf Elvis Presley, zum Staunen, dass diese fantastischen Vier auch „Smile“ von Charly Chaplin präsentieren. Denn wer weiß schon, dass Chaplin auch ein erfolgreicher Komponist war?
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Der stürmisch geforderte musikalische Nachschlag: „Hey Jude“ der Beatles, bei dem aus 300 Kehlen zumindest der Refrain text- und tonsicher gerät. Sehr zur Freude der vier Schweden; deren lange Weihnachtstournee mit Stationen unter anderem in. Hannover, Bayreuth, München, Augsburg an diesem Montagabend in Siegen glanzvoll zu Ende geht.
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