Siegen-Wittgenstein. Vielen Menschen, Singles, Familien, Senioren, droht der Verlust ihres Zuhauses. Oft sind Geldprobleme die Ursache. Das ließe sich vermeiden.

Ein älteres Ehepaar mit Hund, 60 Quadratmeter in Netphen. Eine junge Mutter mit zwei kleinen Kindern, 65 bis 80 Quadratmeter in Neunkirchen. Ein junger Mann, 50 Quadratmeter in Siegen. Ein Vater, zum Teil mit seinem Sohn, 60 Quadratmeter. Eine junge Familie mit Baby, 70 Quadratmeter in Siegen oder Kreuztal. Wohnungslosigkeit hat viele Gesichter: Sie alle und noch viele andere Menschen suchen derzeit dringend eine neue Wohnung.

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Seit einem Jahr stemmt sich die Landesinitiative „Endlich ein Zuhause“ auch in Siegen-Wittgenstein und Olpe gegen den Verlust der Wohnung. Das Netzwerk aus „Alternative Lebensräume“, „Caritas“, „Diakonie“ und „Katholisches Jugendwerk Förderband“, unterstützt durch die Kreise, versucht alles, damit es am besten gar nicht so weit kommt. Der Ansatz: Immobilienwirtschaft und Sozialarbeit als Vermittlung zwischen Vermietern und Betroffenen, als Ansprechpersonen. Bei 208 Personen ist das dem Team um Lisa Assing von der Alternative Lebensräume seit Projektstart gelungen; 106 Haushalte, 40 Familien, 32 neue Mietverhältnisse und sieben Wohnraumerhaltungen.

Siegen: „Endlich ein Zuhause“ gibt Mietern und Vermietern Sicherheit

Das Prinzip hat sich bewährt, sagt Assing, das Projekt wird bekannter, vor allem in der Wohnungswirtschaft. „Da haben wir den Fuß in der Tür.“ Inzwischen bekommen die Immobilienmaklerinnen Angebote, auch dank Kooperation mit Jobcentern und kurzen Drähten zu den Behörden. „Das zahlt sich aus.“ Auch eine Räumungsklage habe man schon abwenden können. Bei Privatvermietern sind noch dickere Bretter zu bohren, aber auch da machen sie Fortschritte. „Der Ansatz funktioniert“, so die Sozialarbeiterin. Das hehre Ziel der schwarz-grünen NRW-Landesregierung: Wohnungslosigkeit bis 2030 zu beenden, könne am besten erreicht werden über Nachhaltigkeit – also dass die Menschen ihr Zuhause gar nicht erst verlieren.

Man braucht Neubauten und man braucht Menschen, die Mietverhältnisse zulassen.
Lisa Assing

„Wir können tätig werden!“, betont Lisa Assing, idealerweise sobald Probleme auftauchen und eine Kündigung noch weit entfernt ist. Wenn Menschen finanzielle Schwierigkeiten haben und ihre Miete nicht mehr zahlen können, lasse man die Situation am besten gar nicht erst eskalieren. Aber viele, so die Erfahrung, ducken sich weg. Die Profis begleiten die Mieter dabei, ihre Lage in den Griff zu kriegen und geben den Vermietern die Sicherheit, die sie sich wünschen, damit das Geld auch wirklich jeden Monat auf dem Konto landet, damit Probleme schnellstmöglich aus der Welt geschafft werden. „Wir unterstützen auch die Vermieter!“, bekräftigt Assing.

Siegen: Mit mehr und besserer Prävention würden gesamtgesellschaftlich viel Geld gespart

Gesellschaftlich sei diese Prävention die beste, weil nachhaltigste Variante. „Wenn man die Wohnung gar nicht erst verliert, muss man auch keine neue suchen.“ Der Druck am Wohnungsmarkt, insbesondere im eher niedrigpreisigen Segment, ist unverändert hoch, nach wie vor wird nicht genug neu gebaut. Aber es gibt sie in großer Zahl: Leerstehende Etagen oder Einliegerwohnungen, bei denen die Eigentümer davor zurückscheuen, sie an Fremde zu vermieten. „Man braucht Neubauten und man braucht Menschen, die Mietverhältnisse zulassen“, appelliert Lisa Assing.

Kontakte

Alternative Lebensräume, Fortunastr. 8, 57072 Siegen, 0271/3174735 oder 0175/4142963, endlich-ein-zuhause@alf-siegen.de.

Caritasverband Siegen-Wittgenstein Beratende Dienste, Häutebachweg 5, 57072 Siegen, 0271/23602-10, endlich-ein-zuhause@caritas-siegen.de.

Diakonie Soziale Dienste Beratungsstelle, Bahnhofstraße 50, 57334 Bad Laasphe, 02752/479586, endlich-ein-zuhause@diakonie-sw.de.

Katholisches Jugendwerk Olpe Förderband, Kolpingstr. 62, 57462 Olpe, 02761/921 1311, h.brocke@foerderband-olpe.de.

Immer noch denken die meisten bei Obdach- oder Wohnungslosigkeit an Menschen, die ohne festen Wohnsitz auf der Straße leben, die aber immer noch nur einen Bruchteil der Betroffenen ausmachen. Das Phänomen zieht sich quer durch alle Altersgruppen. Nicht nur beim Erhalt, auch bei der Wohnungssuche ist „Endlich ein Zuhause“ zunehmend erfolgreich. Klienten wenden sich an das Netzwerk, nach Vorgesprächen bewerben sich die Profis in deren Auftrag, erstellen gemeinsam Unterlagen, bis hin zur Begleitung von Besichtigungsterminen. Auf diese Weise könnten Eigentümer durchaus auch überzeugt werden, Leistungsbezug doch zuzulassen – häufig wird das bereits in den Inseraten ausgeschlossen. Von 18 Bewerbern auf eine Wohnung „erhielt unser Klient den Zuschlag“, erzählt eine Immobilienmaklerin des Projekts. „Das zeigt, was die Unterstützung bringen kann.“

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Steht das Mietverhältnis, begleitet „Endlich ein Zuhause“ beide Seiten zunächst weiter. So wird eine Zielvereinbarung geschlossen und nach sechs Monaten abgeglichen. Wenn nach einem Jahr weiter keine Probleme auftreten, ist das Projektende in Sicht. „Wir gucken, dass es läuft“, sagt sie. Und wenn nicht, werden sie weiter tätig.