Siegen/Mbarara. Siegener Hautärzte Dr. Claudia und Dr. Stephan El Gammal bilden in Ostafrika ehrenamtlich Fachärzte aus – unter teils schwierigsten Bedingungen.
Rund 46 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner – aber weniger als zehn Hautärzte? In Uganda, einem der ärmsten Länder der Welt, ist das nach Angaben der Diakonie in Südwestfalen erschütternde Realität. Die Siegener Dermatologin Dr. Claudia El Gammal setzt sich dafür ein, Fachwissen nach Uganda zu tragen, die Ausbildung von Expertinnen und Experten dort zu unterstützen und die medizinische Versorgung zu verbessern. Gemeinsam mit ihrem Mann, Prof. Dr. Stephan El Gammal, ist sie erstmals nach der Corona-Pandemie wieder in das ostafrikanische Land gereist, um in der Skin-Clinic der Mbarara University of Science and Technology zu helfen, wie einer Mitteilung zu entnehmen ist.
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Hilfe zur Selbsthilfe und die dermatologische Versorgung vor Ort nachhaltig zu verbessern: Das seien die erklärten Ziele der Arbeitsgemeinschaft Uganda, wie die Diakonie erläutert. Die Arbeitsgemeinschaft, getragen vom Verein „International Society of Dermatology in the Tropics“, unterstützt die erste und einzige Hautklinik des Landes. 1997 gründete der Würzburger Dermatologe Prof. Dr. Gerold Jäger gemeinsam mit seiner Frau Dr. Elisabeth Jäger die Skin-Clinic an der Universität von Mbarara „und legte damit den Grundstein für die dermatologische Versorgung in Uganda“.
Siegener Hautarztpaar hilft bei der Fachärzteausbildung in Afrika
Ärzte, die das Medizinstudium an der Uni durchlaufen haben, können dort seitdem die Ausbildung zum Facharzt für Dermatologie absolvieren. Sie wurden im Laufe der Zeit zunehmend von Dermatologen aus dem Ausland betreut, die sich, wie Claudia El Gammal, Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten im Medizinischen Versorgungszentrum Jung-Stilling in Siegen, regelmäßig an der Ausbildung der angehenden ugandischen Hautärzte beteiligten. 2010 wurde der Verein „Skin Health for Africa“ gegründet, um das Lebenswerk des Ehepaars Jäger fortzusetzen. Dieser wurde 2019 aufgelöst und in die Arbeitsgemeinschaft Uganda der „International Society of Dermatology in the Tropics“ überführt, um die Unterstützung für die Dermatologie in Uganda im Rahmen dieses größeren Vereins weiter zu ermöglichen.
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„Uganda litt unter einem der strengsten Lockdowns in Afrika“, wie die Diakonie berichtet. Von März bis Juni 2020 seien sämtliche öffentliche Zusammenkünfte verboten, das Transportwesen weitgehend stillgelegt, alle Geschäfte außer denen des täglichen Bedarfs geschlossen gewesen. Zudem galt eine nächtliche Ausgangssperre. „Auch nach Lockerung der Maßnahmen ab Juni 2020 blieben Schulen und Universitäten geschlossen“, sagt Claudia El Gammal. Die Skin-Clinic habe Anfang Oktober 2020 wieder geöffnet. Erst am 10. Januar 2022 wurden alle Corona-Maßnahmen aufgehoben und die Schulen wieder geöffnet.
Siegener Ärzte in Uganda: Patienten müssen oft stundenlange Fußwege zurücklegen
Etwa 1000 Patientinnen und Patienten werden in der Skin-Clinic pro Monat ambulant behandelt. Schwere Fälle werden auf den internistischen Stationen aufgenommen und dort konsiliarisch mitbetreut. „Es gibt nur wenige Krankenschwestern“, schildert die Diakonie die Situation. „Die Patienten schlafen in großen primitiven Schlafsälen und werden von ihren Angehörigen gepflegt. Die Familien kampieren vor der Klinik, bereiten das Essen zu, waschen die Wäsche und bringen Decken und alles Nötige selbst mit.“ Erschwerend hinzu komme, dass der Fußmarsch zum Krankenhaus zahlreiche Stunden oder sogar Tage dauert.
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„Es macht mir unheimlich viel Freude, mit den Ugandern zu arbeiten“, betont Claudia El Gammal. „Die Assistenzärzte sind sehr dankbar und äußerst wissbegierig. Wir machen dort keine Minutenmedizin wie in Deutschland. Wir haben mehr Zeit, diskutieren besondere Fälle.“ Stephan El Gammal, Chefarzt der Dermatologie im Diakonie Klinikum Bethesda in Freudenberg, führte mit den ugandischen Kollegen zahlreiche Operationen durch und erklärte ihnen den Umgang mit dem Ultraschallgerät. Zudem hielt das Ehepaar fast täglich Vorträge, um die Assistenzärzte zu schulen und auf ihre Prüfungen vorzubereiten. Mit im Gepäck hatten sie darüber hinaus reichlich medizinisches Material, darunter diverse Wundauflagen, Kompressionsverbände, Stanzmesser, Nahtmaterial, Allergie-Test-Substanzen und OP-Instrumente.
Siegener Hautärzte in Uganda: Medizinisches Equipment schwer zu beschaffen
Die deutschen Dermatologen nutzten gemeinsam mit den einheimischen Ärzten Laser-Geräte und erklärten die Handhabung. Die Skin-Clinic hat mit zahlreichen Herausforderungen zu kämpfen. „Die Beschaffung medizinischer Geräte und Materialien ist in Uganda nicht einfach“, sagt Claudia El Gammal. „Die Kryopistole zum Vereisen von Viruswarzen und Krebsvorstufen konnte nicht eingesetzt werden, da wie so oft kein flüssiger Stickstoff vorhanden war beziehungsweise besorgt werden konnte.“
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Anfang 2022 konnten dank Spenden des Vereins zwei Laser aus China importiert werden. „Ihr Einsatz war jedoch von zahlreichen Schwierigkeiten begleitet. Es fehlte jegliche Einweisung und es waren auch keine Handbücher vorhanden. Wir haben versucht, über das Internet an ein Handbuch für den Picosekunden-Laser zu kommen, was jedoch nicht möglich war“, erzählt Stephan El Gammal. Fehlende Laserschutzbrillen verhinderten eine sichere Nutzung. „Diese haben wir inzwischen aus Deutschland nachgeschickt, eine Spende der Firma Laservision“, fügt der Professor hinzu.
Hauterkrankungen sind Uganda weit verbreitet. Doch Hautärzte gibt es kaum
Die ugandischen Assistenzärzte durchlaufen eine dreijährige Facharztausbildung. Angehende Mediziner aus ganz Ostafrika kommen zur Skin-Clinic, um sich dort ausbilden zu lassen, schreibt die Diakonie. Erfahrene deutsche Hautärztinnen und -ärzte wie Claudia El Gammal bilden die einheimischen Ärzte ehrenamtlich und nach internationalen Standards aus. Vor dem Aufbau der Skin-Clinic in Mbarara habe es in Uganda, ebenso wie in zahlreichen afrikanischen Ländern, keine qualifizierte Behandlung von Hautkrankheiten gegeben. Doch Hauterkrankungen spielen eine immense Rolle. „Die meisten Kinder leiden an Pilzerkrankungen der Kopfhaut, in vielen Dörfern grassiert die Scabies (Krätze), bakterielle Hautinfektionen, die unbehandelt schwere Komplikationen nach sich ziehen können, sind überaus häufig“, erklärt die Fachärztin.
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Mit dem Aufkommen der AIDS-Epidemie stieg die Zahl chronischer Hautkrankheiten – Schuppen- und Knötchenflechte, schwerste Ekzeme, Infektionen und Tumoren der Haut – sprunghaft an. „Praktisch alle AIDS-Patienten leiden im Verlauf ihrer Krankheit an schweren Hautmanifestationen“, merkt die Diakonie an. Dazu kämen die zahlreichen Hautreaktionen auf Arzneimittel durch den unkontrollierten Einsatz von zum Beispiel Antibiotika aber auch als Nebenwirkung von Medikamenten gegen die HIV-Infektion sowie Tropenkrankheiten der Haut.
Siegener Hautärztin möchte mehr Kollegen zur Mitarbeit in Uganda motivieren
„Wir haben in Uganda viele interessante Fälle gesehen und selbst viel dazugelernt. Die Beurteilung von Dermatosen auf sehr dunkler Haut ist für uns immer wieder eine Herausforderung“, sagt die Ärztin. Zurzeit sind nur zwei Fachärzte an der Klinik, die sich um die Ausbildung der insgesamt zwölf Assistenzärzte kümmern. Eine tragende Persönlichkeit, Dr. Peter Mugisha, der als dermatologischer Facharzt der Skin-Clinic wesentlich für die Ausbildung der Assistenzärzte verantwortlich war, ist mit 38 Jahren an einer Viruspneumonie in Folge einer Covid 19-Infektion gestorben. Dass nur so wenig erfahrene Ärzte vor Ort sind, sei für die Ausbildung ein großes Problem. Doch Claudia El Gammal ist beeindruckt vom Fleiß der Menschen. „Sie versuchen sich Vieles autodidaktisch anzueignen, sie lesen viel nach und bringen sich gegenseitig Dinge bei. Es ist erstaunlich, welch großes Fachwissen die meisten von ihnen haben.“ Regelmäßig bereiteten sie Vorträge zu bestimmten Themen vor, die sie im Besprechungsraum den anderen präsentieren.
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In den vergangenen Jahren seien allerdings kaum noch Fachärzte aus sogenannten entwickelten Ländern vor Ort, um bei der Ausbildung mitzuhelfen. Claudia El Gammal hat einen Wunsch: „Es wäre schön, wenn sich auch aus Deutschland wieder mehr Kollegen bereit erklärten, in der Skin-Clinic mitzuarbeiten.“
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