Netphen. Marius Bernau ist Fachangestellter für Bäderbetriebe. Er erzählt, wie er auf einem Umweg zum neuen Beruf gekommen ist.

Morgens um 7 schließt Marius Bernau auf. Und direkt hinter sich wieder zu. Die Bade- und Saunagäste kommen erst ab 10 ins Netphener Freizeitbad. „Als erstes mache ich den Kontrollgang.“ Keller, Sauna, Schwimmhalle, Physio Aktiv, Umkleide. „Und dann wird geguckt, ob alles läuft.“ Das Frischwasser für die Schwimmbecken aufdrehen, Wasserwerte kontrollieren, Chemikalien auffüllen, im Sommer die Nachtabdeckung von den Freibadbecken aufrollen. Marius Bernau ist Fachangestellter für Bäderbetriebe. Und nicht allein. Ein Rettungsschwimmer-Kollege teilt sich mit ihm die Frühschicht.

+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++

Frühschicht

Und mittlerweile ganz viele Kinder. Kurz vor 8 ist es jetzt, die ersten Schulklassen sind schon in der Schwimmhalle. Es geht weiter: die Sauna mit Putzmaschine und Staubsauger zum Glänzen bringen, die Öfen kontrollieren, die Feuerstellen auffüllen. Eine kleine Frühstückspause zwischendurch. Kurz nach 10 kommt Bewegung ins Wasser. Die ersten Schwimmerinnen und Schwimmer ziehen ihre Bahnen. Und Marius Bernau steht da, wo die Leute den „Bademeister“, der nie und nimmer so genannt werden soll, immer vermuten: am Beckenrand.

Auch interessant

Marius Bernau ist 28. Zuerst gelernt hat er Tischler, und als das aus gesundheitlichen Gründen nicht ging, orientierte er sich neu, machte ein freiwilliges soziales Jahr, lernte in der Sauna („Ich war Stammgast“) die Rettungsschwimmer kennen. „Da habe ich mich relativ schnell entschieden.“ Der junge Mann qualifiziert sich als Rettungsschwimmer, heuert im Nebenjob an und steigt in die Ausbildung ein. „Wir haben händeringend gesucht“, sagt Michael Niederkorn, Geschäftsführer der stadteigenen Freizeitpark Obernautal GmbH, kurz FON, die nun Marius Bernaus Arbeitgeber ist. Drei Jahre Ausbildung mit zwei Tagen Berufskolleg in der Woche in Hagen („Da gab es die Brücke noch“) hat er absolviert, danach wird er auf eine feste Stelle übernommen.

In der Schwimmhalle

In der gläsernen Kabine zwischen Schwimmer- und Nichtschwimmerbecken stehen Monitore, mit denen Marius Bernau das Geschehen auf der Anlage im Blick behält. Da hält er sich nie lange auf. „Wir sind die ersten Ansprechpartner für die Badegäste.“

Marius Bernau ist Fachangestellter für Bäderbetriebe. Einmal in der Stunde macht er einen Aufguss für die Saunagäste.
Marius Bernau ist Fachangestellter für Bäderbetriebe. Einmal in der Stunde macht er einen Aufguss für die Saunagäste. © Steffen Schwab | Steffen Schwab

Im Sommer auch draußen an der frischen Luft, jetzt nur in der Halle und regelmäßig auch in der Sauna, wo die Gäste jede Stunde einen Aufguss erwarten. Bis zu 90 feuchte Grad heiß ist es da. Marius Bernau gibt Schwimmkurse, dienstags und donnerstags meist zwei pro Tag. Die Kinder, beobachtet er, brauchen nach Corona länger. Sie haben Ausdauer verlernt, Ehrgeiz verloren, können nicht mehr so leicht das Gleichgewicht halten. „Es ist jetzt schwieriger geworden.“ Da braucht es dann auch noch den Fortgeschrittenenkurs, bis das Seepferdchen-Abzeichen überreicht werden kann, das Schwimmabzeichen in Bronze.

Das eine oder andere Mal bin ich auch schon reingesprungen.
Marius Bernau, Fachangestellter für Bäderbetriebe

Vom Babyschwimmen bis zur Aquafitness. Und immer wieder auch ziemlich lustige Sachen. Kinderanimation im Nichtschwimmerbecken, „damit wirklich alle mitmachen können.“ Tauchspiele, Volleyball, Matratzenrennen, „das kommt gut an.“ Ebenso die Sauna-Events, wenn der Azubi als Candyman Popcorn im Bauchladen hat und Hawaiitoast gerecht wird, zum Beispiel. 40 Wochenstunden voller Vergnügen? Wäre das so, müssten FON und andere Bad-Betreiber nicht so lange nach Personal suchen. Temperaturunterschiede zwischen den verschiedenen Arbeitsbereichen muss er aushalten, Lärm ertragen, an Wochenenden arbeiten – „es gibt auch stressige Tage“. Wenn im Freibad Rangeleien um Liegeplätze beginnen oder Kinder beim zu wilden Rutschen zusammenstoßen und die Eltern stellvertretend für sie aufeinander losgehen. „Dann sind wir Streitschlichter.“ Konfliktlösung ist Teil der Ausbildung.

Auch interessant

Herausforderungen

Marius Bernau steht am Beckenrand . „Das eine oder andere Mal bin ich auch schon reingesprungen.“ Wenn Kinder sich überschätzt haben und mitten im Schwimmerbecken merken, dass sie eigentlich doch noch nicht schwimmen können, zum Beispiel. Er braucht volle Konzentration. Niemand schreit und wedelt mit den Armen, wenn er in Not ist. „Die Leute ertrinken leise.“ Ja, einen Badetod hat er auch schon erlebt. Den Moment, wo er und kein anderer mehr helfen kann. „Man lernt damit umzugehen.“ Die Notfallseelsorger sind dann auch für das Bad-Personal da. Zum Glück, sagt Marius Bernau, passiert das nur selten. Eher ist seine Erste Hilfe gefragt, wenn jemand zu lange im Wasser geblieben ist und sich unterkühlt hat. Oder wenn jemand einen Sonnenstich abgekommen hat. Oder ausgerutscht ist.

Auch interessant

Arbeit und Freizeit

Es geht auf die 14.30 Uhr zu, die Spätschicht rückt ein, die nach der Übergabe Bad und Sauna übernimmt. Um 15.30 hat Marius Bernau Feierabend. In der Spätschicht wäre er bis 23 Uhr hier. Im Schwimmbad ist um 20 Uhr Schluss, in der Sauna um 22 Uhr, danach wird aufgeräumt und sauber gemacht. Marius Bernau macht beide Dienste gern, „ich finde den Mix gut.“ Und überhaupt: Er ist gern hier. Auch in der Freizeit: zum Schwimmen, Saunieren und fürs Fitnesstraining. „Gefühlt wohne ich hier.“ Wer im Beruf mit Menschen zu tun haben will, ist hier richtig. „Wir suchen Leute, die extrovertiert sind und auf die Gäste zugehen“, sagt FON-Chef Michael Niederkorn. Einer von zwei Ausbildungsplätzen ab nächsten September ist noch zu haben, ausgebildet werden Fachangestellte für das Bäderwesen und – seit diesem Jahr – oben im Physio Aktiv – Sport- und Fitnesskaufleute. „Darüber hinaus fehlen uns noch ein bis zwei Fachkräfte.“

Wir suchen Leute, die extrovertiert sind und auf die Gäste zugehen.
Michael Niederkorn, Geschäftsführer FON

Feierabend

Marius Bernau geht durch den Keller raus. „Unser Kraftwerk“, sagt er und auf das Blockheizkraftwerk. Über seinem Kopf ist das Nichtschwimmerbecken, neben ihm der Schwallwasserbehälter: Das Wasser, das aus dem Becken überschwappt, kommt hier an und wird gereinigt.

Marius Bernau ist Fachangestellter für Bäderbetriebe. Im Keller hat er die Mess- und Regeltechnik im Blick.
Marius Bernau ist Fachangestellter für Bäderbetriebe. Im Keller hat er die Mess- und Regeltechnik im Blick. © Steffen Schwab | Steffen Schwab

In den nächsten Jahren könnte er weitermachen, die Meisterprüfung ablegen und als Meister für Bäderbetriebe Teamleiter werden, irgendwann. „Man kann auch den Saunameister machen“, sagt Michael Niederkorn – das berufliche Spektrum ist ziemlich groß. Raus gehts in den grauen Novemberregen. Ein Kontrast zur warmen, leuchtenden Welt von N-Flow, wie die Marketingleute den Freizeitpark umgetauft haben. Eine Welt, die Marius Bernau liegt. „Ich bin eher der Sommermensch.“

+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++