Siegen. Siegens „Große Kooperation“ wollte Gewerbepark Oberschelden/Seelbach an der A 45 unbedingt – bis jetzt: CDU will Planung einstellen, SPD nicht.

Das Thema hatte für sie Priorität, aber jetzt haben sie sich vom Gewerbegebiet im Siegener Westen verabschiedet. „Wir haben uns damit sehr schwer getan“, sagt Marc Klein, stellvertretender CDU-Stadtverbandsvorsitzender und Fraktionschef im Rat. Im Kooperationspapier von Siegener Union und SPD stand das Thema Wirtschaft ganz oben, mit besonderem Gewicht auf den dringend benötigten Gewerbegebieten – neben Martinshardt II ausdrücklich auch Oberschelden/Seelbach, inklusive eigenem Autobahnanschluss.

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Wie berichtet will die Verwaltung die Planungen einstellen, zu groß die Verkehrsbelastungen für Oberschelden und Gosenbach. Die CDU trägt das mit, die SPD nicht.

Was die CDU Siegen sagt: Gewerbegebiet an dieser Stelle nicht verträglich machbar

„Egal was passiert, egal welche Variante, es fließt mehr Verkehr durch den Flaschenhals Gosenbach“, sagt Marc Klein. Lange ging man davon aus, dass eine eigene Zufahrt des 20-Hektar-Gewerbeparks zur Autobahn genau das verhindern würde, aber das Gegenteil ist der Fall: Es würde mehr Verkehr durch die ländlichen Ortschaften fließen und die Straßen halten den, gutachterlich bestätigt, jetzt schon kaum aus, so die Unionsvertreter. Straßenausbau in erforderlichem Umfang gehe nicht, dafür fehlt der Platz. „Das ist uns deswegen schwer gefallen“, erklärt Marc Klein, „weil die CDU für aktive Wirtschaftspolitik und für Gewerbegebiete steht.“

Egal was passiert, egal welche Variante, es fließt mehr Verkehr durch den Flaschenhals Gosenbach.
Marc Klein, CDU

Sich von einem Gewerbegebiet zu verabschieden sei eine „Zerreißprobe“ gewesen, versichert auch der Trupbach/Seelbacher Stadtverordnete André Hähner. Der Autobahnanschluss würde die Stadt 30 Millionen Euro kosten, ergänzt Jens Uhlendorf aus Eiserfeld. In Summe könne ein Gewerbegebiet nur entstehen, wo es Sinn mache und die Infrastruktur die wesentlichen Voraussetzungen biete, betont Olaf Jagielski, der im westlichen Wahlkreis wohnt. Hier sei beides nicht der Fall. Und auf Seelbacher Seite, so Hähner, seien die Kosten für die Erschließung eines Gewerbegebiets „utopisch“ – das Gelände sei durchzogen von Schluchten und Bächen, die Verkehrstrassen Richtung Autobahn seien in jedem Fall steil und eng oder würden in Richtung im ohnehin schon oft verstopften Nadelöhr Wellersbergtunnel münden.

Über das Thema werde die politische Kooperation, die ohnehin ausdrücklich keine engere Koalition ist, nicht zerbrechen, glaubt die CDU. Für sie haben sich Voraussetzungen geändert, nun müsse man die Lage neu bewerten. Man habe intensiv im Stadtverband diskutiert und am Ende einstimmig entschieden, sagt dessen Vorsitzender Alexander Patt. Man gehe von einer politischen Mehrheit für den Verwaltungsvorschlag aus und erwarte auch keine Kooperationskrise.

Was die SPD Siegen dazu meint: Das mit der Verkehrsbelastung ist lösbar

Die SPD sieht das mit der Verkehrsbelastung anders. Das Problem, dass der neue Autobahnanschluss zusätzlichen Verkehr anziehen werde, sei lösbar, so Fraktionsgeschäftsführer Ingmar Schiltz auf Anfrage: „Nicht die Anzahl der zusätzlichen Verkehre, sondern deren Qualität ist für die betroffenen Anlieger entscheidend“ – ein Durchfahrtsverbot für den Schwerlastverkehr würde diesen aus den engen Ortschaften heraushalten, die Mehrbelastung durch zusätzlichen Autoverkehr „wäre dann hinnehmbar“.

Fast alle Menschen in unserer Stadt wollen sichere und wohnortnahe Arbeitsplätze, daher muss die Lokalpolitik auch dafür sorgen, dass diese geschaffen werden können.
Ingmar Schiltz, SPD

Für die SPD ist das „erhebliche Defizit“ an Gewerbe- und Industrieflächen auf die ganze Stadt gesehen maßgeblich; aus Sicht der Fraktion sollte alles daran gesetzt werden, den dringend benötigten Gewerbepark Oberschelden/Seelbach zu realisieren, so Schiltz weiter. „Fast alle Menschen in unserer Stadt wollen sichere und wohnortnahe Arbeitsplätze, daher muss die Lokalpolitik auch dafür sorgen, dass diese geschaffen werden können.“ Man stehe daher im Sinne der Unternehmen und der Beschäftigten für eine zukunftsgerichtete Wirtschaftspolitik und bedaure sehr, dass die CDU die neuesten Untersuchungsergebnisse anders bewertet. Die SPD akzeptiere aber die Entscheidung, da sich die Rahmenbedingungen vor Ort seit Abschluss des Kooperationsvertrages geändert haben.

Wie es weitergeht mit Siegens Gewerbegebieten: Erst mal nur hoffen

Besonders schmerzhaft sei für die CDU: Man habe auch keine Alternativen gefunden. „Es kommen immer mal Flächen dazu“, hofft Marc Klein – aber nach Martinshardt II ist erstmal Schluss. Keine Gewerbeflächen mehr in Siegen in Sicht. „Das gewerbliche Leben Siegens spielt sich in den Tallagen ab, da ist kaum ein Quadratmeter nicht bebaut.“ Wo an den Hängen keine Wohnbebauung steht, werde die Erschließung unglaublich teuer. Oder Natur- und Landschaftsschutz stehen dagegen. Dass eine ganze Bergkuppe im Leimbachtal abgetragen wird, zeigt, wie verzweifelt Siegen hier Flächen braucht. Schon fällt das Stichwort „Martinshardt III“. Dan müsste man an den restlichen Baumbestand die Axt legen.

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„Trotzdem machen wir kein Harakiri und pflastern 20 Hektar Gewerbefläche an eine Stelle, wo die Infrastruktur überhaupt keinen Sinn macht“, sagt Marc Klein und betont, dass das auch nichts mit dem Widerstand der Oberschelder und Gosenbacher Bevölkerung zu tun habe oder dass 2025 Kommunalwahlen stattfinden. „Auch wenn diese Entscheidung gut für die Ortschaften ist – wir haben eine Verantwortung gegenüber der gesamten Stadt.“