Siegen. Südwestfalen-IT: Computervirus hat „nachweislich“ nicht die Systeme der Kommunen infiziert. Wiederherstellungs-Zeitplan bis Weihnachten liegt vor
Die Südwestfalen-IT (SIT) fährt nach der Cyberattacke Ende Oktober nach eigenen Angaben nun „wesentliche“ Teile des Netzwerks kontrolliert und unter erhöhten Sicherheitsbedingungen wieder hoch. Nachdem ein erster Untersuchungsbericht nun vorliegt, stehe fest, dass die Schadsoftware nicht auf die Systeme der Kreise und Kommunen übergegriffen hat, teilt die SIT am Dienstag, 21. November, mit
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Der Bericht eines externen Dienstleisters für Cybersicherheit wurde dem SIT-Verwaltungsrat demnach vorgelegt: Darin wurde bewertet, nach welcher Methode die nach wie vor abgeschalteten Systeme sicher wieder anlaufen können. Die Experten würden der SIT auch bescheinigen, dass die „unverzügliche Reaktion am 30. Oktober den professionellen Angriff erfolgreich stoppen“ konnte. Nachdem der Angriff in der Siegener Kreisleitstelle erkannt worden war, wurden die Systeme sofort abgeschaltet, was den Angaben zufolge verhinderte, dass sich der „Erpressungstrojaner“ vom Kernsystem der SIT aus weiter ausbreiten konnte. Das Schadensausmaß sei so effektiv begrenzt worden, heißt es weiter.
Auch Siegens Stadtbaurat Henrik Schumann, der als Leiter des Stabs für außergewöhnliche Ereignisse (SAE) – im Volksmund: Krisenstab – drei Wochen das Krisenmanagement der Stadt geleitet hatte, sagte im städtischen Podcast „Flurfunk“, dass die Angreifer nicht viel Zeit im System verbracht hätten. Demnach seien sie am 29. Oktober eingedrungen und schon einen Tag später entdeckt worden. Er selbst sei mitten in der Nacht vom Klingeln des Telefons geweckt worden: „Da wusste ich natürlich nicht, ob wir eine IT-Krise oder ein Hochwasser hatten.“
Vorsichtsmaßnahme: Systeme in Siegen werden hochgefahren - und streng überwacht
Da nun Klarheit bestehe, welche Systeme nachweislich nicht betroffen sind, werden sie wieder hochgefahren und in Betrieb genommen, „unter permanenter und lückenloser Überwachung“, betont die SIT. Parallel laufen die Arbeiten zum Wiederaufbau des Kernsystems. Das bedeute viel Arbeit und große Anforderungen, zumal es möglichst schnell gehen soll. Die Regio IT, ein anderer kommunaler IT-Dienstleister in NRW, hat der SIT Hilfe angeboten und wird sie in den kommenden Monaten mit Personal, Technik und Know-how unterstützen.
Die Spezialisten hätten demnach auch keine Hinweise darauf feststellen können, dass Daten abgeflossen seien. Auch das hatte Henrik Schumann betont: Sollte sich das ändern und die Stadt in ihren Softwareanwendungen und Datenbanken Hinweise finden, dass personenbezogene sensible Daten erbeutet wurden, wende man sich umgehend an die Betroffenen und die zuständigen Behörden. Wer umgekehrt Opfer eines Identitätsklaus werde oder Abbuchungen feststelle, die nicht zugeordnet werden könnten, solle das ebenfalls tun.
Siegen: Von Cyberattacke betroffener Teil des Rechenzentrums komplett neu aufgebaut
„Unser Ziel ist es, unsere Kommunen und Kreise schnellstmöglich wieder handlungsfähig zu machen, damit sie ihre öffentlichen Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger zügig wieder erbringen können“, so der Olper Landrat Theo Melcher, Verbandsvorsteher der SIT. „Um die wichtigsten Leistungen wieder bereitstellen zu können, wird der betroffene Teil des Rechenzentrums komplett neu aufgebaut. Darüber hinaus können wir heute einen Zeitplan für die nächsten Schritte vorlegen.“
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Der sieht vor, dass erste wesentliche Dienstleistungen ab Mitte Dezember in einem Notbetrieb zur Verfügung gestellt werden – unter anderem das Ausstellen von Ausweisen, Pässen und Führerscheinen, Anmeldung von Geburten, Todesfällen und Hochzeiten, Auszahlung von aktuell berechneten Sozialhilfeleistungen und Wohngeld, Kfz-Zulassung sowie Dienste der Ausländerbehörden. Die Bürgerinnen und Bürger werden rechtzeitig informiert, heißt es weiter. Behelfslösungen wie etwa im Kfz-Zulassungswesen wurden von SIT mit dem NRW-Kommunalministerium (MHKBD) und weiteren Behörden etabliert. Auch Sozialleistungen – auf Basis des Datenstandes von Oktober – werden ausgezahlt.
Siegens Bürgermeister Steffen Mues äußerte in der Ratssitzung am Mittwoch, 22. November, allerdings Zweifel, dass die Situation für alle Kommunen gleich sei: „Ich bin mir nicht so sicher, dass das so ist wie von der SIT verkündet“, so der Verwaltungschef. In einigen Städten und Gemeinden sei das sicher so, „aber nicht in allen“. Von der Mitteilung der Südwestfalen-IT sei man „überrascht“ gewesen, „wenn ich das so sagen darf“. Angaben der SIT zufolge sei der Hintergrund, um die sogenannten Fachverfahren, bestimmte Dienstprogramme, die im Notbetrieb bis Weihnachten wieder anlaufen sollen. Dabei wurde zusammen mit den Kommunen eine Prioritätenliste erstellt; deren Bedeutung sei für verschiedene Kommunen demnach verschieden.