Siegen-Wittgenstein. Der Kreistag verabschiedet am Freitag den Haushalt. In letzter Minute präsentiert eine „bürgerliche Mehrheit“ drastische Einsparvorschläge.
Kürzungen um 2,3 Millionen Euro im Haushalt und ein weitgehendes Nein zu den vorgesehenen zusätzlichen Stellen in der Kreisverwaltung wollen sechs Fraktionen in der Kreistagssitzung am Freitag, 9. Februar, durchsetzen.
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Auf der Einsparliste ganz oben stehen Tourismus (500.000 Euro), Gebäude und Liegenschaften (300.000 Euro), Wirtschaftsförderung (250.000 Euro), Kreisarchiv (200.000 Euro) und Zuschüsse für die Wohlfahrtspflege (100.000 Euro). Von den vom Landrat vorgeschlagenen 20,5 neuen Stellen sollen nur fünf eingerichtet werden: je eine für Gesundheitsamt, Kreisstraßen und Landschaftsbehörde sowie zwei Stellen im Rechnungsprüfungsamt, die Sozial- und Jugendamt überwachen sollen.
Aufgaben an die Städte und Gemeinden zurückgeben
Was ihr Vorschlag für die Kreisumlage bedeutet, lassen die sechs Fraktionen offen. Die Auswirkungen der Beschlüsse seien „verwaltungsseitig zu ermitteln und dem Kreistag zur Vorbereitung des Beschlusses über den Haushalt 2024 darzulegen“, heißt es in den beiden Anträgen. Nicht angetastet werden soll der Sockel von fünf Millionen Euro in der Ausgleichsrücklage. In der Kreisverwaltung wurde am Donnerstagnachmittag gerechnet - mit dem Ziel, dem Kreistag am Freitag den erforderlichen Hebesatz nennen zu können.
„Der Haushalt 2024 ist erst ein Einstieg, die sechs Fraktionen sind sich sicher, dass auch 2025 gemeinsam an Strukturveränderungen gearbeitet werden soll“, heißt es in der gemeinsamen Pressemitteilung von CDU, Grünen, UWG, SWM, FDP und Wir Bürger. Konkret kündigen die Fraktionen den Ausstieg aus dem Arbeitsgebiet Tourismus ab 2025, die Schließung der Großtagespflegestelle für die Kinder von Kreisbediensteten und die Reduzierung der Öffentlichkeitsarbeit an und bekräftigen den Beschluss, aus der Finanzierung des Evangelischen Gymnasiums auszusteigen. Aufgaben sollen verstärkt den Städten und Gemeinden, die auf Kostenreduzierungen gedrängt werden, zurückgegeben werden; sie sollen dann selbst entscheiden, ob und wie sie die wahrnehmen.
SPD-Fraktion will letzte Rücklage teilweise opfern
Die SPD-Fraktion wirft eine eigene Zahl in den Ring: Auf 36,7 Prozent soll der Hebesatz für die Kreisumlage festgesetzt werden. Das sind weniger als die 37,77 Prozent, auf die Kämmerer Thomas Damm in seiner neuen Vorlage für die Sitzung des Kreistags am Freitag, 9. Februar, von ursprünglich 38,03 Prozent zurückgegangen ist. Aber immer noch mehr als die 36,35 Prozent, die Landrat Andreas Müller im Dezember ins Spiel gebracht hatte. Dafür hätte der Kreistag allerdings seinem 15-Millionen-Euro-Entlastungspaket folgen müssen.
Diese 15 Millionen sollten durch eine „globale Minderausgabe“ (5 Millionen Euro), durch Einsparungen (5 Millionen) und den Verzicht auf den bisher als unantastbar geltenden „Sockel“ der Ausgleichsrücklage (5 Millionen Euro) zusammenkommen. In dem Haushalt, über den der Kreistag am Freitag berät, sind fünf Millionen Euro Einsparungen bereits nachträglich eingeplant. Beim völligen Abschmelzen der Ausgleichsrücklage geht die SPD-Fraktion allerdings nicht mit. 2,35 Millionen Euro sollen verwendet werden, 2,65 Millionen Euro sollen drin bleiben. Einverständnis gibt es zu dem Vorschlag, ein Prozent des Haushalts als „globalen Minderaufwand“ einzusparen.
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Die SPD-Fraktion rechnet allerdings nicht mit einer Mehrheit für ihren Vorschlag.: „Wir wissen, dass es einen Gegenvorschlag von sechs Fraktionen geben wird“, wird Fraktionschef Julian Maletz in einer Pressemitteilung zitiert. „Für ein konstruktives, demokratisches Miteinander im Kreistag würde ich mir wünschen, dass alle Fraktionen sich frühzeitig mit den Vorschlägen der voraussichtlichen Haushaltsmehrheit beschäftigen dürfen. Immerhin hatten die Fraktionen zwei Monate Zeit, um ihre Anträge zu erarbeiten.“
Bereits seit Dezember sei die SPD-Kreistagsfraktion bereit, ihren Antrag zum Haushalt 2024 zu diskutieren. Vorschläge sowohl von Seiten der Bürgermeister als auch des Landrats seien dabei berücksichtigt worden, um die Kommunen zu entlasten. Die sich als „bürgerliche Mehrheit“ einführenden Fraktionen von CDU, Grünen, FDP, SWM, UWG und Wir Bürger hatten die Abstimmung des Haushaltes und des Stellenplans in der Dezember-Sitzung von der Tagesordnung des Kreistages absetzen lassen. „Warum, das erschließt sich uns bis heute nicht“, sagt Julian Maletz, „die anderen Fraktionen schienen mit den Vorschlägen des Landrats schlichtweg überfordert zu sein.“
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Der SPD-Fraktionschef erinnert daran, dass schon im Dezember 2022 die Etatberatung im Kreistag geplatzt sei; in der Folge hatte die CDU-Fraktion ihre Kooperationsgemeinschaft mit der SPD aufgekündigt. In der Kreistagssitzung im Februar 2023 sei dann verabredet worden, dass sich alle Fraktionen mit Einsparmöglichkeiten beschäftigen. „Doch tatsächliche Vorschläge machten am Ende nur die SPD und Landrat Andreas Müller, die dann aber auch nicht richtig waren“, heißt es in der SPD-Mitteilung. Was zuvor lautstark eingefordert worden sei, werde plötzlich zum Vorwurf: Der Landrat habe das Zahlenwerk manipuliert. „Eine Anschuldigung, den wir nach wie vor aufs Schärfste zurückweisen. Eine Entschuldigung haben wir von den Verantwortlichen bis heute nicht gehört“, so Julian Maletz.
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